von Fall zu Fall beigelegt wurden, so dass ein Mittelzustand zwischen Krieg und Frieden herrschte. Am 12. Juni 1451 wurde auf der Tage- fahrt zu Utrecht Friede mit den Engländern geschlossen. Der gegen- seitige Handel war damals ein sehr bedeutender. 1437 berechneten die Engländer die Pfundgelder, sowie die Pfahl- und Hafengelder so hoch, dass daraus eine Jahreseinfuhr von 400000 Pfd. Sterl. hervor- geht. Die Hauptartikel der Danziger waren: Getreide und Holz, be- sonders zum Schiffsbau und Bogenholz, mit dem Holze gingen Segel- stangen, Schiffstaue und eiserne Anker. Auch wurden ganze Schiffe für englische Rechnung auf der Lastadie zu Danzig gebaut. Ausserdem Wachs, Flachs, Rauchwaren (besonders littauisches Werk), Asche, Teer und Pech. Kupfer, das man aus Ungarn bezog, Landeisen, das namentlich in der Gegend von Bütow gewonnen wurde. Von preussischen Manufakturwaren wird besonders Lein- wand aufgeführt. Die Engländer lieferten besonders rohe Wolle, Wollenzeuge, namentlich Laken und Scharlachtuch. Von Metallen Zinn und Osemund (schwedischen); ferner Harze. Von fremden Erzeugnissen brachten ihre Schiffe: Rheinwein und Rossharnische (Innsbrucker ?). Inniger noch waren die Beziehungen zu Schottland. Es bestand eine alte Freundschaft zwischen diesem und Preussen. Für die schottische Wolle lieferten die Danziger Getreide, Holz und Schiffe, ferner Mehl, Malz, Asche, Theer und Eisen. Beispielsweise bestand die Ladung eines nach Schottland bestimmten Schiffes aus 16 hundert Wagenschoss (Getreide), 24 Tonnen Mehl, 21 Tonnen Teer, 300 Scheffel Malz, 13 Tonnen Eisen und 14 Tonnen Asche. Das hier aufgeführte Eisen ist Landeisen, nicht Osemund.
Brügge war der Mittelpunkt des grossartigen Handels von Flandern und Brabant 1); es war der Sammelpunkt aller Nationen. Flandrische Tuche gingen durch die ganze Welt. Die Danziger Kauf- leute kamen in Brügge nur als "Hansen" in Betracht und nahmen als solche an den Rechten und Vorteilen der in Brügge von sechs Aldermännern unter dem Beirat von 18 Kaufleuten geleiteten hansea- tischen Faktorei teil, teilten aber auch mit jenen alle die Wechsel- fälle und Verluste, von welchen während der häufigen flandrischen Volksaufstände und später infolge der englisch-französischen Kriege auch die Fremden in diesem Lande betroffen wurden.
Bis zu Ende des 15. Jahrhunderts stand bei den Ostseeschiffern die Meinung fest, dass an der ganzen niederländischen Küste nur die
1) Siehe Hirsch, a. a. O., S. 120.
Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
von Fall zu Fall beigelegt wurden, so daſs ein Mittelzustand zwischen Krieg und Frieden herrschte. Am 12. Juni 1451 wurde auf der Tage- fahrt zu Utrecht Friede mit den Engländern geschlossen. Der gegen- seitige Handel war damals ein sehr bedeutender. 1437 berechneten die Engländer die Pfundgelder, sowie die Pfahl- und Hafengelder so hoch, daſs daraus eine Jahreseinfuhr von 400000 Pfd. Sterl. hervor- geht. Die Hauptartikel der Danziger waren: Getreide und Holz, be- sonders zum Schiffsbau und Bogenholz, mit dem Holze gingen Segel- stangen, Schiffstaue und eiserne Anker. Auch wurden ganze Schiffe für englische Rechnung auf der Lastadie zu Danzig gebaut. Auſserdem Wachs, Flachs, Rauchwaren (besonders littauisches Werk), Asche, Teer und Pech. Kupfer, das man aus Ungarn bezog, Landeisen, das namentlich in der Gegend von Bütow gewonnen wurde. Von preuſsischen Manufakturwaren wird besonders Lein- wand aufgeführt. Die Engländer lieferten besonders rohe Wolle, Wollenzeuge, namentlich Laken und Scharlachtuch. Von Metallen Zinn und Osemund (schwedischen); ferner Harze. Von fremden Erzeugnissen brachten ihre Schiffe: Rheinwein und Roſsharnische (Innsbrucker ?). Inniger noch waren die Beziehungen zu Schottland. Es bestand eine alte Freundschaft zwischen diesem und Preuſsen. Für die schottische Wolle lieferten die Danziger Getreide, Holz und Schiffe, ferner Mehl, Malz, Asche, Theer und Eisen. Beispielsweise bestand die Ladung eines nach Schottland bestimmten Schiffes aus 16 hundert Wagenschoſs (Getreide), 24 Tonnen Mehl, 21 Tonnen Teer, 300 Scheffel Malz, 13 Tonnen Eisen und 14 Tonnen Asche. Das hier aufgeführte Eisen ist Landeisen, nicht Osemund.
