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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert.

Die grosse Schlange, welche zu Ehrenbreitenstein stand, hatte
die respektable Länge von 5,69 m. Ihre Inschrift lautet:

Wenn man mir giebt Ladung satt,
Schiesse ich bis Andermatt.

Andernach liegt aber wohl drei Stunden von der alten Feste
Ehrenbeitenstein entfernt.

Karl III. von Lothringen liess 1598 zu Nancy eine solche von
21 Fuss 111/2 Zoll giessen, die nur eine Kugel von 18 Pfd. schoss,
also ungefähr 53 Kaliber hatte. In Neapel stand eine zu Genua ge-
gossene Schlange, die 27 Fuss lang war und 48 Pfd. schoss, also
47 Kaliber lang war. Auch die aus Eisen geschmiedeten Geschütz-
rohre Julius II. von Braunschweig waren unverhältnismässig lang.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gelangte man aber zu
der Überzeugung, dass die Schussweite nicht im Verhältnis zur Länge
zunehme, deshalb wurde die obengenannte Riesenschlange von Neapel
auf Luys Callados Rat erst auf acht, dann auf sieben Kaliber ab-
geschnitten und schoss danach bei höchster Elevation 1500 Schritt
weiter als zuvor. Weit früher schon hatte Rivius in seiner Bau-
kunst, welche 1547 zum ersten Male in Nürnberg gedruckt wurde,
darauf hingewiesen, dass die übermässige Länge des Rohres die
Schussweite der Kanonen verkleinere. Ebenso hatte Graf v. Lynar
bereits 1572 durch Versuche nachgewiesen, dass ein 12 Fuss langes
Geschütz dieselbe Schussweite hatte, wie ein 13 bis 17 Fuss langes
von gleichem Kaliber. Infolge dieser Erfahrungen kehrte man zu
richtigeren Proportionen zurück.

Eine für die Artillerie höchst wichtige Erfindung der Eisengiess-
kunst im 16. Jahrhundert war die Herstellung von Hohlgeschossen,
von Bomben und Granaten. Sie dienten als Brand- und als Spreng-
geschosse. Schon im Altertume kannte man Brandgeschosse. Es
waren dies irdene Gefässe, die mit brennenden Stoffen gefüllt waren.
Diese "Feuertöpfe" wurden aus Ballisten geworfen. Nach Erfindung
der Pulvergeschütze erfand man Kugelgeschosse, die aus zwei Halb-
kugeln aus Bronze oder Messing hergestellt und im Inneren mit
Brandzeug gefüllt waren. Dieses wurde durch ein Zündrohr (bomba)
in Brand gesetzt, während die Kugel selbst aus Mörsern geworfen
wurde. An Stelle dieser traten dann im 16. Jahrhundert hohl
gegossene Eisenkugeln, die, wenn sie als Brandkugeln dienen sollten,
eine oder mehrere Öffnungen erhielten, aus welchen der Brandsatz
herausbrannte. Wurden sie aber statt mit brennbarem Zeuge mit
Pulver gefüllt, so flogen sie, nachdem dieses entzündet war, in Stücke

Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert.

Die groſse Schlange, welche zu Ehrenbreitenstein stand, hatte
die respektable Länge von 5,69 m. Ihre Inschrift lautet:

Wenn man mir giebt Ladung satt,
Schieſse ich bis Andermatt.

Andernach liegt aber wohl drei Stunden von der alten Feste
Ehrenbeitenstein entfernt.

Karl III. von Lothringen lieſs 1598 zu Nancy eine solche von
21 Fuſs 11½ Zoll gieſsen, die nur eine Kugel von 18 Pfd. schoſs,
also ungefähr 53 Kaliber hatte. In Neapel stand eine zu Genua ge-
gossene Schlange, die 27 Fuſs lang war und 48 Pfd. schoſs, also
47 Kaliber lang war. Auch die aus Eisen geschmiedeten Geschütz-
rohre Julius II. von Braunschweig waren unverhältnismäſsig lang.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gelangte man aber zu
der Überzeugung, daſs die Schuſsweite nicht im Verhältnis zur Länge
zunehme, deshalb wurde die obengenannte Riesenschlange von Neapel
auf Luys Callados Rat erst auf acht, dann auf sieben Kaliber ab-
geschnitten und schoſs danach bei höchster Elevation 1500 Schritt
weiter als zuvor. Weit früher schon hatte Rivius in seiner Bau-
kunst, welche 1547 zum ersten Male in Nürnberg gedruckt wurde,
darauf hingewiesen, daſs die übermäſsige Länge des Rohres die
Schuſsweite der Kanonen verkleinere. Ebenso hatte Graf v. Lynar
bereits 1572 durch Versuche nachgewiesen, daſs ein 12 Fuſs langes
Geschütz dieselbe Schuſsweite hatte, wie ein 13 bis 17 Fuſs langes
von gleichem Kaliber. Infolge dieser Erfahrungen kehrte man zu
richtigeren Proportionen zurück.

