den Bergen, wovon noch Schlackenreste gefunden werden 1). Dann aber bezog man fremdes Roheisen und legte Hammerschmieden an der oberen Rhamede, besonders aber an der Volme an. Eine alte Strasse ging von Betzdorf über Meinertzhagen nach Dortmund. Auf dieser kam das Roheisen von Sayn-Altenkirchen. In Kierspe und Halver, welche an dieser Strasse liegen, wurde schon im 15. Jahrhundert Osemund geschmiedet, jedenfalls auf Hämmern, die an der benachbarten Volme lagen. Um Lüdenscheid wurde aus diesem der grobe Draht fabriziert, und zwar wurde derselbe damals noch geschmiedet, nicht gezogen. Um Altena und Iserlohn entstanden dagegen im 16. Jahr- hundert zahlreiche mechanische Drahtzüge. Zwischen den drei be- nachbarten Städten Lüdenscheid, Altena und Iserlohn, welche die alten Sitze der märkischen "Drahtfabrik" waren, trat schon früh eine Teilung in der Fabrikation ein, die sich in der weiteren Entwickelung immer schärfer abgrenzte. Lüdenscheid, in dessen Nähe die meisten Osmundhämmer lagen, machte die groben Sorten, Altena, welches über die meisten Gefälle verfügte, die mittleren, gangbarsten, Iserlohn, welches viel Draht verarbeitete, die feinsten Sorten. Doch gab es da- mals noch keine Winnenscheiben daselbst, und man musste den feinsten Draht noch von auswärts, namentlich von Aachen beziehen. Zu jener Zeit wurde der Draht wohl noch ausschliesslich mit Zangen gezogen.
Es entstanden in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts so viele Drahtzüge und Hammerwerke mit Wasserbetrieb, dass die Fischerei darunter Not litt, weshalb Herzog Johann von Cleve im Jahre 1525 zwei Verordnungen erliess, dass keine neue Schlachten (Wehre) angelegt werden dürften. Alle die seit Menschengedenken gegründet, sollen weggeräumt, die über Menschengedenken nicht höher als das Wasser, wie es in seinen Ufern steht, gehalten werden. Diese der Industrie feindliche Verordnung wurde aber wohl nicht strenge durchgeführt, denn die Zahl der Anlagen nahm im Laufe des Jahrhunderts immer zu. Auch war der Herzog sehr besorgt, den Altenaer Drahthandel zu fördern. Als im Frühjahr 1518 die Stadt Altena durch eine Feuersbrunst zerstört worden war, gab er, um dem Orte wieder aufzuhelfen, den Befehl, dass kein Drahtzieher von Altena sich wegbegeben sollte, um an einem andern Ort das Handwerk zu treiben. "Im Jahre 1574 ist die Nette verbrannt", schreibt der Chronist, also standen die Drahtwerke an der Stelle bereits so dicht, dass eine ausgedehnte Feuersbrunst entstehen konnte.
1) Besonders bei Lüdenscheid und Rade an der Volme.
Sauerland, Mark, Berg und die Eifel.
den Bergen, wovon noch Schlackenreste gefunden werden 1). Dann aber bezog man fremdes Roheisen und legte Hammerschmieden an der oberen Rhamede, besonders aber an der Volme an. Eine alte Straſse ging von Betzdorf über Meinertzhagen nach Dortmund. Auf dieser kam das Roheisen von Sayn-Altenkirchen. In Kierspe und Halver, welche an dieser Straſse liegen, wurde schon im 15. Jahrhundert Osemund geschmiedet, jedenfalls auf Hämmern, die an der benachbarten Volme lagen. Um Lüdenscheid wurde aus diesem der grobe Draht fabriziert, und zwar wurde derselbe damals noch geschmiedet, nicht gezogen. Um Altena und Iserlohn entstanden dagegen im 16. Jahr- hundert zahlreiche mechanische Drahtzüge. Zwischen den drei be- nachbarten Städten Lüdenscheid, Altena und Iserlohn, welche die alten Sitze der märkischen „Drahtfabrik“ waren, trat schon früh eine Teilung in der Fabrikation ein, die sich in der weiteren Entwickelung immer schärfer abgrenzte. Lüdenscheid, in dessen Nähe die meisten Osmundhämmer lagen, machte die groben Sorten, Altena, welches über die meisten Gefälle verfügte, die mittleren, gangbarsten, Iserlohn, welches viel Draht verarbeitete, die feinsten Sorten. Doch gab es da- mals noch keine Winnenscheiben daselbst, und man muſste den feinsten Draht noch von auswärts, namentlich von Aachen beziehen. Zu jener Zeit wurde der Draht wohl noch ausschlieſslich mit Zangen gezogen.
