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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
jener Zeit. Die Schildzapfen stehen im Gleichgewicht des Rohres und
haben hohe Scheiben angegossen. An der vorderen Platte steht der
Reimspruch:

DISTELN . STECHEN . SER ... FALS
ZVNGEN . NOCH . VIL . MER ... 1538.

In der Mitte oberhalb:

EIN . BOLDER . HEIS.
ICH . HANS . PENDER.
ZV . SIGEN . MACHT.
MICH.

Auf der Platte des Stossbodens:

H . P . SICH . AN . DICH . DAN . STROF .
MICH.

Dieses schöne Siegerländer Geschütz ist von trefflicher Kon-
struktion und guten Verhältnissen. Dabei ist die Schweissung so
vollkommen, dass es wie aus einem Guss erscheint.

Die kolossale "faule Magd" im Zeughaus zu Dresden, aus Eisen
geschmiedet, stammt gleichfalls aus dem 16. Jahrhundert.

Die Schweissung der grossen schmiedeisernen Geschütze blieb
meist eine unvollkommene. Das Schweissen und Schmieden geschah
zu Anfang des 16. Jahrhunderts noch vielfach mit der Hand. Neu-
dörfer
(1547) erwähnt den Meister Melcher zu Nürnberg, "welcher
die grossen Schlangen aus Eisen mit der Hand geschmiedet". Es
war dies wahrscheinlich der Stadtschlosser Melchior Glaser, dem
1512 gekündigt wurde.

Im weiteren Verlaufe des Jahrhunderts kam die Herstellung
schwerer Geschütze aus Schmiedeisen fast ganz ausser Gebrauch. Um so
bemerkenswerter sind die Anstrengungen des Herzogs Julius von Braun-
schweig um 1570, schmiedeiserne Geschütze von verschiedenen Grössen,
zum Teil von grosser Länge, auf seinen Eisenwerken bei Gittelde dar-
zustellen. Er glaubte noch an den in der ersten Hälfte des Jahr-
hunderts allgemein angenommenen Lehrsatz: je länger das Rohr bei
gleichem Kaliber, je grösser die Tragweite und je sicherer der Schuss.
Von Gusseisen liessen sich lange Rohre mit engen Seelen nur schwierig
herstellen, weil man kein anderes Verfahren kannte, als die Seele über
den Kern zu giessen. Schmiedeiserne Kanonen liessen sich leichter und
glatter bohren und waren weniger dem Zerplatzen ausgesetzt. Dazu
kam, dass Herzog Julius ein Interesse daran hatte, für das Eisen seiner
Zerenn- und Frischherde Absatz zu finden. Aber er glaubte auch

Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
jener Zeit. Die Schildzapfen stehen im Gleichgewicht des Rohres und
haben hohe Scheiben angegossen. An der vorderen Platte steht der
Reimspruch:

DISTELN . STECHEN . SER … FALS
ZVNGEN . NOCH . VIL . MER … 1538.

In der Mitte oberhalb:

EIN . BOLDER . HEIS.
ICH . HANS . PENDER.
ZV . SIGEN . MACHT.
MICH.

Auf der Platte des Stoſsbodens:

H . P . SICH . AN . DICH . DAN . STROF .
MICH.

Dieses schöne Siegerländer Geschütz ist von trefflicher Kon-
struktion und guten Verhältnissen. Dabei ist die Schweiſsung so
vollkommen, daſs es wie aus einem Guſs erscheint.

Die kolossale „faule Magd“ im Zeughaus zu Dresden, aus Eisen
geschmiedet, stammt gleichfalls aus dem 16. Jahrhundert.

Die Schweiſsung der groſsen schmiedeisernen Geschütze blieb
meist eine unvollkommene. Das Schweiſsen und Schmieden geschah
zu Anfang des 16. Jahrhunderts noch vielfach mit der Hand. Neu-
dörfer
(1547) erwähnt den Meister Melcher zu Nürnberg, „welcher
die groſsen Schlangen aus Eisen mit der Hand geschmiedet“. Es
war dies wahrscheinlich der Stadtschlosser Melchior Glaser, dem
1512 gekündigt wurde.

