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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Der Oberharz.
Kunst des Goldmachens zu besitzen. Mit viel Geschick und noch
mehr Frechheit trieb er seine betrügerischen Gaukeleien, und Herzog
Julius liess sich lange von ihm und seinen Helfershelfern zum Narren
halten. Ausser der Tinktur und dem Lebenselixir behauptete Sömme-
ring
nach seinen Geheimbüchern "constellierte Musketenrohre", die
nie fehlgingen, anfertigen zu können. Er kaufte dem Herzog in
Goslar einen "glückseligen Hut", suchte nach dem "Sophienkraut",
das Verstand und Weisheit verleiht, ebenso nach dem Merkurialkraut,
er konnte Perlen machen u. s. w., u. s. w. Mit ihm im Bunde waren
des Herzogs Hofnarr Schomberg, genannt Schielheinz, und sein Weib,
die Anne Marie Ziegler, die noch besser lügen konnte als die Anderen.
Drei Jahre trieben diese in Wolfenbüttel ihr Schwindelgewerbe. Trotz
aller Warnung ernannte der Herzog Therocyklus zu seinem Kammer-,
Berg- und Hüttenrat. Schliesslich trieb die Bande ihre Frechheit so-
weit, dass sie einen Mordanschlag auf die Herzogin, die ihr Treiben
durchschaute und ihren Gemahl warnte, ersannen. Sie versuchten
gelegentlich der Abwesenheit des Herzogs diese und ihre Kinder in
der Nacht zu ermorden. Durch Zufall wurde der höllische Plan ver-
eitelt, sie flohen, wurden aber ergriffen und in Wolfenbüttel vor dem
Mühlenthore in der grausamen Weise der Zeit am 7. Febr. 1575 hin-
gerichtet. Der Herzog, der jetzt gründlich geheilt war, gestand später
selbst ein, dass ihm die Alchimistengesellschaft an 100000 Thaler
Schaden zugefügt hätte.

Dieser einzigen Verirrung stehen viele geistige Grossthaten
gegenüber, von denen wir nur noch die Gründung des Pädagogiums
zu Gandersheim und der Universität zu Elmstadt (Helmstedt), den
Juliuskanal und sein grossartiges Projekt eines Elbe-Weser-Kanals,
welcher eine direkte Schiffsverbindung auf der Oker mit der Nordsee
bezweckte, hier erwähnen wollen.

Herzog Julius endete 1589 sein thatenreiches Leben. Über die
Ursache seines Todes berichtet der Chronist folgendes: Als der
Herzog schon alt war, fand man bei einer Untersuchung auf Salz in
der Gegend von Wolfenbüttel Schwefelkiesknollen in einer Schiefer-
erde. Julius liess sich täglich durch Edelknaben und Trabanten
"etliche Tönnchen voll" auf sein Schloss holen und zerschlug sie
selbst auf einem Ambos, dass ihm das Blut die Finger herunter lief,
"so eifrig", schreibt Algermann, "waren Se. Fürstl. Gnaden auf ein
Ding, wenn er erst daran war". Seine Absicht war, Feuersteine für
Schiessgewehre daraus zu machen. Dieser Übereifer war, nach der
Meinung seines Biographen, die Veranlassung seines Todes, weil ihm

Der Oberharz.
Kunst des Goldmachens zu besitzen. Mit viel Geschick und noch
mehr Frechheit trieb er seine betrügerischen Gaukeleien, und Herzog
Julius lieſs sich lange von ihm und seinen Helfershelfern zum Narren
halten. Auſser der Tinktur und dem Lebenselixir behauptete Sömme-
ring
nach seinen Geheimbüchern „constellierte Musketenrohre“, die
nie fehlgingen, anfertigen zu können. Er kaufte dem Herzog in
Goslar einen „glückseligen Hut“, suchte nach dem „Sophienkraut“,
das Verstand und Weisheit verleiht, ebenso nach dem Merkurialkraut,
er konnte Perlen machen u. s. w., u. s. w. Mit ihm im Bunde waren
des Herzogs Hofnarr Schomberg, genannt Schielheinz, und sein Weib,
die Anne Marie Ziegler, die noch besser lügen konnte als die Anderen.
Drei Jahre trieben diese in Wolfenbüttel ihr Schwindelgewerbe. Trotz
aller Warnung ernannte der Herzog Therocyklus zu seinem Kammer-,
Berg- und Hüttenrat. Schlieſslich trieb die Bande ihre Frechheit so-
weit, daſs sie einen Mordanschlag auf die Herzogin, die ihr Treiben
durchschaute und ihren Gemahl warnte, ersannen. Sie versuchten
gelegentlich der Abwesenheit des Herzogs diese und ihre Kinder in
der Nacht zu ermorden. Durch Zufall wurde der höllische Plan ver-
eitelt, sie flohen, wurden aber ergriffen und in Wolfenbüttel vor dem
Mühlenthore in der grausamen Weise der Zeit am 7. Febr. 1575 hin-
gerichtet. Der Herzog, der jetzt gründlich geheilt war, gestand später
selbst ein, daſs ihm die Alchimistengesellschaft an 100000 Thaler
Schaden zugefügt hätte.

