versehen oder zu "verlegen" hatten; ausserdem wurde den Verlegern gewisse Manufakturisten zur Verlegung und endlich dem ganzen Eisenbezirk eine gewisse Gegend zugewiesen, aus der ihm der erforder- liche Proviant geliefert werden musste.
Dieses Monopol- und Zwangssystem, aus landesväterlicher Fürsorge entsprungen, das beinahe ganz Österreich ob der Enns und den grössten Teil von Steiermark betraf, war anfangs eine Wohlthat, wurde aber in der Folge höchst verderblich; denn der Zwang hinderte jeden Fortschritt. Infolge der "Widmung" drückte der Verleger die Hammermeister und diese wieder die Radmeister. Dabei waren die Verleger häufig schlechte Spekulanten, machten Schulden, was wieder auf die Gewerken verderblich einwirkte.
Die Verleger der Innernberger Gewerken wohnten alle in der Stadt Steyr.
Die Aufsicht über das ganze Eisenhüttenwesen und die Durch- führung der "Widmung" hatte eine österreichische Hofkommission.
In der ersten Zeit übte die staatliche Fürsorge eine günstige Wirkung auf die steierische Eisenindustrie aus, infolge dessen wurden 1573 die steierischen Schutzbestimmungen auch auf Oberösterreich ausgedehnt. Dies geschah durch folgende Satzung:
Römischer Khaiserlicher Maiestät &c. Satzung in Ostereich vndter der Ennss, auff die Innern Eisen -- Artztischen Prouiant Sorten, als Artzer Eisen, Hert, Graglach vnnd Wäschwerch, Vnnd dann das geschlagen Eisen, so auss eemeltem Hert, Graglach und Wäschwerch, als Rauchen Sorten gemacht, vnd alles Scheibbserisch Eisen genennt wird. Mit des Römischen Kaisers Mayestät &c. Gnad vnd Privilegien. Anno MDLXXIII 1). --
Wir Maximilian der Ander &c. entbieten Euch den Proviantführern, so durch den newen weg die Mendling der Wurtzen des innern Eisenärtzt Proviant zuführen, vnd dagegen Arzer vnd Puscheisen, Hert, Graglach vnd Wäschwerch erhandlen, dassgleichen Euch den Hammerschmieden zu Hollenstein, Gestling, Luntz, Gäming, Scheibbs, Gresten vnd Purckstal, welche in ihren kleinen Hämmern ermelt Hert, Graglach und Wäschwerk zerennen und geschlagen zeug darauss machen. So wol auch den Eisen- händlern zu Scheibbs, Purkstall, Gressten, Melkh, Sanct Pölten vnd allhier zu Wienn, so mit diesem Eisen, welches Scheibbserisches Eisen genannt wird, handeln vnd sonst menegklich u. s. w. ...
Es werden hauptsächlich "geschlagenes oder Arzter Eisen" und die "Rauchen Sorten", Hert, Graglach und Wäschwerk unterschieden. Steyer ist der Hauptverlagsort ("verleg Statt"), wohin das Eisen geliefert und von da weiter verhandelt wird. In Bezug auf Gewicht und Preis wird "ein gewisse Ordnung und Satzung verfasst, dass es mit diesem Scheibbserischen
1) Siehe Lempes Magazin für die Bergbaukunde (1790), Bd. VII, S. 93.
Steiermark.
versehen oder zu „verlegen“ hatten; auſserdem wurde den Verlegern gewisse Manufakturisten zur Verlegung und endlich dem ganzen Eisenbezirk eine gewisse Gegend zugewiesen, aus der ihm der erforder- liche Proviant geliefert werden muſste.
Dieses Monopol- und Zwangssystem, aus landesväterlicher Fürsorge entsprungen, das beinahe ganz Österreich ob der Enns und den gröſsten Teil von Steiermark betraf, war anfangs eine Wohlthat, wurde aber in der Folge höchst verderblich; denn der Zwang hinderte jeden Fortschritt. Infolge der „Widmung“ drückte der Verleger die Hammermeister und diese wieder die Radmeister. Dabei waren die Verleger häufig schlechte Spekulanten, machten Schulden, was wieder auf die Gewerken verderblich einwirkte.
Die Verleger der Innernberger Gewerken wohnten alle in der Stadt Steyr.
Die Aufsicht über das ganze Eisenhüttenwesen und die Durch- führung der „Widmung“ hatte eine österreichische Hofkommission.
