nennen. Er ist ebenso adstringierend, aber weniger ätzend als der Vitriol. Die Schuhmacher bedienen sich seiner zum Schwärzen des Leders. Aus der Wäsche und den Kleidern sind Rostflecken schwer herauszubringen."
Ausführlich handelt dann Agricola über die wichtigsten Eisen- miner im fünften Buche. Er giebt darin zunächst eine allgemeine Einteilung aller Steine in vier Geschlechter:
1. Eigentliche oder gemeine Steine (Magnetstein, Hämatit, Gips etc.). 2. Edelsteine (Diamant, Smaragd etc.). 3. Marmorarten (die sich schleifen lassen). 4. Fels- und Gebirgsarten (Sandstein, Kalkstein).
Zu dem ersten Geschlechte rechnet er den Magnetstein (Magnes), über den er sehr eingehend berichtet: "Der Magnetstein ist wegen seiner wunderbaren Kraft, das Eisen an sich zu ziehen, unter allen Steinen der berühmteste und bekannteste. Die Griechen haben ihm die Namen: Magnes, magnetes, heraklischer Stein und Siderit bei- gelegt. Magnes und Magnetes wird er genannt nach seinem Ent- decker, der ihn auf dem Ida fand -- eine Mutmassung des Nikan- der, wie Plinius berichtet --, oder nach der asiatischen Provinz Magnesia, einem Hauptfundort desselben. Deshalb singt Lucretius von ihm:
Quem Magneta vocant patrio de nomine Graii, Magnetum quia sit patriis in finibus ortus.
Die Benennung "heraklischer Stein" bezieht sich entweder auf die Stadt Heraklea oder auf den Herakles. Denn wie Herakles die grässlichen, unbändigen Ungeheuer bezwang, so zieht der Magnet das Eisen, den Besieger aller Körper auf Erden, an sich und hält ihn gefangen. Diese Kraft erwarb ihm auch den Namen Siderit. Der Magnet hat das Ansehen des polierten Eisens und bricht auch ge- wöhnlich auf Eisensteingruben, freilich nur auf wenigen, denn ihrer giebt es bekanntermassen sehr viele. Es sind entweder kleine Stückchen davon in dem Eisenerz eingeschlossen oder er bildet mäch- tigere und grössere Mittel." Unter den Fundorten, die er nun auf- führt, erwähnt er die spanische Provinz Kantabrien, eine nordische Insel, nicht weit von Lappland, verschiedene Plätze in Deutschland, sowie Magnesia, "linkerhand vom See Böbeis" und andere mehr. Nachdem er die wichtigsten physikalischen Kennzeichen: Farbe, Festig- keit und Schwere beschrieben hat, fährt er fort: "Einige Magnete
Georg Agricola.
nennen. Er ist ebenso adstringierend, aber weniger ätzend als der Vitriol. Die Schuhmacher bedienen sich seiner zum Schwärzen des Leders. Aus der Wäsche und den Kleidern sind Rostflecken schwer herauszubringen.“
Ausführlich handelt dann Agricola über die wichtigsten Eisen- miner im fünften Buche. Er giebt darin zunächst eine allgemeine Einteilung aller Steine in vier Geschlechter:
1. Eigentliche oder gemeine Steine (Magnetstein, Hämatit, Gips etc.). 2. Edelsteine (Diamant, Smaragd etc.). 3. Marmorarten (die sich schleifen lassen). 4. Fels- und Gebirgsarten (Sandstein, Kalkstein).
Zu dem ersten Geschlechte rechnet er den Magnetstein (Magnes), über den er sehr eingehend berichtet: „Der Magnetstein ist wegen seiner wunderbaren Kraft, das Eisen an sich zu ziehen, unter allen Steinen der berühmteste und bekannteste. Die Griechen haben ihm die Namen: Magnes, magnetes, heraklischer Stein und Siderit bei- gelegt. Magnes und Magnetes wird er genannt nach seinem Ent- decker, der ihn auf dem Ida fand — eine Mutmaſsung des Nikan- der, wie Plinius berichtet —, oder nach der asiatischen Provinz Magnesia, einem Hauptfundort desſelben. Deshalb singt Lucretius von ihm:
Quem Magneta vocant patrio de nomine Graii, Magnetum quia sit patriis in finibus ortus.
