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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert.
Ansehen beim Landgrafen, und das war um so bedauerlicher, als
alles zum Bau einer Dampfmaschine, welche an Leistungsfähigkeit
seine früheren Modelle übertreffen musste, eingeleitet war. Da kamen
die ersten Nachrichten von Saverys Maschine nach Deutschland.
Leibniz schickte 1705 eine Zeichnung davon. Alsbald bekam Papin
vom Landgrafen den Auftrag, eine Dampfmaschine zum Betrieb
einer Mahlmühle zu konstruieren, d. h. eine Dampfpumpe, welche das
Wasser in die Höhe heben sollte, um ein Mühlrad damit zu betreiben.
Papin kombinierte in genialer Weise seine Idee mit der Saverys.
1707 veröffentlichte Papin Zeichnung und Beschreibung seiner
Maschine durch den Druck 1). Sie enthält die Konstruktion der
ersten Hochdruck-Dampfmaschine, dazu bestimmt, Wasser zu pumpen,
eine Kritik der Maschine Saverys und Betrachtung und Berechnung
der Wirkungsweise und Wirkungsfähigkeit der Maschine. Leibniz
nahm das lebhafteste Interesse an der Sache, korrespondierte eifrig
mit Papin und machte Verbesserungsvorschläge.

Die Maschine wurde fertiggestellt und in Gegenwart des Land-
grafen probiert. Die Probe fiel nicht gut aus, weil das Steigrohr,
welches die fürstlichen Handwerker angefertigt hatten, schlecht ge-
arbeitet war; dennoch hob man 300 kg Wasser 70 Fuss hoch. Der
Landgraf erklärte sich befriedigt, sein Interesse für die Maschine
hatte aber sehr abgenommen. Papin war in Verzweiflung und
reichte seine Entlassung ein, welche angenommen wurde. Er packte
seine Apparate und Modelle zusammen und schiffte sich mit den-
selben auf dem von ihm selbst erbauten kleinen Schiffe nach Eng-
land ein. Es war dies ein Boot mit Ruderrädern 2), mit dem Papin
noch vor seiner Abreise sehr gelungene Versuche vor dem Land-
grafen ausführte. Er wollte die Räder später durch seine Dampf-
maschine treiben lassen. Damals aber und bei seiner Fahrt die
Fulda hinab wurden die Schaufelräder noch nicht mit der Dampf-
maschine getrieben, wie dies irrthümlich in den meisten Büchern sich
angegeben findet. Bekanntlich weigerte die Schiffergilde in Münden
Papin die Durchfahrt, und da er sie erzwingen wollte, zerschlugen

1) Ars nova ad aquam ignis adminiculo efficacissime elevandam auctore
Dionysio Papin, Med. Doct. Mathes. Profess. Publ. Marburgensi, Consulario
Hassiaco etc. in Kassel und Frankfurt in französischer und lateinischer Sprache
gedruckt.
2) Die Idee, Schiffe mit Schaufelrädern statt mit Rudern zu bewegen, hatte
Savery schon früher gehabt und 1696 ein Patent darauf genommen. 1698 hatte
er seine Erfindung beschrieben und veröffentlicht in einer Schrift: Navigation
improved or the art of rowing ships of all rates in calms etc.

Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert.
Ansehen beim Landgrafen, und das war um so bedauerlicher, als
alles zum Bau einer Dampfmaschine, welche an Leistungsfähigkeit
seine früheren Modelle übertreffen muſste, eingeleitet war. Da kamen
die ersten Nachrichten von Saverys Maschine nach Deutschland.
Leibniz schickte 1705 eine Zeichnung davon. Alsbald bekam Papin
vom Landgrafen den Auftrag, eine Dampfmaschine zum Betrieb
einer Mahlmühle zu konstruieren, d. h. eine Dampfpumpe, welche das
Wasser in die Höhe heben sollte, um ein Mühlrad damit zu betreiben.
Papin kombinierte in genialer Weise seine Idee mit der Saverys.
1707 veröffentlichte Papin Zeichnung und Beschreibung seiner
Maschine durch den Druck 1). Sie enthält die Konstruktion der
ersten Hochdruck-Dampfmaschine, dazu bestimmt, Wasser zu pumpen,
eine Kritik der Maschine Saverys und Betrachtung und Berechnung
der Wirkungsweise und Wirkungsfähigkeit der Maschine. Leibniz
nahm das lebhafteste Interesse an der Sache, korrespondierte eifrig
mit Papin und machte Verbesserungsvorschläge.

