Auf das Niederschmelzen des Gussstückes folgt das Einschmelzen des Scheibeneisens, welches den wichtigsten Teil des Prozesses bildet. Ob in ältester Zeit, wo mehr Gussstücke und weniger Scheibeneisen fielen, schon in ganz gleicher Weise gearbeitet wurde, ist zu be- zweifeln, in späteren Zeiten, wo das Scheibeneisen das Hauptprodukt war, bestand auch die Hauptkunst des Löschschmiedes darin, bei jeder einzelnen Operation möglichst viel Scheibeneisen zu verfrischen. Hierbei wurde folgendermassen verfahren.
Während dem Einschmelzen der Gussstücke legt der Arbeiter ein Stück Scheibeneisen, in eine Zange gespannt, zum Erwärmen der Form gegenüber ans Feuer und sowie das Einschmelzen des Guss- stückes geschehen und eine gare Sohle gebildet ist, bringt er das erwärmte Scheibeneisen in der Zange recht vor die Form und lässt es niederschmelzen. Neben diese Zange bringt er eine zweite Zange mit ebensolchem erwärmten Scheibeneisen, und wenn das Eisen in der ersten Zange eingeschmolzen ist, noch eine dritte und vierte, bis er von diesem Scheibeneisen zu einem Deul genug hat. So werden etwa zwei Zentner eingeschmolzen, doch ist die Menge wechselnd und je mehr Scheibeneisen man auf ein niedergeschmolzenes Guss- stück einschmelzen kann, desto vorteilhafter ist es. Dies ist ab- hängig von der Stärke der Bälge, der Güte der Kohlen und der Geschicklichkeit des Arbeiters. Wird zu viel von den Gussstücken im Verhältnis zum Scheibeneisen gesetzt, so wird der Deul zu "trocken". Setzt man zu viel Scheibeneisen, welches dem Deul "den Saft giebt", so wird die Gare verzögert und der Kohlenaufwand er- höht. Die Zangen mit dem Scheibeneisen schmelzen nie rein ab, sondern es bleibt an denselben mehr oder weniger gefrischte Masse hängen. Sie werden nach dem Ausziehen in einen Wassertrog ge- worfen und dann das anhängende Eisen mit dem Hammer abgeklopft. Dieses wird dann sofort wieder aufs Feuer geworfen. Bei der letzten Zange, wo also das Einschmelzen des Scheibeneisens vollendet und der Deul "seiner Geburt nahe" ist, befindet sich das an der Zange angeschweisste Eisen bereits in einem völlig gefrischten Zustande.
Wiewohl nun der Arbeiter gleich im Anfange des Schmelzens für eine ziemliche Menge gares Eisen gesorgt hat, so würde diese doch nicht hinreichen, die ganze Menge Scheibeneisen, welche zu einem Deul geschmolzen wird, ohne andere Hilfsmittel in gares Eisen zu verwandeln. Hierzu dient der Zusatz von Stocklech und Hammer- schlag, welche beim Zängen des Deuls und dem Ausschmieden ab- fallen, und hiervon giebt der Löscher mehr oder weniger auf, je
Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
Auf das Niederschmelzen des Guſsstückes folgt das Einschmelzen des Scheibeneisens, welches den wichtigsten Teil des Prozesses bildet. Ob in ältester Zeit, wo mehr Guſsstücke und weniger Scheibeneisen fielen, schon in ganz gleicher Weise gearbeitet wurde, ist zu be- zweifeln, in späteren Zeiten, wo das Scheibeneisen das Hauptprodukt war, bestand auch die Hauptkunst des Löschschmiedes darin, bei jeder einzelnen Operation möglichst viel Scheibeneisen zu verfrischen. Hierbei wurde folgendermaſsen verfahren.
Während dem Einschmelzen der Guſsstücke legt der Arbeiter ein Stück Scheibeneisen, in eine Zange gespannt, zum Erwärmen der Form gegenüber ans Feuer und sowie das Einschmelzen des Guſs- stückes geschehen und eine gare Sohle gebildet ist, bringt er das erwärmte Scheibeneisen in der Zange recht vor die Form und läſst es niederschmelzen. Neben diese Zange bringt er eine zweite Zange mit ebensolchem erwärmten Scheibeneisen, und wenn das Eisen in der ersten Zange eingeschmolzen ist, noch eine dritte und vierte, bis er von diesem Scheibeneisen zu einem Deul genug hat. So werden etwa zwei Zentner eingeschmolzen, doch ist die Menge wechselnd und je mehr Scheibeneisen man auf ein niedergeschmolzenes Guſs- stück einschmelzen kann, desto vorteilhafter ist es. Dies ist ab- hängig von der Stärke der Bälge, der Güte der Kohlen und der Geschicklichkeit des Arbeiters. Wird zu viel von den Guſsstücken im Verhältnis zum Scheibeneisen gesetzt, so wird der Deul zu „trocken“. Setzt man zu viel Scheibeneisen, welches dem Deul „den Saft giebt“, so wird die Gare verzögert und der Kohlenaufwand er- höht. Die Zangen mit dem Scheibeneisen schmelzen nie rein ab, sondern es bleibt an denselben mehr oder weniger gefrischte Masse hängen. Sie werden nach dem Ausziehen in einen Wassertrog ge- worfen und dann das anhängende Eisen mit dem Hammer abgeklopft. Dieses wird dann sofort wieder aufs Feuer geworfen. Bei der letzten Zange, wo also das Einschmelzen des Scheibeneisens vollendet und der Deul „seiner Geburt nahe“ ist, befindet sich das an der Zange angeschweiſste Eisen bereits in einem völlig gefrischten Zustande.