Im weiteren Verlaufe des Jahrhunderts kam die Herstellung
schwerer Geschütze aus Schmiedeisen fast ganz auſser Gebrauch. Um so
bemerkenswerter sind die Anstrengungen des Herzogs Julius von Braun-
schweig um 1570, schmiedeiserne Geschütze von verschiedenen Gröſsen,
zum Teil von groſser Länge, auf seinen Eisenwerken bei Gittelde dar-
zustellen. Er glaubte noch an den in der ersten Hälfte des Jahr-
hunderts allgemein angenommenen Lehrsatz: je länger das Rohr bei
gleichem Kaliber, je gröſser die Tragweite und je sicherer der Schuſs.
Von Guſseisen lieſsen sich lange Rohre mit engen Seelen nur schwierig
herstellen, weil man kein anderes Verfahren kannte, als die Seele über
den Kern zu gieſsen. Schmiedeiserne Kanonen lieſsen sich leichter und
glatter bohren und waren weniger dem Zerplatzen ausgesetzt. Dazu
kam, daſs Herzog Julius ein Interesse daran hatte, für das Eisen seiner
Zerenn- und Frischherde Absatz zu finden. Aber er glaubte auch

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[448/0468] Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. jener Zeit. Die Schildzapfen stehen im Gleichgewicht des Rohres und haben hohe Scheiben angegossen. An der vorderen Platte steht der Reimspruch: DISTELN . STECHEN . SER … FALS ZVNGEN . NOCH . VIL . MER … 1538. In der Mitte oberhalb: EIN . BOLDER . HEIS. ICH . HANS . PENDER. ZV . SIGEN . MACHT. MICH. Auf der Platte des Stoſsbodens: H . P . SICH . AN . DICH . DAN . STROF . MICH. Dieses schöne Siegerländer Geschütz ist von trefflicher Kon- struktion und guten Verhältnissen. Dabei ist die Schweiſsung so vollkommen, daſs es wie aus einem Guſs erscheint. Die kolossale „faule Magd“ im Zeughaus zu Dresden, aus Eisen geschmiedet, stammt gleichfalls aus dem 16. Jahrhundert. Die Schweiſsung der groſsen schmiedeisernen Geschütze blieb meist eine unvollkommene. Das Schweiſsen und Schmieden geschah zu Anfang des 16. Jahrhunderts noch vielfach mit der Hand. Neu- dörfer (1547) erwähnt den Meister Melcher zu Nürnberg, „welcher die groſsen Schlangen aus Eisen mit der Hand geschmiedet“. Es war dies wahrscheinlich der Stadtschlosser Melchior Glaser, dem 1512 gekündigt wurde. Im weiteren Verlaufe des Jahrhunderts kam die Herstellung schwerer Geschütze aus Schmiedeisen fast ganz auſser Gebrauch. Um so bemerkenswerter sind die Anstrengungen des Herzogs Julius von Braun- schweig um 1570, schmiedeiserne Geschütze von verschiedenen Gröſsen, zum Teil von groſser Länge, auf seinen Eisenwerken bei Gittelde dar- zustellen. Er glaubte noch an den in der ersten Hälfte des Jahr- hunderts allgemein angenommenen Lehrsatz: je länger das Rohr bei gleichem Kaliber, je gröſser die Tragweite und je sicherer der Schuſs. Von Guſseisen lieſsen sich lange Rohre mit engen Seelen nur schwierig herstellen, weil man kein anderes Verfahren kannte, als die Seele über den Kern zu gieſsen. Schmiedeiserne Kanonen lieſsen sich leichter und glatter bohren und waren weniger dem Zerplatzen ausgesetzt. Dazu kam, daſs Herzog Julius ein Interesse daran hatte, für das Eisen seiner Zerenn- und Frischherde Absatz zu finden. Aber er glaubte auch

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/468>, abgerufen am 22.11.2024.