dankbare Eltern etliche Küxlein zugeworfen, davon ich zwei Jahre zu Wittenberg zum andernmal studiert und eine schöne kleine Liberei erzeugt habe." In Wittenberg gestalteten sich die Verhältnisse für ihn ausserordentlich günstig. Er wurde Luthers Tischgenosse und schloss sich ihm in inniger, vertrauter Freundschaft an, so dass nach Luthers Tod keiner so berufen war, das Leben des grossen Mannes zu beschreiben, wie Mathesius. Hier in Wittenberg erhielt er erst sein charakteristisches Gepräge. Er kehrte, von einer stattlichen Deputation von Joachimsthaler Bürgern eingeholt, im Jahre 1541 als Pfarrer in das ihm liebe und zur Heimat gewordene Thal zurück. Luther hatte die sieben Mitglieder der Deputation im eigenen Hause bewirtet und so freundlich empfangen und wiederkommen heissen, dass dieselben im folgenden Jahre 1542 ihren Besuch wiederholten.
Mathesius fand in seinem neuen Amte viel Arbeit vor. Sein Hauptstreben, das auch von Erfolg gekrönt war, ging dahin, eine strengere Kirchenordnung in seiner Gemeinde einzuführen. Natürlich begegnete er hierbei mancherlei Widerstand. Aber auch die politischen Verhältnisse brachten ihm viel Unruhe. Die Grafen Schlick, die eifrige Protestanten und seine treuen Beschützer waren, hatten sich viele Hoheitsrechte angemasst, für die sie keine Rechtstitel besassen und die ihnen von der kaiserlichen Regierung bestritten wurden. Dieser Konflikt spitzte sich zum förmlichen Kampfe um den Besitz von Joachims- thal zu, bis im Jahre 1545 der Kaiser die Grafen Schlick mit Ge- walt zur Entsagung zwang. Eine kaiserliche Kommission nahm die Stadt für den Kaiser in Besitz. Die alten Privilegien wurden auf- gehoben und neue veröffentlicht. -- Bei diesem ganzen Streit hatte Mathesius auf der Seite der Grafen Schlick gestanden, sowohl aus persönlicher Überzeugung, als weil er von der katholischen kaiserlichen Regierung für seine Gemeinde fürchtete. Als nun die kaiserliche Regierung an die Joachimsthaler Bürger das Ansinnen stellte, Kriegs- volk zu stellen zur Einnahme der sächsischen Orte Pletten und Gottes- gab, verweigerten diese, auf altes Bergrecht sich stützend1), die Heeresfolge, und Mathesius forderte in seinen Predigten zum Wider- stande auf. Dafür wurde er mit Bürgermeister und Rat zur Ver- antwortung nach Prag geladen. Es war gewiss ein saurer Gang für den pflichttreuen Mann. Von Mitte November 1545 bis Ausgang des Jahres mussten sie warten, wurden dann aber mit glimpflichem Ver- weis entlassen. Mathesius wurde allein vor den Kaiser beschieden
1) Siehe Bd. I, S. 776.
Schriftsteller des 16. Jahrhunderts.
dankbare Eltern etliche Küxlein zugeworfen, davon ich zwei Jahre zu Wittenberg zum andernmal studiert und eine schöne kleine Liberei erzeugt habe.“ In Wittenberg gestalteten sich die Verhältnisse für ihn auſserordentlich günstig. Er wurde Luthers Tischgenosse und schloſs sich ihm in inniger, vertrauter Freundschaft an, so daſs nach Luthers Tod keiner so berufen war, das Leben des groſsen Mannes zu beschreiben, wie Mathesius. Hier in Wittenberg erhielt er erst sein charakteristisches Gepräge. Er kehrte, von einer stattlichen Deputation von Joachimsthaler Bürgern eingeholt, im Jahre 1541 als Pfarrer in das ihm liebe und zur Heimat gewordene Thal zurück. Luther hatte die sieben Mitglieder der Deputation im eigenen Hause bewirtet und so freundlich empfangen und wiederkommen heiſsen, daſs dieselben im folgenden Jahre 1542 ihren Besuch wiederholten.
