Brockwerk nachgetragen und mit einer Schaufel festgeschlagen. Die Masse frittete dabei zusammen, was durch Nachtreiben und Schlagen mit der Schaufel befördert wurde. In 30 bis 40 Minuten war das ganze Haufwerk über der Form zusammengebacken. Nun wurde das Gebläse abgeschützt, der Herd mit Wasser gekühlt und die zusammengefrittete, gebratene Masse ausgebrochen. Mit den rückständigen, losen Bröckchen wurde sodann wieder in gleicher Weise vorgegangen und so aus dem ganzen Roheisenquantum meist drei derartige Klumpen, die Kortitsch, Kartitsch oder Kotizzi hiessen, gebildet, die im erkalteten Zustande wieder jeder in etliche Stücke zerschlagen und dann an die Frischherde abgegeben wurden. Dieses Vorfrischen kann als ein vereinigtes Braten (Glühfrischen) und Hart- zerennen (Feinen) angesehen werden. Die Frischherde waren klein, nur teilweise mit Zacken versehen, übrigens wie bei der Löscharbeit in Steiermark und Kärnten mit Lösche ausgeschlagen. Es wurden kleine Luppen von 40 bis 55 kg erzeugt, welche, zu Masseln ge- drückt, im Beginn jeder Luppenbildung unter einem Schwanzhammer von 3 bis 4 Zentner Gewicht ausgeschmiedet wurden. Das Aus- heizen musste vollkommen geschehen, weil das Ausrecken in einer Hitze erfolgte. Der einzuschmelzende Kartitsch wurde in der Regel erst eingesetzt, wenn der Ausheizprozess nahe zu Ende war. Das Regulieren des Einschmelzens wurde mit der Brechstange bewirkt und hatte das ganze Verfahren grosse Ähnlichkeit mit der kärnt- nerischen Löscharbeit. Die Dauer von einer Luppe zur andern betrug 11/2 bis 21/2 Stunden, wovon reichlich die Hälfte der Ausheizprozess in Anspruch nahm. Das Stabeisen war von vorzüglicher Güte, meist mehr weich als hart. Der Abbrand (Kalo) war nicht bedeutend, weil alle die eisenreichen Abfälle beim Vorfrischen zugute gemacht wurden, er betrug einschliesslich des Vorfrischens 14 bis 16 Prozent. Der Kohlenaufwand war nach der Art der Kohlen, die aus Kastanien-, Birken-, Buchen- und Fichtenholz erzeugt waren, verschieden. Dem Gewichte nach konnten auf 100 kg Stabeisen 250 kg Kohlen gerechnet werden, was bei Fichtenkohle ungefähr 70 Kubikfuss entsprach. Der Kohlenverbrauch war demnach ein sehr beträchtlicher.
Auch in Kärnten, wo im Jahre 1567 der erste Flossenofen bei Urtl erbaut wurde, betrieb man die ältere Frischarbeit mit "Kortitsch", der oben beschriebenen lombardischen Müglafrischarbeit wahrschein- lich sehr ähnlich. An deren Stelle trat dann später die Arbeit mit gebratenen Blatteln, die eigentliche kärntnerische Löscharbeit; da dies aber erst im Laufe des 17. Jahrhunderts geschehen zu sein scheint,
Beck, Geschichte des Eisens. 15
Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
Brockwerk nachgetragen und mit einer Schaufel festgeschlagen. Die Masse frittete dabei zusammen, was durch Nachtreiben und Schlagen mit der Schaufel befördert wurde. In 30 bis 40 Minuten war das ganze Haufwerk über der Form zusammengebacken. Nun wurde das Gebläse abgeschützt, der Herd mit Wasser gekühlt und die zusammengefrittete, gebratene Masse ausgebrochen. Mit den rückständigen, losen Bröckchen wurde sodann wieder in gleicher Weise vorgegangen und so aus dem ganzen Roheisenquantum meist drei derartige Klumpen, die Kortitsch, Kartitsch oder Kotizzi hieſsen, gebildet, die im erkalteten Zustande wieder jeder in etliche Stücke zerschlagen und dann an die Frischherde abgegeben wurden. Dieses Vorfrischen kann als ein vereinigtes Braten (Glühfrischen) und Hart- zerennen (Feinen) angesehen werden. Die Frischherde waren klein, nur teilweise mit Zacken versehen, übrigens wie bei der Löscharbeit in Steiermark und Kärnten mit Lösche ausgeschlagen. Es wurden kleine Luppen von 40 bis 55 kg erzeugt, welche, zu Masseln ge- drückt, im Beginn jeder Luppenbildung unter einem Schwanzhammer von 3 bis 4 Zentner Gewicht ausgeschmiedet wurden. Das Aus- heizen muſste vollkommen geschehen, weil das Ausrecken in einer Hitze erfolgte. Der einzuschmelzende Kartitsch wurde in der Regel erst eingesetzt, wenn der Ausheizprozeſs nahe zu Ende war. Das Regulieren des Einschmelzens wurde mit der Brechstange bewirkt und hatte das ganze Verfahren groſse Ähnlichkeit mit der kärnt- nerischen Löscharbeit. Die Dauer von einer Luppe zur andern betrug 1½ bis 2½ Stunden, wovon reichlich die Hälfte der Ausheizprozeſs in Anspruch nahm. Das Stabeisen war von vorzüglicher Güte, meist mehr weich als hart. Der Abbrand (Kalo) war nicht bedeutend, weil alle die eisenreichen Abfälle beim Vorfrischen zugute gemacht wurden, er betrug einschlieſslich des Vorfrischens 14 bis 16 Prozent. Der Kohlenaufwand war nach der Art der Kohlen, die aus Kastanien-, Birken-, Buchen- und Fichtenholz erzeugt waren, verschieden. Dem Gewichte nach konnten auf 100 kg Stabeisen 250 kg Kohlen gerechnet werden, was bei Fichtenkohle ungefähr 70 Kubikfuſs entsprach. Der Kohlenverbrauch war demnach ein sehr beträchtlicher.