Die Maschine wurde fertiggestellt und in Gegenwart des Land-
grafen probiert. Die Probe fiel nicht gut aus, weil das Steigrohr,
welches die fürstlichen Handwerker angefertigt hatten, schlecht ge-
arbeitet war; dennoch hob man 300 kg Wasser 70 Fuſs hoch. Der
Landgraf erklärte sich befriedigt, sein Interesse für die Maschine
hatte aber sehr abgenommen. Papin war in Verzweiflung und
reichte seine Entlassung ein, welche angenommen wurde. Er packte
seine Apparate und Modelle zusammen und schiffte sich mit den-
selben auf dem von ihm selbst erbauten kleinen Schiffe nach Eng-
land ein. Es war dies ein Boot mit Ruderrädern 2), mit dem Papin
noch vor seiner Abreise sehr gelungene Versuche vor dem Land-
grafen ausführte. Er wollte die Räder später durch seine Dampf-
maschine treiben lassen. Damals aber und bei seiner Fahrt die
Fulda hinab wurden die Schaufelräder noch nicht mit der Dampf-
maschine getrieben, wie dies irrthümlich in den meisten Büchern sich
angegeben findet. Bekanntlich weigerte die Schiffergilde in Münden
Papin die Durchfahrt, und da er sie erzwingen wollte, zerschlugen

1) Ars nova ad aquam ignis adminiculo efficacissime elevandam auctore
Dionysio Papin, Med. Doct. Mathes. Profess. Publ. Marburgensi, Consulario
Haſsiaco etc. in Kassel und Frankfurt in französischer und lateinischer Sprache
gedruckt.
2) Die Idee, Schiffe mit Schaufelrädern statt mit Rudern zu bewegen, hatte
Savery schon früher gehabt und 1696 ein Patent darauf genommen. 1698 hatte
er seine Erfindung beschrieben und veröffentlicht in einer Schrift: Navigation
improved or the art of rowing ships of all rates in calms etc.
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[930/0952] Die Dampfmaschine im 17. Jahrhundert. Ansehen beim Landgrafen, und das war um so bedauerlicher, als alles zum Bau einer Dampfmaschine, welche an Leistungsfähigkeit seine früheren Modelle übertreffen muſste, eingeleitet war. Da kamen die ersten Nachrichten von Saverys Maschine nach Deutschland. Leibniz schickte 1705 eine Zeichnung davon. Alsbald bekam Papin vom Landgrafen den Auftrag, eine Dampfmaschine zum Betrieb einer Mahlmühle zu konstruieren, d. h. eine Dampfpumpe, welche das Wasser in die Höhe heben sollte, um ein Mühlrad damit zu betreiben. Papin kombinierte in genialer Weise seine Idee mit der Saverys. 1707 veröffentlichte Papin Zeichnung und Beschreibung seiner Maschine durch den Druck 1). Sie enthält die Konstruktion der ersten Hochdruck-Dampfmaschine, dazu bestimmt, Wasser zu pumpen, eine Kritik der Maschine Saverys und Betrachtung und Berechnung der Wirkungsweise und Wirkungsfähigkeit der Maschine. Leibniz nahm das lebhafteste Interesse an der Sache, korrespondierte eifrig mit Papin und machte Verbesserungsvorschläge. Die Maschine wurde fertiggestellt und in Gegenwart des Land- grafen probiert. Die Probe fiel nicht gut aus, weil das Steigrohr, welches die fürstlichen Handwerker angefertigt hatten, schlecht ge- arbeitet war; dennoch hob man 300 kg Wasser 70 Fuſs hoch. Der Landgraf erklärte sich befriedigt, sein Interesse für die Maschine hatte aber sehr abgenommen. Papin war in Verzweiflung und reichte seine Entlassung ein, welche angenommen wurde. Er packte seine Apparate und Modelle zusammen und schiffte sich mit den- selben auf dem von ihm selbst erbauten kleinen Schiffe nach Eng- land ein. Es war dies ein Boot mit Ruderrädern 2), mit dem Papin noch vor seiner Abreise sehr gelungene Versuche vor dem Land- grafen ausführte. Er wollte die Räder später durch seine Dampf- maschine treiben lassen. Damals aber und bei seiner Fahrt die Fulda hinab wurden die Schaufelräder noch nicht mit der Dampf- maschine getrieben, wie dies irrthümlich in den meisten Büchern sich angegeben findet. Bekanntlich weigerte die Schiffergilde in Münden Papin die Durchfahrt, und da er sie erzwingen wollte, zerschlugen 1) Ars nova ad aquam ignis adminiculo efficacissime elevandam auctore Dionysio Papin, Med. Doct. Mathes. Profess. Publ. Marburgensi, Consulario Haſsiaco etc. in Kassel und Frankfurt in französischer und lateinischer Sprache gedruckt. 2) Die Idee, Schiffe mit Schaufelrädern statt mit Rudern zu bewegen, hatte Savery schon früher gehabt und 1696 ein Patent darauf genommen. 1698 hatte er seine Erfindung beschrieben und veröffentlicht in einer Schrift: Navigation improved or the art of rowing ships of all rates in calms etc.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 930. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/952>, abgerufen am 01.07.2024.