Wiewohl nun der Arbeiter gleich im Anfange des Schmelzens für eine ziemliche Menge gares Eisen gesorgt hat, so würde diese doch nicht hinreichen, die ganze Menge Scheibeneisen, welche zu einem Deul geschmolzen wird, ohne andere Hilfsmittel in gares Eisen zu verwandeln. Hierzu dient der Zusatz von Stocklech und Hammer- schlag, welche beim Zängen des Deuls und dem Ausschmieden ab- fallen, und hiervon giebt der Löscher mehr oder weniger auf, je
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Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
Auf das Niederschmelzen des Guſsstückes folgt das Einschmelzen
des Scheibeneisens, welches den wichtigsten Teil des Prozesses bildet.
Ob in ältester Zeit, wo mehr Guſsstücke und weniger Scheibeneisen
fielen, schon in ganz gleicher Weise gearbeitet wurde, ist zu be-
zweifeln, in späteren Zeiten, wo das Scheibeneisen das Hauptprodukt
war, bestand auch die Hauptkunst des Löschschmiedes darin, bei
jeder einzelnen Operation möglichst viel Scheibeneisen zu verfrischen.
Hierbei wurde folgendermaſsen verfahren.
Während dem Einschmelzen der Guſsstücke legt der Arbeiter
ein Stück Scheibeneisen, in eine Zange gespannt, zum Erwärmen der
Form gegenüber ans Feuer und sowie das Einschmelzen des Guſs-
stückes geschehen und eine gare Sohle gebildet ist, bringt er das
erwärmte Scheibeneisen in der Zange recht vor die Form und läſst
es niederschmelzen. Neben diese Zange bringt er eine zweite Zange
mit ebensolchem erwärmten Scheibeneisen, und wenn das Eisen in
der ersten Zange eingeschmolzen ist, noch eine dritte und vierte, bis
er von diesem Scheibeneisen zu einem Deul genug hat. So werden
etwa zwei Zentner eingeschmolzen, doch ist die Menge wechselnd
und je mehr Scheibeneisen man auf ein niedergeschmolzenes Guſs-
stück einschmelzen kann, desto vorteilhafter ist es. Dies ist ab-
hängig von der Stärke der Bälge, der Güte der Kohlen und der
Geschicklichkeit des Arbeiters. Wird zu viel von den Guſsstücken
im Verhältnis zum Scheibeneisen gesetzt, so wird der Deul zu
„trocken“. Setzt man zu viel Scheibeneisen, welches dem Deul „den
Saft giebt“, so wird die Gare verzögert und der Kohlenaufwand er-
höht. Die Zangen mit dem Scheibeneisen schmelzen nie rein ab,
sondern es bleibt an denselben mehr oder weniger gefrischte Masse
hängen. Sie werden nach dem Ausziehen in einen Wassertrog ge-
worfen und dann das anhängende Eisen mit dem Hammer abgeklopft.
Dieses wird dann sofort wieder aufs Feuer geworfen. Bei der letzten
Zange, wo also das Einschmelzen des Scheibeneisens vollendet und
der Deul „seiner Geburt nahe“ ist, befindet sich das an der Zange
angeschweiſste Eisen bereits in einem völlig gefrischten Zustande.
Wiewohl nun der Arbeiter gleich im Anfange des Schmelzens
für eine ziemliche Menge gares Eisen gesorgt hat, so würde diese
doch nicht hinreichen, die ganze Menge Scheibeneisen, welche zu
einem Deul geschmolzen wird, ohne andere Hilfsmittel in gares Eisen
zu verwandeln. Hierzu dient der Zusatz von Stocklech und Hammer-
schlag, welche beim Zängen des Deuls und dem Ausschmieden ab-
fallen, und hiervon giebt der Löscher mehr oder weniger auf, je
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/233>, abgerufen am 23.11.2024.
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