Die Benennung „heraklischer Stein“ bezieht sich entweder auf die Stadt Heraklea oder auf den Herakles. Denn wie Herakles die gräſslichen, unbändigen Ungeheuer bezwang, so zieht der Magnet das Eisen, den Besieger aller Körper auf Erden, an sich und hält ihn gefangen. Diese Kraft erwarb ihm auch den Namen Siderit. Der Magnet hat das Ansehen des polierten Eisens und bricht auch ge- wöhnlich auf Eisensteingruben, freilich nur auf wenigen, denn ihrer giebt es bekanntermaſsen sehr viele. Es sind entweder kleine Stückchen davon in dem Eisenerz eingeschlossen oder er bildet mäch- tigere und gröſsere Mittel.“ Unter den Fundorten, die er nun auf- führt, erwähnt er die spanische Provinz Kantabrien, eine nordische Insel, nicht weit von Lappland, verschiedene Plätze in Deutschland, sowie Magnesia, „linkerhand vom See Böbeis“ und andere mehr. Nachdem er die wichtigsten physikalischen Kennzeichen: Farbe, Festig- keit und Schwere beschrieben hat, fährt er fort: „Einige Magnete
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Georg Agricola.
nennen. Er ist ebenso adstringierend, aber weniger ätzend als der
Vitriol. Die Schuhmacher bedienen sich seiner zum Schwärzen des
Leders. Aus der Wäsche und den Kleidern sind Rostflecken schwer
herauszubringen.“
Ausführlich handelt dann Agricola über die wichtigsten Eisen-
miner im fünften Buche. Er giebt darin zunächst eine allgemeine
Einteilung aller Steine in vier Geschlechter:
1. Eigentliche oder gemeine Steine (Magnetstein, Hämatit,
Gips etc.). 2. Edelsteine (Diamant, Smaragd etc.). 3. Marmorarten
(die sich schleifen lassen). 4. Fels- und Gebirgsarten (Sandstein,
Kalkstein).
Zu dem ersten Geschlechte rechnet er den Magnetstein (Magnes),
über den er sehr eingehend berichtet: „Der Magnetstein ist wegen
seiner wunderbaren Kraft, das Eisen an sich zu ziehen, unter allen
Steinen der berühmteste und bekannteste. Die Griechen haben ihm
die Namen: Magnes, magnetes, heraklischer Stein und Siderit bei-
gelegt. Magnes und Magnetes wird er genannt nach seinem Ent-
decker, der ihn auf dem Ida fand — eine Mutmaſsung des Nikan-
der, wie Plinius berichtet —, oder nach der asiatischen Provinz
Magnesia, einem Hauptfundort desſelben. Deshalb singt Lucretius
von ihm:
Quem Magneta vocant patrio de nomine Graii,
Magnetum quia sit patriis in finibus ortus.
Die Benennung „heraklischer Stein“ bezieht sich entweder auf
die Stadt Heraklea oder auf den Herakles. Denn wie Herakles die
gräſslichen, unbändigen Ungeheuer bezwang, so zieht der Magnet das
Eisen, den Besieger aller Körper auf Erden, an sich und hält ihn
gefangen. Diese Kraft erwarb ihm auch den Namen Siderit. Der
Magnet hat das Ansehen des polierten Eisens und bricht auch ge-
wöhnlich auf Eisensteingruben, freilich nur auf wenigen, denn ihrer
giebt es bekanntermaſsen sehr viele. Es sind entweder kleine
Stückchen davon in dem Eisenerz eingeschlossen oder er bildet mäch-
tigere und gröſsere Mittel.“ Unter den Fundorten, die er nun auf-
führt, erwähnt er die spanische Provinz Kantabrien, eine nordische
Insel, nicht weit von Lappland, verschiedene Plätze in Deutschland,
sowie Magnesia, „linkerhand vom See Böbeis“ und andere mehr.
Nachdem er die wichtigsten physikalischen Kennzeichen: Farbe, Festig-
keit und Schwere beschrieben hat, fährt er fort: „Einige Magnete
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/57>, abgerufen am 24.11.2024.
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