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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Schlosserei im 16. Jahrhundert.
zunft der Kirche geschenkt. Er besteht aus Stangen, Ketten, durch-
brochenen Platten u. s. w. von verzinntem Eisen mit trefflichen
Figuren aus Holz geschnitzt, vergoldet und gemalt. Das Meisterwerk
wurde durch den kunstsinnigen Fürsten Karl Anton von Hohenzollern
vom Untergang gerettet und unter Leitung des Professors Andreas
Müller
in Düsseldorf restauriert 1).



Die Schlosserei.

Die Schlosserei, welche jetzt das wichtigste Kleingewerbe der
Eisenindustrie ist, erlangte erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts
ihre Selbständigkeit. Die Verschlüsse der Thüren und Thore der
gewöhnlichen Häuser wurden im Mittelalter noch vielfach aus Holz
hergestellt. Die eisernen Schlösser, die man an Kirchen, Rathäusern
und Häusern der Reichen anbrachte, mehr aber noch bei Truhen,
Geldkasten, überhaupt Aufbewahrungsorten von Wertsachen, anwendete,
wurden ebenso wie die Thürklopfer, Laternen- und Fackelhalter u. s. w.
von den Schmieden angefertigt.

Als selbständiges Gewerbe werden die Schlosser in Deutschland
zum erstenmal im Codex des Wiener Stadtarchivs im Jahre 1463
aufgeführt in dem "Vermerkcht der Ordnung aller Handwercher zu
Wien". Darin werden sogar die Schlosser zuerst von allen Eisen-
arbeitern angeführt, dann folgen "die Sporer, Ringkler, Nadler, Eisen-
zieher (Drahtzieher), Hufsmit "und jr Knecht", Plattner, Brunner oder
Sarbürcher (Panzermacher), Helmsmit, Pogner, Pfeilschnitzer und jr
Knecht" 2). Ob sie aber eine besondere Zunft bildeten, erfahren wir
nicht hieraus. Als solche treten sie zum erstenmal im Jahre 1545
in Schmalkalden auf in einem Streite der Schlosser mit dem Grafen
von Henneberg.

Graf Georg Ernst von Henneberg hatte im Jahre 1545 ein geist-
liches Stift zu Schmalkalden wegen grosser Unzucht aufgehoben,
mit dem Befehl, dass die Stiftsgeistlichen, welche sich zahlreicher
Nachkommenschaft erfreuten, ihre "Köchinnen" heiraten sollten. Da-
gegen wollte er den Kindern der sich Fügenden die Rechte Ehelich-

1) Siehe v. Hefner-Alteneck, a. a. O., Bd. I, Tab. 34.
2) Tschischka, Geschichte der Stadt Wien, S. 267.

Die Schlosserei im 16. Jahrhundert.
zunft der Kirche geschenkt. Er besteht aus Stangen, Ketten, durch-
brochenen Platten u. s. w. von verzinntem Eisen mit trefflichen
Figuren aus Holz geschnitzt, vergoldet und gemalt. Das Meisterwerk
wurde durch den kunstsinnigen Fürsten Karl Anton von Hohenzollern
vom Untergang gerettet und unter Leitung des Professors Andreas
Müller
in Düsseldorf restauriert 1).



Die Schlosserei.

Die Schlosserei, welche jetzt das wichtigste Kleingewerbe der
Eisenindustrie ist, erlangte erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts
ihre Selbständigkeit. Die Verschlüsse der Thüren und Thore der
gewöhnlichen Häuser wurden im Mittelalter noch vielfach aus Holz
hergestellt. Die eisernen Schlösser, die man an Kirchen, Rathäusern
und Häusern der Reichen anbrachte, mehr aber noch bei Truhen,
Geldkasten, überhaupt Aufbewahrungsorten von Wertsachen, anwendete,
wurden ebenso wie die Thürklopfer, Laternen- und Fackelhalter u. s. w.
von den Schmieden angefertigt.

