venetianische Gesandte Bavarin, König Heinrich habe Kanonenzeug um die Hölle einzunehmen.
Den besten Einblick gewährt das Inventar, welches im ersten Jahre der Regierung Eduards VI. 1547 über das hinterlassene Ver- mögen König Heinrichs VIII. aufgenommen wurde, insbesondere über die Waffen und Kriegsgeräte in den Zeughäusern zu Westminster, dem Tower und zu Greenwich 1). Danach waren von den Kanonen im Tower 64 von Bronze und 351 von Eisen. Auf einer sonderbaren Bronzekanone mit drei nebeneinander liegenden, aber in einem Stück gegossenen Rohre Heinrichs VIII. steht die Inschrift "Petrvs Bavde Gallus operis artifex". Dieser Peter Baude (Bawde) aus Frank- reich war der berühmteste Geschützgiesser des Königs, welcher auf die Entwickelung der Stückgiesserei in England den grössten Einfluss gehabt hat. Aber er war durchaus nicht der einzige ausländische Kunstgiesser, den Heinrich in seine Dienste gezogen hatte. Neben ihm werden genannt Arcanus de Arcanis von Cesena in Italien und Peter van Collen (Köln), welche den Engländern ihre Kunst lehrten. Von englischen Künstlern werden genannt die Owens, Huggets, Walker (der Heinrichs VIII. Grabmal machte), Her- bert, Lowyn, Symondo, Norton, Levelt, Johnson und andere, welche später sowohl eiserne als bronzene Kanonen und Büchsen überall im Reiche machten.
Der erstgenannte Peter Baude goss schon 1525 zu Hounds- ditsch Bronzekanonen für den König. Aber erst 1543 wurden die ersten gusseisernen Kanonen in England gegossen. Ein alter eng- lischer Reim sagt:
Master Hugget and his man John They did cast the first cannon,
und zwar soll dies geschehen sein zu Buchsted (Buckstead, Buxted, Buxtead) in Sussex 1543.
Ob den Genannten oder dem Peter Baude, wie meistens an- genommen wird, aber wirklich dieser Ruhm gebührt, ist nicht ganz klar. Es liegt eine Rechnung vor von 1516, wonach eine Zahlung von 33 Pfd. Sterl. 6 Sh. 8 P. an John Rutter von London geleistet wird für Miete sowie Zerstörung und Schaden an einem ihm ge- hörigen Gebäude, in welchem des Königs grosse Kanone "Basiliscus" gegossen worden war, also wurden schon vor P. Baude Geschütze
1) Siehe Arms and armour at Westminster, the Tower and Greenwich 1547 by H. A. Dillon, Archaeologica, Bd LI, S. 219.
England.
venetianische Gesandte Bavarin, König Heinrich habe Kanonenzeug um die Hölle einzunehmen.
Den besten Einblick gewährt das Inventar, welches im ersten Jahre der Regierung Eduards VI. 1547 über das hinterlassene Ver- mögen König Heinrichs VIII. aufgenommen wurde, insbesondere über die Waffen und Kriegsgeräte in den Zeughäusern zu Westminster, dem Tower und zu Greenwich 1). Danach waren von den Kanonen im Tower 64 von Bronze und 351 von Eisen. Auf einer sonderbaren Bronzekanone mit drei nebeneinander liegenden, aber in einem Stück gegossenen Rohre Heinrichs VIII. steht die Inschrift „Petrvs Bavde Gallus operis artifex“. Dieser Peter Baude (Bawde) aus Frank- reich war der berühmteste Geschützgieſser des Königs, welcher auf die Entwickelung der Stückgieſserei in England den gröſsten Einfluſs gehabt hat. Aber er war durchaus nicht der einzige ausländische Kunstgieſser, den Heinrich in seine Dienste gezogen hatte. Neben ihm werden genannt Arcanus de Arcanis von Cesena in Italien und Peter van Collen (Köln), welche den Engländern ihre Kunst lehrten. Von englischen Künstlern werden genannt die Owens, Huggets, Walker (der Heinrichs VIII. Grabmal machte), Her- bert, Lowyn, Symondo, Norton, Levelt, Johnson und andere, welche später sowohl eiserne als bronzene Kanonen und Büchsen überall im Reiche machten.