Eine für die Artillerie höchst wichtige Erfindung der Eisengieſs-
kunst im 16. Jahrhundert war die Herstellung von Hohlgeschossen,
von Bomben und Granaten. Sie dienten als Brand- und als Spreng-
geschosse. Schon im Altertume kannte man Brandgeschosse. Es
waren dies irdene Gefäſse, die mit brennenden Stoffen gefüllt waren.
Diese „Feuertöpfe“ wurden aus Ballisten geworfen. Nach Erfindung
der Pulvergeschütze erfand man Kugelgeschosse, die aus zwei Halb-
kugeln aus Bronze oder Messing hergestellt und im Inneren mit
Brandzeug gefüllt waren. Dieses wurde durch ein Zündrohr (bomba)
in Brand gesetzt, während die Kugel selbst aus Mörsern geworfen
wurde. An Stelle dieser traten dann im 16. Jahrhundert hohl
gegossene Eisenkugeln, die, wenn sie als Brandkugeln dienen sollten,
eine oder mehrere Öffnungen erhielten, aus welchen der Brandsatz
herausbrannte. Wurden sie aber statt mit brennbarem Zeuge mit
Pulver gefüllt, so flogen sie, nachdem dieses entzündet war, in Stücke

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[338/0358] Die Feuerwaffen im 16. Jahrhundert. Die groſse Schlange, welche zu Ehrenbreitenstein stand, hatte die respektable Länge von 5,69 m. Ihre Inschrift lautet: Wenn man mir giebt Ladung satt, Schieſse ich bis Andermatt. Andernach liegt aber wohl drei Stunden von der alten Feste Ehrenbeitenstein entfernt. Karl III. von Lothringen lieſs 1598 zu Nancy eine solche von 21 Fuſs 11½ Zoll gieſsen, die nur eine Kugel von 18 Pfd. schoſs, also ungefähr 53 Kaliber hatte. In Neapel stand eine zu Genua ge- gossene Schlange, die 27 Fuſs lang war und 48 Pfd. schoſs, also 47 Kaliber lang war. Auch die aus Eisen geschmiedeten Geschütz- rohre Julius II. von Braunschweig waren unverhältnismäſsig lang. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gelangte man aber zu der Überzeugung, daſs die Schuſsweite nicht im Verhältnis zur Länge zunehme, deshalb wurde die obengenannte Riesenschlange von Neapel auf Luys Callados Rat erst auf acht, dann auf sieben Kaliber ab- geschnitten und schoſs danach bei höchster Elevation 1500 Schritt weiter als zuvor. Weit früher schon hatte Rivius in seiner Bau- kunst, welche 1547 zum ersten Male in Nürnberg gedruckt wurde, darauf hingewiesen, daſs die übermäſsige Länge des Rohres die Schuſsweite der Kanonen verkleinere. Ebenso hatte Graf v. Lynar bereits 1572 durch Versuche nachgewiesen, daſs ein 12 Fuſs langes Geschütz dieselbe Schuſsweite hatte, wie ein 13 bis 17 Fuſs langes von gleichem Kaliber. Infolge dieser Erfahrungen kehrte man zu richtigeren Proportionen zurück. Eine für die Artillerie höchst wichtige Erfindung der Eisengieſs- kunst im 16. Jahrhundert war die Herstellung von Hohlgeschossen, von Bomben und Granaten. Sie dienten als Brand- und als Spreng- geschosse. Schon im Altertume kannte man Brandgeschosse. Es waren dies irdene Gefäſse, die mit brennenden Stoffen gefüllt waren. Diese „Feuertöpfe“ wurden aus Ballisten geworfen. Nach Erfindung der Pulvergeschütze erfand man Kugelgeschosse, die aus zwei Halb- kugeln aus Bronze oder Messing hergestellt und im Inneren mit Brandzeug gefüllt waren. Dieses wurde durch ein Zündrohr (bomba) in Brand gesetzt, während die Kugel selbst aus Mörsern geworfen wurde. An Stelle dieser traten dann im 16. Jahrhundert hohl gegossene Eisenkugeln, die, wenn sie als Brandkugeln dienen sollten, eine oder mehrere Öffnungen erhielten, aus welchen der Brandsatz herausbrannte. Wurden sie aber statt mit brennbarem Zeuge mit Pulver gefüllt, so flogen sie, nachdem dieses entzündet war, in Stücke

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/358>, abgerufen am 22.11.2024.