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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
stoff der Luft und dem Kohlenstoff des Eisens. Da aber selten das
zu verfrischende Eisen soviel Silicium enthält, um die genügende
Menge Schlacke aus sich selbst zu bilden, diese aber schon des eben
geschilderten Zweckes wegen nicht entbehrt werden kann, so pflegt
man Eisenoxydulschlacke zuzusetzen, und zwar in der Regel solche,
welche bereits Eisenoxyduloxyd in Lösung enthält. Es sind dies die
Garschlacken, von denen die Stockschlacken, Hammerschlacken, Rinn-
schlacken u. s. w., kurz alle diejenigen, welche bei der mechanischen
Bearbeitung des Eisens aus diesem ausgepresst werden, die garsten,
d. h. die an Eisenoxyduloxyd reichsten sind. Durch den Zusatz
dieser eisenoxyduloxydhaltigen Schlacken wird das Frischen be-
fördert.

Diese chemischen Vorgänge bilden die Grundlage aller Frisch-
prozesse, worunter nicht nur das Herdfrischen, der alte Prozess,
mit dem wir uns hier beschäftigen, sondern auch die neuen Prozesse
des Puddelns, des Bessemerns u. s. w. begriffen sind. Der Kohlen-
stoff ist kein zufälliger, sondern ein notwendiger Bestandteil des
Eisens, während Silicium, Schwefel, Phosphor und Mangan zufällige
Beimengungen sind, die in ganz verschiedenen Mengen auftreten.
Das Silicium wird durch das Frischschmelzen leicht abgeschieden,
wie wir gesehen haben. Anders verhält es sich mit dem Phosphor.
Dieser oxydiert zwar auch bei niedriger Temperatur, wird aber bei
höherer Temperatur wieder reduziert und verbleibt im Eisen, für
welches er ein sehr schädlicher Begleiter ist, da er dasselbe im hohen
Grade kaltbrüchig macht. Die Abscheidung des Phosphors durch
oxydierendes Schmelzen erfolgt also nur bei einer Temperatur, die
dem Schmelzpunkt des Roheisens nahe liegt. Nun unterscheidet
man beim Frischen zwei Perioden, die hauptsächlich durch die
Wärmeentwickelung unterschieden sind, das Rohfrischen und das
Garfrischen. Bei dem Rohfrischen wird der grösste Teil des Kohlen-
stoffs oxydiert und das Roheisen etwa bis zur Stufe des Stahls ent-
kohlt. Während dieser Zeit wird durch die Umwandlung des festen
Kohlenstoffs in das gasförmige Kohlenoxyd viel Wärme gebunden und
der Schmelzmasse entzogen, dadurch bleibt die Temperatur während
dieser Periode relativ niedrig. In der zweiten Periode geht die Ent-
kohlung langsamer von statten, es entweicht wenig Kohlenoxydgas,
während mehr Eisen verbrennt, welches seine ganze Verbrennungswärme
dem Schmelzgut abgiebt, wodurch die Temperatur beim Garfrischen
bedeutend gesteigert wird. Nur in der ersten Periode oxydiert Phos-
phor und geht als Phosphorsäure in die Schlacke, während in der

Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
stoff der Luft und dem Kohlenstoff des Eisens. Da aber selten das
zu verfrischende Eisen soviel Silicium enthält, um die genügende
Menge Schlacke aus sich selbst zu bilden, diese aber schon des eben
geschilderten Zweckes wegen nicht entbehrt werden kann, so pflegt
man Eisenoxydulschlacke zuzusetzen, und zwar in der Regel solche,
welche bereits Eisenoxyduloxyd in Lösung enthält. Es sind dies die
Garschlacken, von denen die Stockschlacken, Hammerschlacken, Rinn-
schlacken u. s. w., kurz alle diejenigen, welche bei der mechanischen
Bearbeitung des Eisens aus diesem ausgepreſst werden, die garsten,
d. h. die an Eisenoxyduloxyd reichsten sind. Durch den Zusatz
dieser eisenoxyduloxydhaltigen Schlacken wird das Frischen be-
fördert.