Dieser einzigen Verirrung stehen viele geistige Groſsthaten
gegenüber, von denen wir nur noch die Gründung des Pädagogiums
zu Gandersheim und der Universität zu Elmstadt (Helmstedt), den
Juliuskanal und sein groſsartiges Projekt eines Elbe-Weser-Kanals,
welcher eine direkte Schiffsverbindung auf der Oker mit der Nordsee
bezweckte, hier erwähnen wollen.

Herzog Julius endete 1589 sein thatenreiches Leben. Über die
Ursache seines Todes berichtet der Chronist folgendes: Als der
Herzog schon alt war, fand man bei einer Untersuchung auf Salz in
der Gegend von Wolfenbüttel Schwefelkiesknollen in einer Schiefer-
erde. Julius lieſs sich täglich durch Edelknaben und Trabanten
„etliche Tönnchen voll“ auf sein Schloſs holen und zerschlug sie
selbst auf einem Ambos, daſs ihm das Blut die Finger herunter lief,
„so eifrig“, schreibt Algermann, „waren Se. Fürstl. Gnaden auf ein
Ding, wenn er erst daran war“. Seine Absicht war, Feuersteine für
Schieſsgewehre daraus zu machen. Dieser Übereifer war, nach der
Meinung seines Biographen, die Veranlassung seines Todes, weil ihm

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[793/0813] Der Oberharz. Kunst des Goldmachens zu besitzen. Mit viel Geschick und noch mehr Frechheit trieb er seine betrügerischen Gaukeleien, und Herzog Julius lieſs sich lange von ihm und seinen Helfershelfern zum Narren halten. Auſser der Tinktur und dem Lebenselixir behauptete Sömme- ring nach seinen Geheimbüchern „constellierte Musketenrohre“, die nie fehlgingen, anfertigen zu können. Er kaufte dem Herzog in Goslar einen „glückseligen Hut“, suchte nach dem „Sophienkraut“, das Verstand und Weisheit verleiht, ebenso nach dem Merkurialkraut, er konnte Perlen machen u. s. w., u. s. w. Mit ihm im Bunde waren des Herzogs Hofnarr Schomberg, genannt Schielheinz, und sein Weib, die Anne Marie Ziegler, die noch besser lügen konnte als die Anderen. Drei Jahre trieben diese in Wolfenbüttel ihr Schwindelgewerbe. Trotz aller Warnung ernannte der Herzog Therocyklus zu seinem Kammer-, Berg- und Hüttenrat. Schlieſslich trieb die Bande ihre Frechheit so- weit, daſs sie einen Mordanschlag auf die Herzogin, die ihr Treiben durchschaute und ihren Gemahl warnte, ersannen. Sie versuchten gelegentlich der Abwesenheit des Herzogs diese und ihre Kinder in der Nacht zu ermorden. Durch Zufall wurde der höllische Plan ver- eitelt, sie flohen, wurden aber ergriffen und in Wolfenbüttel vor dem Mühlenthore in der grausamen Weise der Zeit am 7. Febr. 1575 hin- gerichtet. Der Herzog, der jetzt gründlich geheilt war, gestand später selbst ein, daſs ihm die Alchimistengesellschaft an 100000 Thaler Schaden zugefügt hätte. Dieser einzigen Verirrung stehen viele geistige Groſsthaten gegenüber, von denen wir nur noch die Gründung des Pädagogiums zu Gandersheim und der Universität zu Elmstadt (Helmstedt), den Juliuskanal und sein groſsartiges Projekt eines Elbe-Weser-Kanals, welcher eine direkte Schiffsverbindung auf der Oker mit der Nordsee bezweckte, hier erwähnen wollen. Herzog Julius endete 1589 sein thatenreiches Leben. Über die Ursache seines Todes berichtet der Chronist folgendes: Als der Herzog schon alt war, fand man bei einer Untersuchung auf Salz in der Gegend von Wolfenbüttel Schwefelkiesknollen in einer Schiefer- erde. Julius lieſs sich täglich durch Edelknaben und Trabanten „etliche Tönnchen voll“ auf sein Schloſs holen und zerschlug sie selbst auf einem Ambos, daſs ihm das Blut die Finger herunter lief, „so eifrig“, schreibt Algermann, „waren Se. Fürstl. Gnaden auf ein Ding, wenn er erst daran war“. Seine Absicht war, Feuersteine für Schieſsgewehre daraus zu machen. Dieser Übereifer war, nach der Meinung seines Biographen, die Veranlassung seines Todes, weil ihm

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 793. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/813>, abgerufen am 22.11.2024.