Auch in Kärnten, wo im Jahre 1567 der erste Flossenofen bei Urtl erbaut wurde, betrieb man die ältere Frischarbeit mit „Kortitsch“, der oben beschriebenen lombardischen Müglafrischarbeit wahrschein- lich sehr ähnlich. An deren Stelle trat dann später die Arbeit mit gebratenen Blatteln, die eigentliche kärntnerische Löscharbeit; da dies aber erst im Laufe des 17. Jahrhunderts geschehen zu sein scheint,
Beck, Geschichte des Eisens. 15
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0245"n="225"/><fwplace="top"type="header">Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.</fw><lb/>
Brockwerk nachgetragen und mit einer Schaufel festgeschlagen.<lb/>
Die Masse frittete dabei zusammen, was durch Nachtreiben und<lb/>
Schlagen mit der Schaufel befördert wurde. In 30 bis 40 Minuten<lb/>
war das ganze Haufwerk über der Form zusammengebacken. Nun<lb/>
wurde das Gebläse abgeschützt, der Herd mit Wasser gekühlt und<lb/>
die zusammengefrittete, gebratene Masse ausgebrochen. Mit den<lb/>
rückständigen, losen Bröckchen wurde sodann wieder in gleicher<lb/>
Weise vorgegangen und so aus dem ganzen Roheisenquantum meist<lb/>
drei derartige Klumpen, die Kortitsch, Kartitsch oder Kotizzi hieſsen,<lb/>
gebildet, die im erkalteten Zustande wieder jeder in etliche Stücke<lb/>
zerschlagen und dann an die Frischherde abgegeben wurden. Dieses<lb/>
Vorfrischen kann als ein vereinigtes Braten (Glühfrischen) und Hart-<lb/>
zerennen (Feinen) angesehen werden. Die Frischherde waren klein,<lb/>
nur teilweise mit Zacken versehen, übrigens wie bei der Löscharbeit<lb/>
in Steiermark und Kärnten mit Lösche ausgeschlagen. Es wurden<lb/>
kleine Luppen von 40 bis 55 kg erzeugt, welche, zu Masseln ge-<lb/>
drückt, im Beginn jeder Luppenbildung unter einem Schwanzhammer<lb/>
von 3 bis 4 Zentner Gewicht ausgeschmiedet wurden. Das Aus-<lb/>
heizen muſste vollkommen geschehen, weil das Ausrecken in <hirendition="#g">einer</hi><lb/>
Hitze erfolgte. Der einzuschmelzende Kartitsch wurde in der Regel<lb/>
erst eingesetzt, wenn der Ausheizprozeſs nahe zu Ende war. Das<lb/>
Regulieren des Einschmelzens wurde mit der Brechstange bewirkt<lb/>
und hatte das ganze Verfahren groſse Ähnlichkeit mit der kärnt-<lb/>
nerischen Löscharbeit. Die Dauer von einer Luppe zur andern betrug<lb/>
1½ bis 2½ Stunden, wovon reichlich die Hälfte der Ausheizprozeſs<lb/>
in Anspruch nahm. Das Stabeisen war von vorzüglicher Güte, meist<lb/>
mehr weich als hart. Der Abbrand (Kalo) war nicht bedeutend, weil<lb/>
alle die eisenreichen Abfälle beim Vorfrischen zugute gemacht wurden,<lb/>
er betrug einschlieſslich des Vorfrischens 14 bis 16 Prozent. Der<lb/>
Kohlenaufwand war nach der Art der Kohlen, die aus Kastanien-,<lb/>
Birken-, Buchen- und Fichtenholz erzeugt waren, verschieden. Dem<lb/>
Gewichte nach konnten auf 100 kg Stabeisen 250 kg Kohlen gerechnet<lb/>
werden, was bei Fichtenkohle ungefähr 70 Kubikfuſs entsprach. Der<lb/>
Kohlenverbrauch war demnach ein sehr beträchtlicher.</p><lb/><p>Auch in Kärnten, wo im Jahre 1567 der erste Flossenofen bei<lb/>
Urtl erbaut wurde, betrieb man die ältere Frischarbeit mit „Kortitsch“,<lb/>
der oben beschriebenen lombardischen Müglafrischarbeit wahrschein-<lb/>
lich sehr ähnlich. An deren Stelle trat dann später die Arbeit mit<lb/>
gebratenen Blatteln, die eigentliche kärntnerische Löscharbeit; da dies<lb/>
aber erst im Laufe des 17. Jahrhunderts geschehen zu sein scheint,<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Beck</hi>, Geschichte des Eisens. 15</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[225/0245]
Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
Brockwerk nachgetragen und mit einer Schaufel festgeschlagen.