Brügge war der Mittelpunkt des groſsartigen Handels von Flandern und Brabant 1); es war der Sammelpunkt aller Nationen. Flandrische Tuche gingen durch die ganze Welt. Die Danziger Kauf- leute kamen in Brügge nur als „Hansen“ in Betracht und nahmen als solche an den Rechten und Vorteilen der in Brügge von sechs Aldermännern unter dem Beirat von 18 Kaufleuten geleiteten hansea- tischen Faktorei teil, teilten aber auch mit jenen alle die Wechsel- fälle und Verluste, von welchen während der häufigen flandrischen Volksaufstände und später infolge der englisch-französischen Kriege auch die Fremden in diesem Lande betroffen wurden.
Bis zu Ende des 15. Jahrhunderts stand bei den Ostseeschiffern die Meinung fest, daſs an der ganzen niederländischen Küste nur die
1) Siehe Hirsch, a. a. O., S. 120.
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[587/0607]
Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
von Fall zu Fall beigelegt wurden, so daſs ein Mittelzustand zwischen
Krieg und Frieden herrschte. Am 12. Juni 1451 wurde auf der Tage-
fahrt zu Utrecht Friede mit den Engländern geschlossen. Der gegen-
seitige Handel war damals ein sehr bedeutender. 1437 berechneten
die Engländer die Pfundgelder, sowie die Pfahl- und Hafengelder so
hoch, daſs daraus eine Jahreseinfuhr von 400000 Pfd. Sterl. hervor-
geht. Die Hauptartikel der Danziger waren: Getreide und Holz, be-
sonders zum Schiffsbau und Bogenholz, mit dem Holze gingen Segel-
stangen, Schiffstaue und eiserne Anker. Auch wurden ganze
Schiffe für englische Rechnung auf der Lastadie zu Danzig gebaut.
Auſserdem Wachs, Flachs, Rauchwaren (besonders littauisches
Werk), Asche, Teer und Pech. Kupfer, das man aus Ungarn bezog,
Landeisen, das namentlich in der Gegend von Bütow gewonnen
wurde. Von preuſsischen Manufakturwaren wird besonders Lein-
wand aufgeführt. Die Engländer lieferten besonders rohe Wolle,
Wollenzeuge, namentlich Laken und Scharlachtuch. Von Metallen
Zinn und Osemund (schwedischen); ferner Harze. Von fremden
Erzeugnissen brachten ihre Schiffe: Rheinwein und Roſsharnische
(Innsbrucker ?). Inniger noch waren die Beziehungen zu Schottland.
Es bestand eine alte Freundschaft zwischen diesem und Preuſsen.
Für die schottische Wolle lieferten die Danziger Getreide, Holz und
Schiffe, ferner Mehl, Malz, Asche, Theer und Eisen. Beispielsweise
bestand die Ladung eines nach Schottland bestimmten Schiffes aus
16 hundert Wagenschoſs (Getreide), 24 Tonnen Mehl, 21 Tonnen
Teer, 300 Scheffel Malz, 13 Tonnen Eisen und 14 Tonnen Asche.
Das hier aufgeführte Eisen ist Landeisen, nicht Osemund.
Brügge war der Mittelpunkt des groſsartigen Handels von
Flandern und Brabant 1); es war der Sammelpunkt aller Nationen.
Flandrische Tuche gingen durch die ganze Welt. Die Danziger Kauf-
leute kamen in Brügge nur als „Hansen“ in Betracht und nahmen
als solche an den Rechten und Vorteilen der in Brügge von sechs
Aldermännern unter dem Beirat von 18 Kaufleuten geleiteten hansea-
tischen Faktorei teil, teilten aber auch mit jenen alle die Wechsel-
fälle und Verluste, von welchen während der häufigen flandrischen
Volksaufstände und später infolge der englisch-französischen Kriege
auch die Fremden in diesem Lande betroffen wurden.
Bis zu Ende des 15. Jahrhunderts stand bei den Ostseeschiffern
die Meinung fest, daſs an der ganzen niederländischen Küste nur die
1) Siehe Hirsch, a. a. O., S. 120.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/607>, abgerufen am 22.11.2024.
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