Es entstanden in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts so viele Drahtzüge und Hammerwerke mit Wasserbetrieb, daſs die Fischerei darunter Not litt, weshalb Herzog Johann von Cleve im Jahre 1525 zwei Verordnungen erlieſs, daſs keine neue Schlachten (Wehre) angelegt werden dürften. Alle die seit Menschengedenken gegründet, sollen weggeräumt, die über Menschengedenken nicht höher als das Wasser, wie es in seinen Ufern steht, gehalten werden. Diese der Industrie feindliche Verordnung wurde aber wohl nicht strenge durchgeführt, denn die Zahl der Anlagen nahm im Laufe des Jahrhunderts immer zu. Auch war der Herzog sehr besorgt, den Altenaer Drahthandel zu fördern. Als im Frühjahr 1518 die Stadt Altena durch eine Feuersbrunst zerstört worden war, gab er, um dem Orte wieder aufzuhelfen, den Befehl, daſs kein Drahtzieher von Altena sich wegbegeben sollte, um an einem andern Ort das Handwerk zu treiben. „Im Jahre 1574 ist die Nette verbrannt“, schreibt der Chronist, also standen die Drahtwerke an der Stelle bereits so dicht, daſs eine ausgedehnte Feuersbrunst entstehen konnte.
1) Besonders bei Lüdenscheid und Rade an der Volme.
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oberen Rhamede, besonders aber an der Volme an. Eine alte Straſse
ging von Betzdorf über Meinertzhagen nach Dortmund. Auf dieser
kam das Roheisen von Sayn-Altenkirchen. In Kierspe und Halver,
welche an dieser Straſse liegen, wurde schon im 15. Jahrhundert
Osemund geschmiedet, jedenfalls auf Hämmern, die an der benachbarten
Volme lagen. Um Lüdenscheid wurde aus diesem der grobe Draht
fabriziert, und zwar wurde derselbe damals noch geschmiedet, nicht
gezogen. Um Altena und Iserlohn entstanden dagegen im 16. Jahr-
hundert zahlreiche mechanische Drahtzüge. Zwischen den drei be-
nachbarten Städten Lüdenscheid, Altena und Iserlohn, welche die
alten Sitze der märkischen „Drahtfabrik“ waren, trat schon früh eine
Teilung in der Fabrikation ein, die sich in der weiteren Entwickelung
immer schärfer abgrenzte. Lüdenscheid, in dessen Nähe die meisten
Osmundhämmer lagen, machte die groben Sorten, Altena, welches
über die meisten Gefälle verfügte, die mittleren, gangbarsten, Iserlohn,
welches viel Draht verarbeitete, die feinsten Sorten. Doch gab es da-
mals noch keine Winnenscheiben daselbst, und man muſste den feinsten
Draht noch von auswärts, namentlich von Aachen beziehen. Zu jener
Zeit wurde der Draht wohl noch ausschlieſslich mit Zangen gezogen.
Es entstanden in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts
so viele Drahtzüge und Hammerwerke mit Wasserbetrieb, daſs die
Fischerei darunter Not litt, weshalb Herzog Johann von Cleve im
Jahre 1525 zwei Verordnungen erlieſs, daſs keine neue Schlachten
(Wehre) angelegt werden dürften. Alle die seit Menschengedenken
gegründet, sollen weggeräumt, die über Menschengedenken nicht höher
als das Wasser, wie es in seinen Ufern steht, gehalten werden.
Diese der Industrie feindliche Verordnung wurde aber wohl nicht
strenge durchgeführt, denn die Zahl der Anlagen nahm im Laufe des
Jahrhunderts immer zu. Auch war der Herzog sehr besorgt, den
Altenaer Drahthandel zu fördern. Als im Frühjahr 1518 die Stadt
Altena durch eine Feuersbrunst zerstört worden war, gab er, um dem
Orte wieder aufzuhelfen, den Befehl, daſs kein Drahtzieher von Altena
sich wegbegeben sollte, um an einem andern Ort das Handwerk zu
treiben. „Im Jahre 1574 ist die Nette verbrannt“, schreibt der
Chronist, also standen die Drahtwerke an der Stelle bereits so dicht,
daſs eine ausgedehnte Feuersbrunst entstehen konnte.
1) Besonders bei Lüdenscheid und Rade an der Volme.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 821. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/841>, abgerufen am 22.11.2024.
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