Als selbständiges Gewerbe werden die Schlosser in Deutschland
zum erstenmal im Codex des Wiener Stadtarchivs im Jahre 1463
aufgeführt in dem „Vermerkcht der Ordnung aller Handwercher zu
Wien“. Darin werden sogar die Schlosser zuerst von allen Eisen-
arbeitern angeführt, dann folgen „die Sporer, Ringkler, Nadler, Eisen-
zieher (Drahtzieher), Hufsmit „und jr Knecht“, Plattner, Brunner oder
Sarbürcher (Panzermacher), Helmsmit, Pogner, Pfeilschnitzer und jr
Knecht“ 2). Ob sie aber eine besondere Zunft bildeten, erfahren wir
nicht hieraus. Als solche treten sie zum erstenmal im Jahre 1545
in Schmalkalden auf in einem Streite der Schlosser mit dem Grafen
von Henneberg.

Graf Georg Ernst von Henneberg hatte im Jahre 1545 ein geist-
liches Stift zu Schmalkalden wegen groſser Unzucht aufgehoben,
mit dem Befehl, daſs die Stiftsgeistlichen, welche sich zahlreicher
Nachkommenschaft erfreuten, ihre „Köchinnen“ heiraten sollten. Da-
gegen wollte er den Kindern der sich Fügenden die Rechte Ehelich-

1) Siehe v. Hefner-Alteneck, a. a. O., Bd. I, Tab. 34.
2) Tschischka, Geschichte der Stadt Wien, S. 267.
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[468/0488] Die Schlosserei im 16. Jahrhundert. zunft der Kirche geschenkt. Er besteht aus Stangen, Ketten, durch- brochenen Platten u. s. w. von verzinntem Eisen mit trefflichen Figuren aus Holz geschnitzt, vergoldet und gemalt. Das Meisterwerk wurde durch den kunstsinnigen Fürsten Karl Anton von Hohenzollern vom Untergang gerettet und unter Leitung des Professors Andreas Müller in Düsseldorf restauriert 1). Die Schlosserei. Die Schlosserei, welche jetzt das wichtigste Kleingewerbe der Eisenindustrie ist, erlangte erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts ihre Selbständigkeit. Die Verschlüsse der Thüren und Thore der gewöhnlichen Häuser wurden im Mittelalter noch vielfach aus Holz hergestellt. Die eisernen Schlösser, die man an Kirchen, Rathäusern und Häusern der Reichen anbrachte, mehr aber noch bei Truhen, Geldkasten, überhaupt Aufbewahrungsorten von Wertsachen, anwendete, wurden ebenso wie die Thürklopfer, Laternen- und Fackelhalter u. s. w. von den Schmieden angefertigt. Als selbständiges Gewerbe werden die Schlosser in Deutschland zum erstenmal im Codex des Wiener Stadtarchivs im Jahre 1463 aufgeführt in dem „Vermerkcht der Ordnung aller Handwercher zu Wien“. Darin werden sogar die Schlosser zuerst von allen Eisen- arbeitern angeführt, dann folgen „die Sporer, Ringkler, Nadler, Eisen- zieher (Drahtzieher), Hufsmit „und jr Knecht“, Plattner, Brunner oder Sarbürcher (Panzermacher), Helmsmit, Pogner, Pfeilschnitzer und jr Knecht“ 2). Ob sie aber eine besondere Zunft bildeten, erfahren wir nicht hieraus. Als solche treten sie zum erstenmal im Jahre 1545 in Schmalkalden auf in einem Streite der Schlosser mit dem Grafen von Henneberg. Graf Georg Ernst von Henneberg hatte im Jahre 1545 ein geist- liches Stift zu Schmalkalden wegen groſser Unzucht aufgehoben, mit dem Befehl, daſs die Stiftsgeistlichen, welche sich zahlreicher Nachkommenschaft erfreuten, ihre „Köchinnen“ heiraten sollten. Da- gegen wollte er den Kindern der sich Fügenden die Rechte Ehelich- 1) Siehe v. Hefner-Alteneck, a. a. O., Bd. I, Tab. 34. 2) Tschischka, Geschichte der Stadt Wien, S. 267.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/488>, abgerufen am 22.11.2024.