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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
an in Europa Verbreitung fand, hatte in der Regel von Stichblatt
oberhalb der Querparierstange einen starken Ring zum Einlegen des
Daumens. Diese Waffe wurde im 16. Jahrhundert mit doppeltem
Ringe getragen und befestigte man sie damit unten an den Piken
oder auf Stöcken, um sie gegen Seitenangriffe zu gebrauchen. So
wurden sie die Vorläufer der Bajonette.

Diese kurze Betrachtung der Dolche führt uns zu dem mit den
Klingenschmieden eng verwandten Gewerbe der Messerschmiede
oder "Messerer", wie sie im Mittelalter hiessen. Sie waren meist mit
den Klingenschmieden in einer Zunft vereinigt und die Schwert-
schmiede waren häufig zugleich Messerschmiede. In gewerbreichen
Grossstädten erscheinen sie aber in der Regel als eine selbständige
Zunft. Dass dies z. B. in Nürnberg schon gegen Ende des 13. Jahr-
hunderts der Fall war, haben wir im ersten Bande (S. 856) bereits
nachgewiesen. In Frankreich unterschied man schon im 13. Jahr-
hundert die Messerreider und die Messerschmiede (les forgeurs des
lames appelles coutelliers ferres) und schon im Jahre 1265 verbot
der Erzbischof von Rouen den Frommen von Montevilliers den Luxus
von verzierten oder mit Gold eingelegten Messern 1).

Aber auch als Wehr wurden die Messer getragen. In Frank-
reich trugen sie die Männer meist in einer Seitentasche (tasse-escar-
celle). Seit dem 14. Jahrhundert trugen die Hofdiener offen ein
verziertes Messer als Abzeichen. Deshalb verspottete 1512 der Pre-
diger Barelete den Modeunfug, kunstreich verzierte Messer offen zu
tragen, indem er deren Träger mit Hufschmieden (marechal ferrant)
vergleicht. Die Frauen im Mittelalter trugen am Gürtel ein Messer,
eine Nadelbüchse und eine Schere am Bande.

Auch die Messerer führten ihre Klingenzeichen und ihre Waren
wurden von Schaumeistern geprüft. Ein Messer trug so ziemlich
jeder erwachsene Mann, war es doch zum Zerlegen der Speisen schon
kaum zu entbehren. Qualität und Gestalt dieser Messer war sehr
verschieden. Auch beschränkten sich die Messerer nicht auf das
Schmieden kleiner Klingen, sondern sie fertigten auch Haumesser
aller Art, wie die alten Sachse, die Waidmesser, die Degen und
andere einschneidige Klingen mit Rücken. Man bezeichnete diese
Waffen in früherer Zeit einfach als Messer. So heisst es in Thal-
hofers
Fechtbuch: das Messer sei länger als der "Tegen" (Dolch)
und kürzer als das Schwert. Bei der Rüstung in Bayern 1468 musste

1) Gay, Glossaire etc. S. 471.

Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
an in Europa Verbreitung fand, hatte in der Regel von Stichblatt
oberhalb der Querparierstange einen starken Ring zum Einlegen des
Daumens. Diese Waffe wurde im 16. Jahrhundert mit doppeltem
Ringe getragen und befestigte man sie damit unten an den Piken
oder auf Stöcken, um sie gegen Seitenangriffe zu gebrauchen. So
wurden sie die Vorläufer der Bajonette.

Diese kurze Betrachtung der Dolche führt uns zu dem mit den
Klingenschmieden eng verwandten Gewerbe der Messerschmiede
oder „Messerer“, wie sie im Mittelalter hieſsen. Sie waren meist mit
den Klingenschmieden in einer Zunft vereinigt und die Schwert-
schmiede waren häufig zugleich Messerschmiede. In gewerbreichen
Groſsstädten erscheinen sie aber in der Regel als eine selbständige
Zunft. Daſs dies z. B. in Nürnberg schon gegen Ende des 13. Jahr-
hunderts der Fall war, haben wir im ersten Bande (S. 856) bereits
nachgewiesen. In Frankreich unterschied man schon im 13. Jahr-
hundert die Messerreider und die Messerschmiede (les forgeurs des
lames appellés coutelliers férres) und schon im Jahre 1265 verbot
der Erzbischof von Rouen den Frommen von Montevilliers den Luxus
von verzierten oder mit Gold eingelegten Messern 1).

