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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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England.
Haufen (Piles) von 11 bis 12 Zoll zusammengelegt und in Schweiss-
öfen oder Herden geschweisst1).

Carron hatte fünf Hochöfen, der Zutritt zu dem Werk war aber
jedermann strengstens verboten, doch war es durchaus nicht mehr
das grösste oder wichtigste Werk in Grossbritannien.

Wilsontown, ein grosses Eisenwerk zwei bis drei schwedische
Meilen von Edinburg, war ein ganz neues Werk, welches Ende des
Jahrhunderts für 100000 £ erbaut worden war und nach schwedischer
Art arbeiten sollte, was sich aber nicht rentierte, weshalb dann ein
grosses Puddelwerk angelegt wurde.

Das Eisenwerk Clyde war nach Carron das grösste Werk in
Schottland. Es hatte drei Hochöfen und verschiedene Gussflamm-
und Kupoloöfen; man machte hier kein Stabeisen, sondern nur gute
Kanonen und alle Sorten von feinen und groben Gusswaren. Das
Gebläse für die drei Hochöfen wurde von einer Dampfmaschine von
55 Pferdekräften getrieben. Hierbei war nur der Regulator bemerkens-
wert, welcher aus drei grossen Cylindern bestand, die in einem einige
Fuss hohen Bassin mit Wasser standen. Der zuletzt gebaute Hoch-
ofen war 38 Fuss hoch, in der Gicht 3 Fuss, im Bauch 11 Fuss 9 Zoll
und am Schluss des Gestelles, welches 8 Fuss hoch war, 2 Fuss 6 Zoll
weit. Der Kernschacht war aus feuerfesten Ziegeln erbaut und durch
eine Luftschicht vom Rauhgemäuer getrennt. Letzteres hatte am
Boden einen Sockel von 30 Fuss im Quadrat, war aber höher hinauf
rund und hatte an der Gicht 12 Fuss Durchmesser. Das Äussere,
sowie das Gestell selbst waren ganz von gehauenen Steinen aufgeführt.
Wenn man bestes graues Roheisen für Kanonen machte, betrug die
wöchentliche Produktion nur 25 Tonnen. Die Kanonenbohr- und
Drehvorrichtung wurde durch eine kleine Dampfmaschine getrieben;
vier Kanonen konnten auf einmal gebohrt werden. Das Abdrehen
besorgte ein Knabe mit der Hand. Das Roheisen war ungewöhnlich
fein und dicht, dabei so weich, dass man es wie Schmiedeeisen feilen
konnte2).

Zum Schluss teilen wir (a. S. 1100) noch einige Bemerkungen aus
Bonnards, des Reisegefährten Svedenstjernas, Bericht über den
englischen Puddelprozess mit, die sich hauptsächlich auf den Stein-
kohlen-Hüttenbetrieb zu Merthyr-Tydwill und Coalbrookdale beziehen.


1) Näheres, namentlich über das Ausschmieden der Spatenblätter, siehe a. a. O.,
S. 144.
2) Siehe weitere Nachrichten über das Kanonenbohren auf der Clydehütte,
a. a. O., S. 161.

England.
Haufen (Piles) von 11 bis 12 Zoll zusammengelegt und in Schweiſs-
öfen oder Herden geschweiſst1).

Carron hatte fünf Hochöfen, der Zutritt zu dem Werk war aber
jedermann strengstens verboten, doch war es durchaus nicht mehr
das gröſste oder wichtigste Werk in Groſsbritannien.

Wilsontown, ein groſses Eisenwerk zwei bis drei schwedische
Meilen von Edinburg, war ein ganz neues Werk, welches Ende des
Jahrhunderts für 100000 £ erbaut worden war und nach schwedischer
Art arbeiten sollte, was sich aber nicht rentierte, weshalb dann ein
groſses Puddelwerk angelegt wurde.