In der ersten Zeit übte die staatliche Fürsorge eine günstige Wirkung auf die steierische Eisenindustrie aus, infolge dessen wurden 1573 die steierischen Schutzbestimmungen auch auf Oberösterreich ausgedehnt. Dies geschah durch folgende Satzung:
Römischer Khaiserlicher Maiestät &c. Satzung in Ostereich vndter der Ennſs, auff die Innern Eisen — Artztischen Prouiant Sorten, als Artzer Eisen, Hert, Graglach vnnd Wäschwerch, Vnnd dann das geschlagen Eisen, so auſs eemeltem Hert, Graglach und Wäschwerch, als Rauchen Sorten gemacht, vnd alles Scheibbserisch Eisen genennt wird. Mit des Römischen Kaisers Mayestät &c. Gnad vnd Privilegien. Anno MDLXXIII 1). —
Wir Maximilian der Ander &c. entbieten Euch den Proviantführern, so durch den newen weg die Mendling der Wurtzen des innern Eisenärtzt Proviant zuführen, vnd dagegen Arzer vnd Puscheisen, Hert, Graglach vnd Wäschwerch erhandlen, daſsgleichen Euch den Hammerschmieden zu Hollenstein, Gestling, Luntz, Gäming, Scheibbs, Gresten vnd Purckstal, welche in ihren kleinen Hämmern ermelt Hert, Graglach und Wäschwerk zerennen und geschlagen zeug darauſs machen. So wol auch den Eisen- händlern zu Scheibbs, Purkstall, Greſsten, Melkh, Sanct Pölten vnd allhier zu Wienn, so mit diesem Eisen, welches Scheibbserisches Eisen genannt wird, handeln vnd sonst menegklich u. s. w. …
Es werden hauptsächlich „geschlagenes oder Arzter Eisen“ und die „Rauchen Sorten“, Hert, Graglach und Wäschwerk unterschieden. Steyer ist der Hauptverlagsort („verleg Statt“), wohin das Eisen geliefert und von da weiter verhandelt wird. In Bezug auf Gewicht und Preis wird „ein gewisse Ordnung und Satzung verfaſst, daſs es mit diesem Scheibbserischen
1) Siehe Lempes Magazin für die Bergbaukunde (1790), Bd. VII, S. 93.
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Steiermark.
versehen oder zu „verlegen“ hatten; auſserdem wurde den Verlegern
gewisse Manufakturisten zur Verlegung und endlich dem ganzen
Eisenbezirk eine gewisse Gegend zugewiesen, aus der ihm der erforder-
liche Proviant geliefert werden muſste.
Dieses Monopol- und Zwangssystem, aus landesväterlicher Fürsorge
entsprungen, das beinahe ganz Österreich ob der Enns und den
gröſsten Teil von Steiermark betraf, war anfangs eine Wohlthat, wurde
aber in der Folge höchst verderblich; denn der Zwang hinderte jeden
Fortschritt. Infolge der „Widmung“ drückte der Verleger die
Hammermeister und diese wieder die Radmeister. Dabei waren die
Verleger häufig schlechte Spekulanten, machten Schulden, was wieder
auf die Gewerken verderblich einwirkte.
Die Verleger der Innernberger Gewerken wohnten alle in der Stadt
Steyr.
Die Aufsicht über das ganze Eisenhüttenwesen und die Durch-
führung der „Widmung“ hatte eine österreichische Hofkommission.
In der ersten Zeit übte die staatliche Fürsorge eine günstige
Wirkung auf die steierische Eisenindustrie aus, infolge dessen wurden
1573 die steierischen Schutzbestimmungen auch auf Oberösterreich
ausgedehnt. Dies geschah durch folgende Satzung:
Römischer Khaiserlicher Maiestät &c. Satzung in Ostereich vndter der
Ennſs, auff die Innern Eisen — Artztischen Prouiant Sorten, als Artzer Eisen,
Hert, Graglach vnnd Wäschwerch, Vnnd dann das geschlagen Eisen, so
auſs eemeltem Hert, Graglach und Wäschwerch, als Rauchen Sorten gemacht,
vnd alles Scheibbserisch Eisen genennt wird. Mit des Römischen Kaisers
Mayestät &c. Gnad vnd Privilegien. Anno MDLXXIII 1). —
Wir Maximilian der Ander &c. entbieten Euch den Proviantführern, so
durch den newen weg die Mendling der Wurtzen des innern Eisenärtzt
Proviant zuführen, vnd dagegen Arzer vnd Puscheisen, Hert, Graglach vnd
Wäschwerch erhandlen, daſsgleichen Euch den Hammerschmieden zu
Hollenstein, Gestling, Luntz, Gäming, Scheibbs, Gresten vnd Purckstal,
welche in ihren kleinen Hämmern ermelt Hert, Graglach und Wäschwerk
zerennen und geschlagen zeug darauſs machen. So wol auch den Eisen-
händlern zu Scheibbs, Purkstall, Greſsten, Melkh, Sanct Pölten vnd allhier
zu Wienn, so mit diesem Eisen, welches Scheibbserisches Eisen genannt
wird, handeln vnd sonst menegklich u. s. w. …
Es werden hauptsächlich „geschlagenes oder Arzter Eisen“ und die
„Rauchen Sorten“, Hert, Graglach und Wäschwerk unterschieden. Steyer
ist der Hauptverlagsort („verleg Statt“), wohin das Eisen geliefert und von
da weiter verhandelt wird. In Bezug auf Gewicht und Preis wird „ein
gewisse Ordnung und Satzung verfaſst, daſs es mit diesem Scheibbserischen
1) Siehe Lempes Magazin für die Bergbaukunde (1790), Bd. VII, S. 93.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/657>, abgerufen am 22.11.2024.
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