Aber auch als Wehr wurden die Messer getragen. In Frank-
reich trugen sie die Männer meist in einer Seitentasche (tasse-escar-
celle). Seit dem 14. Jahrhundert trugen die Hofdiener offen ein
verziertes Messer als Abzeichen. Deshalb verspottete 1512 der Pre-
diger Barelete den Modeunfug, kunstreich verzierte Messer offen zu
tragen, indem er deren Träger mit Hufschmieden (marechal ferrant)
vergleicht. Die Frauen im Mittelalter trugen am Gürtel ein Messer,
eine Nadelbüchse und eine Schere am Bande.

Auch die Messerer führten ihre Klingenzeichen und ihre Waren
wurden von Schaumeistern geprüft. Ein Messer trug so ziemlich
jeder erwachsene Mann, war es doch zum Zerlegen der Speisen schon
kaum zu entbehren. Qualität und Gestalt dieser Messer war sehr
verschieden. Auch beschränkten sich die Messerer nicht auf das
Schmieden kleiner Klingen, sondern sie fertigten auch Haumesser
aller Art, wie die alten Sachse, die Waidmesser, die Degen und
andere einschneidige Klingen mit Rücken. Man bezeichnete diese
Waffen in früherer Zeit einfach als Messer. So heiſst es in Thal-
hofers
Fechtbuch: das Messer sei länger als der „Tegen“ (Dolch)
und kürzer als das Schwert. Bei der Rüstung in Bayern 1468 muſste

1) Gay, Glossaire etc. S. 471.
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[408/0428] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. an in Europa Verbreitung fand, hatte in der Regel von Stichblatt oberhalb der Querparierstange einen starken Ring zum Einlegen des Daumens. Diese Waffe wurde im 16. Jahrhundert mit doppeltem Ringe getragen und befestigte man sie damit unten an den Piken oder auf Stöcken, um sie gegen Seitenangriffe zu gebrauchen. So wurden sie die Vorläufer der Bajonette. Diese kurze Betrachtung der Dolche führt uns zu dem mit den Klingenschmieden eng verwandten Gewerbe der Messerschmiede oder „Messerer“, wie sie im Mittelalter hieſsen. Sie waren meist mit den Klingenschmieden in einer Zunft vereinigt und die Schwert- schmiede waren häufig zugleich Messerschmiede. In gewerbreichen Groſsstädten erscheinen sie aber in der Regel als eine selbständige Zunft. Daſs dies z. B. in Nürnberg schon gegen Ende des 13. Jahr- hunderts der Fall war, haben wir im ersten Bande (S. 856) bereits nachgewiesen. In Frankreich unterschied man schon im 13. Jahr- hundert die Messerreider und die Messerschmiede (les forgeurs des lames appellés coutelliers férres) und schon im Jahre 1265 verbot der Erzbischof von Rouen den Frommen von Montevilliers den Luxus von verzierten oder mit Gold eingelegten Messern 1). Aber auch als Wehr wurden die Messer getragen. In Frank- reich trugen sie die Männer meist in einer Seitentasche (tasse-escar- celle). Seit dem 14. Jahrhundert trugen die Hofdiener offen ein verziertes Messer als Abzeichen. Deshalb verspottete 1512 der Pre- diger Barelete den Modeunfug, kunstreich verzierte Messer offen zu tragen, indem er deren Träger mit Hufschmieden (marechal ferrant) vergleicht. Die Frauen im Mittelalter trugen am Gürtel ein Messer, eine Nadelbüchse und eine Schere am Bande. Auch die Messerer führten ihre Klingenzeichen und ihre Waren wurden von Schaumeistern geprüft. Ein Messer trug so ziemlich jeder erwachsene Mann, war es doch zum Zerlegen der Speisen schon kaum zu entbehren. Qualität und Gestalt dieser Messer war sehr verschieden. Auch beschränkten sich die Messerer nicht auf das Schmieden kleiner Klingen, sondern sie fertigten auch Haumesser aller Art, wie die alten Sachse, die Waidmesser, die Degen und andere einschneidige Klingen mit Rücken. Man bezeichnete diese Waffen in früherer Zeit einfach als Messer. So heiſst es in Thal- hofers Fechtbuch: das Messer sei länger als der „Tegen“ (Dolch) und kürzer als das Schwert. Bei der Rüstung in Bayern 1468 muſste 1) Gay, Glossaire etc. S. 471.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/428>, abgerufen am 22.11.2024.