Das Eisenwerk Clyde war nach Carron das gröſste Werk in
Schottland. Es hatte drei Hochöfen und verschiedene Guſsflamm-
und Kupoloöfen; man machte hier kein Stabeisen, sondern nur gute
Kanonen und alle Sorten von feinen und groben Guſswaren. Das
Gebläse für die drei Hochöfen wurde von einer Dampfmaschine von
55 Pferdekräften getrieben. Hierbei war nur der Regulator bemerkens-
wert, welcher aus drei groſsen Cylindern bestand, die in einem einige
Fuſs hohen Bassin mit Wasser standen. Der zuletzt gebaute Hoch-
ofen war 38 Fuſs hoch, in der Gicht 3 Fuſs, im Bauch 11 Fuſs 9 Zoll
und am Schluſs des Gestelles, welches 8 Fuſs hoch war, 2 Fuſs 6 Zoll
weit. Der Kernschacht war aus feuerfesten Ziegeln erbaut und durch
eine Luftschicht vom Rauhgemäuer getrennt. Letzteres hatte am
Boden einen Sockel von 30 Fuſs im Quadrat, war aber höher hinauf
rund und hatte an der Gicht 12 Fuſs Durchmesser. Das Äuſsere,
sowie das Gestell selbst waren ganz von gehauenen Steinen aufgeführt.
Wenn man bestes graues Roheisen für Kanonen machte, betrug die
wöchentliche Produktion nur 25 Tonnen. Die Kanonenbohr- und
Drehvorrichtung wurde durch eine kleine Dampfmaschine getrieben;
vier Kanonen konnten auf einmal gebohrt werden. Das Abdrehen
besorgte ein Knabe mit der Hand. Das Roheisen war ungewöhnlich
fein und dicht, dabei so weich, daſs man es wie Schmiedeeisen feilen
konnte2).

Zum Schluſs teilen wir (a. S. 1100) noch einige Bemerkungen aus
Bonnards, des Reisegefährten Svedenstjernas, Bericht über den
englischen Puddelprozeſs mit, die sich hauptsächlich auf den Stein-
kohlen-Hüttenbetrieb zu Merthyr-Tydwill und Coalbrookdale beziehen.


1) Näheres, namentlich über das Ausschmieden der Spatenblätter, siehe a. a. O.,
S. 144.
2) Siehe weitere Nachrichten über das Kanonenbohren auf der Clydehütte,
a. a. O., S. 161.
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[1097/1111] England. Haufen (Piles) von 11 bis 12 Zoll zusammengelegt und in Schweiſs- öfen oder Herden geschweiſst 1). Carron hatte fünf Hochöfen, der Zutritt zu dem Werk war aber jedermann strengstens verboten, doch war es durchaus nicht mehr das gröſste oder wichtigste Werk in Groſsbritannien. Wilsontown, ein groſses Eisenwerk zwei bis drei schwedische Meilen von Edinburg, war ein ganz neues Werk, welches Ende des Jahrhunderts für 100000 £ erbaut worden war und nach schwedischer Art arbeiten sollte, was sich aber nicht rentierte, weshalb dann ein groſses Puddelwerk angelegt wurde. Das Eisenwerk Clyde war nach Carron das gröſste Werk in Schottland. Es hatte drei Hochöfen und verschiedene Guſsflamm- und Kupoloöfen; man machte hier kein Stabeisen, sondern nur gute Kanonen und alle Sorten von feinen und groben Guſswaren. Das Gebläse für die drei Hochöfen wurde von einer Dampfmaschine von 55 Pferdekräften getrieben. Hierbei war nur der Regulator bemerkens- wert, welcher aus drei groſsen Cylindern bestand, die in einem einige Fuſs hohen Bassin mit Wasser standen. Der zuletzt gebaute Hoch- ofen war 38 Fuſs hoch, in der Gicht 3 Fuſs, im Bauch 11 Fuſs 9 Zoll und am Schluſs des Gestelles, welches 8 Fuſs hoch war, 2 Fuſs 6 Zoll weit. Der Kernschacht war aus feuerfesten Ziegeln erbaut und durch eine Luftschicht vom Rauhgemäuer getrennt. Letzteres hatte am Boden einen Sockel von 30 Fuſs im Quadrat, war aber höher hinauf rund und hatte an der Gicht 12 Fuſs Durchmesser. Das Äuſsere, sowie das Gestell selbst waren ganz von gehauenen Steinen aufgeführt. Wenn man bestes graues Roheisen für Kanonen machte, betrug die wöchentliche Produktion nur 25 Tonnen. Die Kanonenbohr- und Drehvorrichtung wurde durch eine kleine Dampfmaschine getrieben; vier Kanonen konnten auf einmal gebohrt werden. Das Abdrehen besorgte ein Knabe mit der Hand. Das Roheisen war ungewöhnlich fein und dicht, dabei so weich, daſs man es wie Schmiedeeisen feilen konnte 2). Zum Schluſs teilen wir (a. S. 1100) noch einige Bemerkungen aus Bonnards, des Reisegefährten Svedenstjernas, Bericht über den englischen Puddelprozeſs mit, die sich hauptsächlich auf den Stein- kohlen-Hüttenbetrieb zu Merthyr-Tydwill und Coalbrookdale beziehen. 1) Näheres, namentlich über das Ausschmieden der Spatenblätter, siehe a. a. O., S. 144. 2) Siehe weitere Nachrichten über das Kanonenbohren auf der Clydehütte, a. a. O., S. 161.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1097. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1111>, abgerufen am 21.11.2024.