Mathesius fand in seinem neuen Amte viel Arbeit vor. Sein Hauptstreben, das auch von Erfolg gekrönt war, ging dahin, eine strengere Kirchenordnung in seiner Gemeinde einzuführen. Natürlich begegnete er hierbei mancherlei Widerstand. Aber auch die politischen Verhältnisse brachten ihm viel Unruhe. Die Grafen Schlick, die eifrige Protestanten und seine treuen Beschützer waren, hatten sich viele Hoheitsrechte angemaſst, für die sie keine Rechtstitel besaſsen und die ihnen von der kaiserlichen Regierung bestritten wurden. Dieser Konflikt spitzte sich zum förmlichen Kampfe um den Besitz von Joachims- thal zu, bis im Jahre 1545 der Kaiser die Grafen Schlick mit Ge- walt zur Entsagung zwang. Eine kaiserliche Kommission nahm die Stadt für den Kaiser in Besitz. Die alten Privilegien wurden auf- gehoben und neue veröffentlicht. — Bei diesem ganzen Streit hatte Mathesius auf der Seite der Grafen Schlick gestanden, sowohl aus persönlicher Überzeugung, als weil er von der katholischen kaiserlichen Regierung für seine Gemeinde fürchtete. Als nun die kaiserliche Regierung an die Joachimsthaler Bürger das Ansinnen stellte, Kriegs- volk zu stellen zur Einnahme der sächsischen Orte Pletten und Gottes- gab, verweigerten diese, auf altes Bergrecht sich stützend1), die Heeresfolge, und Mathesius forderte in seinen Predigten zum Wider- stande auf. Dafür wurde er mit Bürgermeister und Rat zur Ver- antwortung nach Prag geladen. Es war gewiſs ein saurer Gang für den pflichttreuen Mann. Von Mitte November 1545 bis Ausgang des Jahres muſsten sie warten, wurden dann aber mit glimpflichem Ver- weis entlassen. Mathesius wurde allein vor den Kaiser beschieden
1) Siehe Bd. I, S. 776.
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Wittenberg zum andernmal studiert und eine schöne kleine Liberei
erzeugt habe.“ In Wittenberg gestalteten sich die Verhältnisse für
ihn auſserordentlich günstig. Er wurde Luthers Tischgenosse und
schloſs sich ihm in inniger, vertrauter Freundschaft an, so daſs nach
Luthers Tod keiner so berufen war, das Leben des groſsen Mannes
zu beschreiben, wie Mathesius. Hier in Wittenberg erhielt er erst
sein charakteristisches Gepräge. Er kehrte, von einer stattlichen
Deputation von Joachimsthaler Bürgern eingeholt, im Jahre 1541 als
Pfarrer in das ihm liebe und zur Heimat gewordene Thal zurück.
Luther hatte die sieben Mitglieder der Deputation im eigenen Hause
bewirtet und so freundlich empfangen und wiederkommen heiſsen,
daſs dieselben im folgenden Jahre 1542 ihren Besuch wiederholten.
Mathesius fand in seinem neuen Amte viel Arbeit vor. Sein
Hauptstreben, das auch von Erfolg gekrönt war, ging dahin, eine
strengere Kirchenordnung in seiner Gemeinde einzuführen. Natürlich
begegnete er hierbei mancherlei Widerstand. Aber auch die politischen
Verhältnisse brachten ihm viel Unruhe. Die Grafen Schlick, die
eifrige Protestanten und seine treuen Beschützer waren, hatten sich
viele Hoheitsrechte angemaſst, für die sie keine Rechtstitel besaſsen und
die ihnen von der kaiserlichen Regierung bestritten wurden. Dieser
Konflikt spitzte sich zum förmlichen Kampfe um den Besitz von Joachims-
thal zu, bis im Jahre 1545 der Kaiser die Grafen Schlick mit Ge-
walt zur Entsagung zwang. Eine kaiserliche Kommission nahm die
Stadt für den Kaiser in Besitz. Die alten Privilegien wurden auf-
gehoben und neue veröffentlicht. — Bei diesem ganzen Streit hatte
Mathesius auf der Seite der Grafen Schlick gestanden, sowohl aus
persönlicher Überzeugung, als weil er von der katholischen kaiserlichen
Regierung für seine Gemeinde fürchtete. Als nun die kaiserliche
Regierung an die Joachimsthaler Bürger das Ansinnen stellte, Kriegs-
volk zu stellen zur Einnahme der sächsischen Orte Pletten und Gottes-
gab, verweigerten diese, auf altes Bergrecht sich stützend 1), die
Heeresfolge, und Mathesius forderte in seinen Predigten zum Wider-
stande auf. Dafür wurde er mit Bürgermeister und Rat zur Ver-
antwortung nach Prag geladen. Es war gewiſs ein saurer Gang für
den pflichttreuen Mann. Von Mitte November 1545 bis Ausgang des
Jahres muſsten sie warten, wurden dann aber mit glimpflichem Ver-
weis entlassen. Mathesius wurde allein vor den Kaiser beschieden
1) Siehe Bd. I, S. 776.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/80>, abgerufen am 25.11.2024.
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