geordnet und lehrreich. Er schreibt von sich als einem jugendlichen Dichter. Zu solcher Vollkommenheit in Beherrschung der latei- nischen poetischen Diktion dürfte es der Sohn des Hüttenmeisters von Vandeuvre aber kaum vor etwa dem 25. Lebensjahre gebracht haben, so dass die Zeit, an die sich die Erinnerungen, welche er uns vorführt, knüpfen, gewiss in das erste Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts zurückgehen.
Das Gedicht 1) "von der Eisenschmiede", verfasst 1517 von Nico- laus Bourbon, lautet:
"Es war eine Winternacht; schwere Dunkelheit deckte die Erde; die Luft war bewegt, mit Regen überladen; die Winde bliesen mit Heftigkeit; eine schwere Müdigkeit teilte sich den ermatteten Gliedern mit: da erschien mir plötzlich Vulkan im Traume; sein Gesicht war schwarz und schrecklich; wie wenn er eben das Feuer verlassen, rieselte der Schweiss von seinem ganzen Leibe; sein Haupthaar war mit Eisenrost bedeckt und aus seinen wilden Augen zuckten Blitze. Bei ihm waren drei seiner Gesellen, Riesen unglaublicher Gestalt, völlig nackt, des einen Auges beraubt: Cyklopen, wie man sie einst- mals nannte. Sie umstanden Vulkan, während er, der Gott, ohne meinen Schlaf zu unterbrechen, mich mit strafenden Worten ansprach: "Jüngling, Undankbarer, der du deines Vaters und deines Vaterlandes vergisst, warum verlierst du deine Zeit in dieser schmachvollen Un- thätigkeit? Warum vergeudest du unnütz deine besten Tage? Du versündigst dich an dem Namen, an dem Ruhm, an dem Talent deines Vaters, an ihm, der in Frieden seine Eisenarbeiter leitete, in seiner verständigen Umsicht es verstand, ihren Eifer zu erwecken und jede Leistung nach ihrem Verdienst zu belohnen. Unglücklicher! Warum vernachlässigst du so den väterlichen Ackergrund? Weshalb dies un- dankbare Vergessen der Wälder, die du so oft in deiner Jugend ge- schaut, du und deine Kameraden in frohem Spiel mit jungen Mädchen unter ihrem Laubwerk. -- Diese Quellen, diese Bäche, welche diese lieblichen Wiesengründe bewässern und deren Gewässer den Schmieden
1) Das Original des Gedichtes des Nicolas Bourbon ist sehr selten. Eine französische Übersetzung desselben von Anton Dufrenoy ist abgedruckt in den Annales des Mines, Ser. III, T. XII, p. 137. Dieser ist folgende Note beigefügt: "Die entlegene Zeit, in welcher das Gedicht des Nicolas Bourbon verfasst wurde, die Genauigkeit, mit welcher die verschiedenen Operationen, die sich auf die Eisen- arbeit beziehen, geschildert sind, haben die Kommissare der Annales des Mines veranlasst, davon eine Übersetzung zu veröffentlichen." Eine teilweise Übersetzung hiervon hat Herr Professor Ledebur in dem Jahrbuch für das Berg- und Hütten- wesen im Königreich Sachsen für 1881, S. 99 mitgeteilt.
Einleitung.
geordnet und lehrreich. Er schreibt von sich als einem jugendlichen Dichter. Zu solcher Vollkommenheit in Beherrschung der latei- nischen poetischen Diktion dürfte es der Sohn des Hüttenmeisters von Vandeuvre aber kaum vor etwa dem 25. Lebensjahre gebracht haben, so daſs die Zeit, an die sich die Erinnerungen, welche er uns vorführt, knüpfen, gewiſs in das erste Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts zurückgehen.
