habe wiedergegeben, was das Feuer zerstört hätte. Die blühende Eisenindustrie und Gewehrfabrikation rühmt schon Sebastian Münster in seiner Cosmographey (vergl. S. 440).
Die Suhler Gewehrfabrik war damals -- ausser Wasungen -- die einzige in Deutschland und versorgte ganz Europa mit Feuerrohren. Über die Rohrschmiederei in Suhl haben wir S. 441 bereits Mit- teilungen gemacht.
Fürst Georg Ernst zu Henneberg gab 1563 den Schlossern, Sporern, Windenmachern und Büchsenschmieden auf ihr Ansuchen, weil sie auswärtig für unzünftig gehalten wurden, Innungsrechte. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gab es in Suhl Grosshändler, die umfangreiche Gewehrlieferungen auch für das Ausland über- nahmen. Wendel erwähnt in seinem Lobgedicht den Georg Klett, der Gewehre nach der Schweiz und Genf lieferte. Viele Gewehre gingen nach Ungarn und das polnische Zeughaus zu Krakau ent- hielt viele Tausende davon.
Stephan Reitz hatte dem König Stephan Bathory zum Krieg gegen Russland (1572) Gewehre nach Wilna geliefert. Mehrere Klette und Thomas Wendel, hatten Lieferungen nach Lievland, Preussen und Danzig ausgeführt. Simon Store lieferte im Jahre 1600 sechs Tausend Rohre nach Dänemark, auf die das königliche Wappen gestochen war. Suhl lieferte an Feind und Freund, wie heute die englischen Gewehrfabriken, und so fanden auch viele Suhler Rohre ihren Weg zum "Erbfeind", dem Türken.
Die grössten Lieferungen gingen aber in die kaiserlichen Lande zum Krieg gegen den Türken und zu den an diesen Kriegen teil- nehmenden Mächten. Nach dem Brand von 1590 schickte Rudolf II. Bevollmächtigte aus Prag nach Suhl, welche viele Tausend Mus- keten bestellten und zur Beschleunigung der Sache die Befreiung von allen Donauzöllen von Regensburg bis Wien versprachen. -- Selbst die Weiber fanden damals ihre Beschäftigung zur Herstellung der leichteren Teile. Alles Eisen wurde aus eigenen Bergwerken gewonnen. 1592 gab das damalige Eisenbergwerk am Bock von Januar bis September für 1239 Gulden Eisenerz. Der Nutzen wurde unter den Gewerken verteilt.
Für den Feldbau waren keine Hände übrig. Suhl und Schmal- kalden waren bereits im 16. Jahrhundert Fabrikstädte und Welt- handelsplätze.
Für den lokalen Bedarf an Eisen sorgten noch manche andere alte Hütten- und Hammerwerke in Thüringen, wie zu Ilmenau, in
Thüringen.
habe wiedergegeben, was das Feuer zerstört hätte. Die blühende Eisenindustrie und Gewehrfabrikation rühmt schon Sebastian Münster in seiner Cosmographey (vergl. S. 440).
Die Suhler Gewehrfabrik war damals — auſser Wasungen — die einzige in Deutschland und versorgte ganz Europa mit Feuerrohren. Über die Rohrschmiederei in Suhl haben wir S. 441 bereits Mit- teilungen gemacht.
Fürst Georg Ernst zu Henneberg gab 1563 den Schlossern, Sporern, Windenmachern und Büchsenschmieden auf ihr Ansuchen, weil sie auswärtig für unzünftig gehalten wurden, Innungsrechte. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gab es in Suhl Groſshändler, die umfangreiche Gewehrlieferungen auch für das Ausland über- nahmen. Wendel erwähnt in seinem Lobgedicht den Georg Klett, der Gewehre nach der Schweiz und Genf lieferte. Viele Gewehre gingen nach Ungarn und das polnische Zeughaus zu Krakau ent- hielt viele Tausende davon.
Stephan Reitz hatte dem König Stephan Bathory zum Krieg gegen Ruſsland (1572) Gewehre nach Wilna geliefert. Mehrere Klette und Thomas Wendel, hatten Lieferungen nach Lievland, Preuſsen und Danzig ausgeführt. Simon Store lieferte im Jahre 1600 sechs Tausend Rohre nach Dänemark, auf die das königliche Wappen gestochen war. Suhl lieferte an Feind und Freund, wie heute die englischen Gewehrfabriken, und so fanden auch viele Suhler Rohre ihren Weg zum „Erbfeind“, dem Türken.