Die Masse frittete dabei zusammen, was durch Nachtreiben und
Schlagen mit der Schaufel befördert wurde. In 30 bis 40 Minuten
war das ganze Haufwerk über der Form zusammengebacken. Nun
wurde das Gebläse abgeschützt, der Herd mit Wasser gekühlt und
die zusammengefrittete, gebratene Masse ausgebrochen. Mit den
rückständigen, losen Bröckchen wurde sodann wieder in gleicher
Weise vorgegangen und so aus dem ganzen Roheisenquantum meist
drei derartige Klumpen, die Kortitsch, Kartitsch oder Kotizzi hieſsen,
gebildet, die im erkalteten Zustande wieder jeder in etliche Stücke
zerschlagen und dann an die Frischherde abgegeben wurden. Dieses
Vorfrischen kann als ein vereinigtes Braten (Glühfrischen) und Hart-
zerennen (Feinen) angesehen werden. Die Frischherde waren klein,
nur teilweise mit Zacken versehen, übrigens wie bei der Löscharbeit
in Steiermark und Kärnten mit Lösche ausgeschlagen. Es wurden
kleine Luppen von 40 bis 55 kg erzeugt, welche, zu Masseln ge-
drückt, im Beginn jeder Luppenbildung unter einem Schwanzhammer
von 3 bis 4 Zentner Gewicht ausgeschmiedet wurden. Das Aus-
heizen muſste vollkommen geschehen, weil das Ausrecken in einer
Hitze erfolgte. Der einzuschmelzende Kartitsch wurde in der Regel
erst eingesetzt, wenn der Ausheizprozeſs nahe zu Ende war. Das
Regulieren des Einschmelzens wurde mit der Brechstange bewirkt
und hatte das ganze Verfahren groſse Ähnlichkeit mit der kärnt-
nerischen Löscharbeit. Die Dauer von einer Luppe zur andern betrug
1½ bis 2½ Stunden, wovon reichlich die Hälfte der Ausheizprozeſs
in Anspruch nahm. Das Stabeisen war von vorzüglicher Güte, meist
mehr weich als hart. Der Abbrand (Kalo) war nicht bedeutend, weil
alle die eisenreichen Abfälle beim Vorfrischen zugute gemacht wurden,
er betrug einschlieſslich des Vorfrischens 14 bis 16 Prozent. Der
Kohlenaufwand war nach der Art der Kohlen, die aus Kastanien-,
Birken-, Buchen- und Fichtenholz erzeugt waren, verschieden. Dem
Gewichte nach konnten auf 100 kg Stabeisen 250 kg Kohlen gerechnet
werden, was bei Fichtenkohle ungefähr 70 Kubikfuſs entsprach. Der
Kohlenverbrauch war demnach ein sehr beträchtlicher.
Auch in Kärnten, wo im Jahre 1567 der erste Flossenofen bei
Urtl erbaut wurde, betrieb man die ältere Frischarbeit mit „Kortitsch“,
der oben beschriebenen lombardischen Müglafrischarbeit wahrschein-
lich sehr ähnlich. An deren Stelle trat dann später die Arbeit mit
gebratenen Blatteln, die eigentliche kärntnerische Löscharbeit; da dies
aber erst im Laufe des 17. Jahrhunderts geschehen zu sein scheint,
Beck, Geschichte des Eisens. 15
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/245>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.