Das Gedicht 1) „von der Eisenschmiede“, verfaſst 1517 von Nico- laus Bourbon, lautet:
„Es war eine Winternacht; schwere Dunkelheit deckte die Erde; die Luft war bewegt, mit Regen überladen; die Winde bliesen mit Heftigkeit; eine schwere Müdigkeit teilte sich den ermatteten Gliedern mit: da erschien mir plötzlich Vulkan im Traume; sein Gesicht war schwarz und schrecklich; wie wenn er eben das Feuer verlassen, rieselte der Schweiſs von seinem ganzen Leibe; sein Haupthaar war mit Eisenrost bedeckt und aus seinen wilden Augen zuckten Blitze. Bei ihm waren drei seiner Gesellen, Riesen unglaublicher Gestalt, völlig nackt, des einen Auges beraubt: Cyklopen, wie man sie einst- mals nannte. Sie umstanden Vulkan, während er, der Gott, ohne meinen Schlaf zu unterbrechen, mich mit strafenden Worten ansprach: „Jüngling, Undankbarer, der du deines Vaters und deines Vaterlandes vergiſst, warum verlierst du deine Zeit in dieser schmachvollen Un- thätigkeit? Warum vergeudest du unnütz deine besten Tage? Du versündigst dich an dem Namen, an dem Ruhm, an dem Talent deines Vaters, an ihm, der in Frieden seine Eisenarbeiter leitete, in seiner verständigen Umsicht es verstand, ihren Eifer zu erwecken und jede Leistung nach ihrem Verdienst zu belohnen. Unglücklicher! Warum vernachlässigst du so den väterlichen Ackergrund? Weshalb dies un- dankbare Vergessen der Wälder, die du so oft in deiner Jugend ge- schaut, du und deine Kameraden in frohem Spiel mit jungen Mädchen unter ihrem Laubwerk. — Diese Quellen, diese Bäche, welche diese lieblichen Wiesengründe bewässern und deren Gewässer den Schmieden
1) Das Original des Gedichtes des Nicolas Bourbon ist sehr selten. Eine französische Übersetzung desſelben von Anton Dufrénoy ist abgedruckt in den Annales des Mines, Ser. III, T. XII, p. 137. Dieser ist folgende Note beigefügt: „Die entlegene Zeit, in welcher das Gedicht des Nicolas Bourbon verfaſst wurde, die Genauigkeit, mit welcher die verschiedenen Operationen, die sich auf die Eisen- arbeit beziehen, geschildert sind, haben die Kommissare der Annales des Mines veranlaſst, davon eine Übersetzung zu veröffentlichen.“ Eine teilweise Übersetzung hiervon hat Herr Professor Ledebur in dem Jahrbuch für das Berg- und Hütten- wesen im Königreich Sachsen für 1881, S. 99 mitgeteilt.
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Einleitung.
geordnet und lehrreich. Er schreibt von sich als einem jugendlichen
Dichter. Zu solcher Vollkommenheit in Beherrschung der latei-
nischen poetischen Diktion dürfte es der Sohn des Hüttenmeisters
von Vandeuvre aber kaum vor etwa dem 25. Lebensjahre gebracht
haben, so daſs die Zeit, an die sich die Erinnerungen, welche er uns
vorführt, knüpfen, gewiſs in das erste Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts
zurückgehen.
Das Gedicht 1) „von der Eisenschmiede“, verfaſst 1517 von Nico-
laus Bourbon, lautet:
„Es war eine Winternacht; schwere Dunkelheit deckte die Erde;
die Luft war bewegt, mit Regen überladen; die Winde bliesen mit
Heftigkeit; eine schwere Müdigkeit teilte sich den ermatteten Gliedern
mit: da erschien mir plötzlich Vulkan im Traume; sein Gesicht war
schwarz und schrecklich; wie wenn er eben das Feuer verlassen,
rieselte der Schweiſs von seinem ganzen Leibe; sein Haupthaar war
mit Eisenrost bedeckt und aus seinen wilden Augen zuckten Blitze.
Bei ihm waren drei seiner Gesellen, Riesen unglaublicher Gestalt,
völlig nackt, des einen Auges beraubt: Cyklopen, wie man sie einst-
mals nannte. Sie umstanden Vulkan, während er, der Gott, ohne
meinen Schlaf zu unterbrechen, mich mit strafenden Worten ansprach:
„Jüngling, Undankbarer, der du deines Vaters und deines Vaterlandes
vergiſst, warum verlierst du deine Zeit in dieser schmachvollen Un-
thätigkeit? Warum vergeudest du unnütz deine besten Tage? Du
versündigst dich an dem Namen, an dem Ruhm, an dem Talent deines
Vaters, an ihm, der in Frieden seine Eisenarbeiter leitete, in seiner
verständigen Umsicht es verstand, ihren Eifer zu erwecken und jede
Leistung nach ihrem Verdienst zu belohnen. Unglücklicher! Warum
vernachlässigst du so den väterlichen Ackergrund? Weshalb dies un-
dankbare Vergessen der Wälder, die du so oft in deiner Jugend ge-
schaut, du und deine Kameraden in frohem Spiel mit jungen Mädchen
unter ihrem Laubwerk. — Diese Quellen, diese Bäche, welche diese
lieblichen Wiesengründe bewässern und deren Gewässer den Schmieden
1) Das Original des Gedichtes des Nicolas Bourbon ist sehr selten. Eine
französische Übersetzung desſelben von Anton Dufrénoy ist abgedruckt in den
Annales des Mines, Ser. III, T. XII, p. 137. Dieser ist folgende Note beigefügt:
„Die entlegene Zeit, in welcher das Gedicht des Nicolas Bourbon verfaſst wurde,
die Genauigkeit, mit welcher die verschiedenen Operationen, die sich auf die Eisen-
arbeit beziehen, geschildert sind, haben die Kommissare der Annales des Mines
veranlaſst, davon eine Übersetzung zu veröffentlichen.“ Eine teilweise Übersetzung
hiervon hat Herr Professor Ledebur in dem Jahrbuch für das Berg- und Hütten-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/34>, abgerufen am 03.12.2024.
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