Die gröſsten Lieferungen gingen aber in die kaiserlichen Lande zum Krieg gegen den Türken und zu den an diesen Kriegen teil- nehmenden Mächten. Nach dem Brand von 1590 schickte Rudolf II. Bevollmächtigte aus Prag nach Suhl, welche viele Tausend Mus- keten bestellten und zur Beschleunigung der Sache die Befreiung von allen Donauzöllen von Regensburg bis Wien versprachen. — Selbst die Weiber fanden damals ihre Beschäftigung zur Herstellung der leichteren Teile. Alles Eisen wurde aus eigenen Bergwerken gewonnen. 1592 gab das damalige Eisenbergwerk am Bock von Januar bis September für 1239 Gulden Eisenerz. Der Nutzen wurde unter den Gewerken verteilt.
Für den Feldbau waren keine Hände übrig. Suhl und Schmal- kalden waren bereits im 16. Jahrhundert Fabrikstädte und Welt- handelsplätze.
Für den lokalen Bedarf an Eisen sorgten noch manche andere alte Hütten- und Hammerwerke in Thüringen, wie zu Ilmenau, in
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Eisenindustrie und Gewehrfabrikation rühmt schon Sebastian
Münster in seiner Cosmographey (vergl. S. 440).
Die Suhler Gewehrfabrik war damals — auſser Wasungen — die
einzige in Deutschland und versorgte ganz Europa mit Feuerrohren.
Über die Rohrschmiederei in Suhl haben wir S. 441 bereits Mit-
teilungen gemacht.
Fürst Georg Ernst zu Henneberg gab 1563 den Schlossern,
Sporern, Windenmachern und Büchsenschmieden auf ihr Ansuchen,
weil sie auswärtig für unzünftig gehalten wurden, Innungsrechte. In
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gab es in Suhl Groſshändler,
die umfangreiche Gewehrlieferungen auch für das Ausland über-
nahmen. Wendel erwähnt in seinem Lobgedicht den Georg Klett,
der Gewehre nach der Schweiz und Genf lieferte. Viele Gewehre
gingen nach Ungarn und das polnische Zeughaus zu Krakau ent-
hielt viele Tausende davon.
Stephan Reitz hatte dem König Stephan Bathory zum Krieg
gegen Ruſsland (1572) Gewehre nach Wilna geliefert. Mehrere
Klette und Thomas Wendel, hatten Lieferungen nach Lievland,
Preuſsen und Danzig ausgeführt. Simon Store lieferte im Jahre
1600 sechs Tausend Rohre nach Dänemark, auf die das königliche
Wappen gestochen war. Suhl lieferte an Feind und Freund, wie heute
die englischen Gewehrfabriken, und so fanden auch viele Suhler Rohre
ihren Weg zum „Erbfeind“, dem Türken.
Die gröſsten Lieferungen gingen aber in die kaiserlichen Lande
zum Krieg gegen den Türken und zu den an diesen Kriegen teil-
nehmenden Mächten. Nach dem Brand von 1590 schickte Rudolf II.
Bevollmächtigte aus Prag nach Suhl, welche viele Tausend Mus-
keten bestellten und zur Beschleunigung der Sache die Befreiung
von allen Donauzöllen von Regensburg bis Wien versprachen. —
Selbst die Weiber fanden damals ihre Beschäftigung zur Herstellung
der leichteren Teile. Alles Eisen wurde aus eigenen Bergwerken
gewonnen. 1592 gab das damalige Eisenbergwerk am Bock von
Januar bis September für 1239 Gulden Eisenerz. Der Nutzen wurde
unter den Gewerken verteilt.
Für den Feldbau waren keine Hände übrig. Suhl und Schmal-
kalden waren bereits im 16. Jahrhundert Fabrikstädte und Welt-
handelsplätze.
Für den lokalen Bedarf an Eisen sorgten noch manche andere
alte Hütten- und Hammerwerke in Thüringen, wie zu Ilmenau, in
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 759. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/779>, abgerufen am 22.11.2024.
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