Diese chemischen Vorgänge bilden die Grundlage aller Frisch-
prozesse, worunter nicht nur das Herdfrischen, der alte Prozeſs,
mit dem wir uns hier beschäftigen, sondern auch die neuen Prozesse
des Puddelns, des Bessemerns u. s. w. begriffen sind. Der Kohlen-
stoff ist kein zufälliger, sondern ein notwendiger Bestandteil des
Eisens, während Silicium, Schwefel, Phosphor und Mangan zufällige
Beimengungen sind, die in ganz verschiedenen Mengen auftreten.
Das Silicium wird durch das Frischschmelzen leicht abgeschieden,
wie wir gesehen haben. Anders verhält es sich mit dem Phosphor.
Dieser oxydiert zwar auch bei niedriger Temperatur, wird aber bei
höherer Temperatur wieder reduziert und verbleibt im Eisen, für
welches er ein sehr schädlicher Begleiter ist, da er dasſelbe im hohen
Grade kaltbrüchig macht. Die Abscheidung des Phosphors durch
oxydierendes Schmelzen erfolgt also nur bei einer Temperatur, die
dem Schmelzpunkt des Roheisens nahe liegt. Nun unterscheidet
man beim Frischen zwei Perioden, die hauptsächlich durch die
Wärmeentwickelung unterschieden sind, das Rohfrischen und das
Garfrischen. Bei dem Rohfrischen wird der gröſste Teil des Kohlen-
stoffs oxydiert und das Roheisen etwa bis zur Stufe des Stahls ent-
kohlt. Während dieser Zeit wird durch die Umwandlung des festen
Kohlenstoffs in das gasförmige Kohlenoxyd viel Wärme gebunden und
der Schmelzmasse entzogen, dadurch bleibt die Temperatur während
dieser Periode relativ niedrig. In der zweiten Periode geht die Ent-
kohlung langsamer von statten, es entweicht wenig Kohlenoxydgas,
während mehr Eisen verbrennt, welches seine ganze Verbrennungswärme
dem Schmelzgut abgiebt, wodurch die Temperatur beim Garfrischen
bedeutend gesteigert wird. Nur in der ersten Periode oxydiert Phos-
phor und geht als Phosphorsäure in die Schlacke, während in der

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[219/0239] Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. stoff der Luft und dem Kohlenstoff des Eisens. Da aber selten das zu verfrischende Eisen soviel Silicium enthält, um die genügende Menge Schlacke aus sich selbst zu bilden, diese aber schon des eben geschilderten Zweckes wegen nicht entbehrt werden kann, so pflegt man Eisenoxydulschlacke zuzusetzen, und zwar in der Regel solche, welche bereits Eisenoxyduloxyd in Lösung enthält. Es sind dies die Garschlacken, von denen die Stockschlacken, Hammerschlacken, Rinn- schlacken u. s. w., kurz alle diejenigen, welche bei der mechanischen Bearbeitung des Eisens aus diesem ausgepreſst werden, die garsten, d. h. die an Eisenoxyduloxyd reichsten sind. Durch den Zusatz dieser eisenoxyduloxydhaltigen Schlacken wird das Frischen be- fördert. Diese chemischen Vorgänge bilden die Grundlage aller Frisch- prozesse, worunter nicht nur das Herdfrischen, der alte Prozeſs, mit dem wir uns hier beschäftigen, sondern auch die neuen Prozesse des Puddelns, des Bessemerns u. s. w. begriffen sind. Der Kohlen- stoff ist kein zufälliger, sondern ein notwendiger Bestandteil des Eisens, während Silicium, Schwefel, Phosphor und Mangan zufällige Beimengungen sind, die in ganz verschiedenen Mengen auftreten. Das Silicium wird durch das Frischschmelzen leicht abgeschieden, wie wir gesehen haben. Anders verhält es sich mit dem Phosphor. Dieser oxydiert zwar auch bei niedriger Temperatur, wird aber bei höherer Temperatur wieder reduziert und verbleibt im Eisen, für welches er ein sehr schädlicher Begleiter ist, da er dasſelbe im hohen Grade kaltbrüchig macht. Die Abscheidung des Phosphors durch oxydierendes Schmelzen erfolgt also nur bei einer Temperatur, die dem Schmelzpunkt des Roheisens nahe liegt. Nun unterscheidet man beim Frischen zwei Perioden, die hauptsächlich durch die Wärmeentwickelung unterschieden sind, das Rohfrischen und das Garfrischen. Bei dem Rohfrischen wird der gröſste Teil des Kohlen- stoffs oxydiert und das Roheisen etwa bis zur Stufe des Stahls ent- kohlt. Während dieser Zeit wird durch die Umwandlung des festen Kohlenstoffs in das gasförmige Kohlenoxyd viel Wärme gebunden und der Schmelzmasse entzogen, dadurch bleibt die Temperatur während dieser Periode relativ niedrig. In der zweiten Periode geht die Ent- kohlung langsamer von statten, es entweicht wenig Kohlenoxydgas, während mehr Eisen verbrennt, welches seine ganze Verbrennungswärme dem Schmelzgut abgiebt, wodurch die Temperatur beim Garfrischen bedeutend gesteigert wird. Nur in der ersten Periode oxydiert Phos- phor und geht als Phosphorsäure in die Schlacke, während in der

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/239>, abgerufen am 23.11.2024.