Der erstgenannte Peter Baude goſs schon 1525 zu Hounds- ditsch Bronzekanonen für den König. Aber erst 1543 wurden die ersten guſseisernen Kanonen in England gegossen. Ein alter eng- lischer Reim sagt:
Master Hugget and his man John They did cast the first cannon,
und zwar soll dies geschehen sein zu Buchsted (Buckstead, Buxted, Buxtead) in Sussex 1543.
Ob den Genannten oder dem Peter Baude, wie meistens an- genommen wird, aber wirklich dieser Ruhm gebührt, ist nicht ganz klar. Es liegt eine Rechnung vor von 1516, wonach eine Zahlung von 33 Pfd. Sterl. 6 Sh. 8 P. an John Rutter von London geleistet wird für Miete sowie Zerstörung und Schaden an einem ihm ge- hörigen Gebäude, in welchem des Königs groſse Kanone „Basiliscus“ gegossen worden war, also wurden schon vor P. Baude Geschütze
1) Siehe Arms and armour at Westminster, the Tower and Greenwich 1547 by H. A. Dillon, Archaeologica, Bd LI, S. 219.
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England.
venetianische Gesandte Bavarin, König Heinrich habe Kanonenzeug
um die Hölle einzunehmen.
Den besten Einblick gewährt das Inventar, welches im ersten
Jahre der Regierung Eduards VI. 1547 über das hinterlassene Ver-
mögen König Heinrichs VIII. aufgenommen wurde, insbesondere über
die Waffen und Kriegsgeräte in den Zeughäusern zu Westminster,
dem Tower und zu Greenwich 1). Danach waren von den Kanonen
im Tower 64 von Bronze und 351 von Eisen. Auf einer sonderbaren
Bronzekanone mit drei nebeneinander liegenden, aber in einem Stück
gegossenen Rohre Heinrichs VIII. steht die Inschrift „Petrvs Bavde
Gallus operis artifex“. Dieser Peter Baude (Bawde) aus Frank-
reich war der berühmteste Geschützgieſser des Königs, welcher auf
die Entwickelung der Stückgieſserei in England den gröſsten Einfluſs
gehabt hat. Aber er war durchaus nicht der einzige ausländische
Kunstgieſser, den Heinrich in seine Dienste gezogen hatte. Neben
ihm werden genannt Arcanus de Arcanis von Cesena in Italien
und Peter van Collen (Köln), welche den Engländern ihre Kunst
lehrten. Von englischen Künstlern werden genannt die Owens,
Huggets, Walker (der Heinrichs VIII. Grabmal machte), Her-
bert, Lowyn, Symondo, Norton, Levelt, Johnson und andere,
welche später sowohl eiserne als bronzene Kanonen und Büchsen
überall im Reiche machten.
Der erstgenannte Peter Baude goſs schon 1525 zu Hounds-
ditsch Bronzekanonen für den König. Aber erst 1543 wurden die
ersten guſseisernen Kanonen in England gegossen. Ein alter eng-
lischer Reim sagt:
Master Hugget and his man John
They did cast the first cannon,
und zwar soll dies geschehen sein zu Buchsted (Buckstead, Buxted,
Buxtead) in Sussex 1543.
Ob den Genannten oder dem Peter Baude, wie meistens an-
genommen wird, aber wirklich dieser Ruhm gebührt, ist nicht ganz
klar. Es liegt eine Rechnung vor von 1516, wonach eine Zahlung
von 33 Pfd. Sterl. 6 Sh. 8 P. an John Rutter von London geleistet
wird für Miete sowie Zerstörung und Schaden an einem ihm ge-
hörigen Gebäude, in welchem des Königs groſse Kanone „Basiliscus“
gegossen worden war, also wurden schon vor P. Baude Geschütze
1) Siehe Arms and armour at Westminster, the Tower and Greenwich 1547
by H. A. Dillon, Archaeologica, Bd LI, S. 219.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 887. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/907>, abgerufen am 22.11.2024.
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