des späteren grossen Reichtums der berühmten Familie Demidoff. Nikita Demidoff hatte sich aber noch anderweitige Verdienste um die russische Eisenindustrie erworben. Peter der Grosse hatte in Tula eine kaiserliche Waffenfabrik gegründet und dieselbe an Narischkin verpachtet unter der Bedingung, jährlich eine bestimmte Quantität Waffen an die Artillerie zu liefern. Narischkin war säumig in seinen Lieferungen und teurer, und Nikita Demidoff, der 1701 selbst eine Waffenfabrik in Tula gegründet hatte, lieferte besser und billiger: dafür belohnte ihn der Kaiser mit zahlreichen Krongütern. Nikita war der Sohn eines Schmieds, Demid Demiditsch oder Demidoff.
Zar Peter war besonders bestrebt, die Waffen für seine Truppen, welche vordem aus dem Auslande, namentlich von den Hanseaten und Holländern bezogen werden mussten, im eigenen Lande zu machen. Zu diesem Zweck übernahm er die grosse Kanonen- und Munitions- giesserei zu Petrosawodsk, welche an einen gewissen Rosenbusch verpachtet gewesen war, wieder in staatliche Verwaltung. Ferner wurden Eisengiessereien und Waffenfabriken in Werchotur und Tobolsk angelegt, um Kanonen, Flinten und Granaten anzufertigen.
Die uralischen Hütten wurden 1700 der sibirischen Gouvernements- regierung zu Tobolsk unterstellt. Bald wurde es aber nötig, ein beson- deres sibirisches Oberbergamt zu gründen mit dem Sitz in Katha- rinenburg (1711 bis 1781). Da es den neugegründeten Hüttenwerken an Arbeitern mangelte, so wurden die verbannten Raskolniken (Sek- tierer) denselben zugeteilt.
Der erste Chef des sibirischen Oberbergamtes war ein Herr von Hennin oder Henning, der später General wurde. Wilhelm von Hennin, von Geburt ein Deutscher, war Artillerieoffizier und einer der Reisebegleiter des Zaren gewesen und hatte sich so viele mine- ralogische und hüttenmännische Kenntnisse erworben, dass er mit grossem Erfolge sein Amt verwaltete und die sibirische Montanindustrie wesentlich förderte. Er hat die später Jekatharinenburg genannte Stadt erbaut und in derselben 1723 fast alle Arten von Eisenfabriken angelegt, zu welchem Zweck er auf seinen Reisen (1719) verschiedene deutsche Meister angeworben hatte. Die grossen Erfolge des uralischen Bergbaues erweckten die Bergbaulust in ganz Russland. -- Diese wurde befördert durch eine in Jekatharinenburg errichtete Bergschule.
Henning gründete nach seiner Rückkehr aus Deutschland die Eisenwerke von Olonetz, wurde dann Gouverneur aller Bergwerke im Ural, erbaute das Wech-Istetsky-Werk an der Uktusk und führte zu Kamensk Verbesserungen ein. 1726/27 lieferte dieses Werk 140000
Ruſsland.
des späteren groſsen Reichtums der berühmten Familie Demidoff. Nikita Demidoff hatte sich aber noch anderweitige Verdienste um die russische Eisenindustrie erworben. Peter der Groſse hatte in Tula eine kaiserliche Waffenfabrik gegründet und dieselbe an Narischkin verpachtet unter der Bedingung, jährlich eine bestimmte Quantität Waffen an die Artillerie zu liefern. Narischkin war säumig in seinen Lieferungen und teurer, und Nikita Demidoff, der 1701 selbst eine Waffenfabrik in Tula gegründet hatte, lieferte besser und billiger: dafür belohnte ihn der Kaiser mit zahlreichen Krongütern. Nikita war der Sohn eines Schmieds, Demid Demiditsch oder Demidoff.
Zar Peter war besonders bestrebt, die Waffen für seine Truppen, welche vordem aus dem Auslande, namentlich von den Hanseaten und Holländern bezogen werden muſsten, im eigenen Lande zu machen. Zu diesem Zweck übernahm er die groſse Kanonen- und Munitions- gieſserei zu Petrosawodsk, welche an einen gewissen Rosenbusch verpachtet gewesen war, wieder in staatliche Verwaltung. Ferner wurden Eisengieſsereien und Waffenfabriken in Werchotur und Tobolsk angelegt, um Kanonen, Flinten und Granaten anzufertigen.
Die uralischen Hütten wurden 1700 der sibirischen Gouvernements- regierung zu Tobolsk unterstellt. Bald wurde es aber nötig, ein beson- deres sibirisches Oberbergamt zu gründen mit dem Sitz in Katha- rinenburg (1711 bis 1781). Da es den neugegründeten Hüttenwerken an Arbeitern mangelte, so wurden die verbannten Raskolniken (Sek- tierer) denselben zugeteilt.
Der erste Chef des sibirischen Oberbergamtes war ein Herr von Hennin oder Henning, der später General wurde. Wilhelm von Hennin, von Geburt ein Deutscher, war Artillerieoffizier und einer der Reisebegleiter des Zaren gewesen und hatte sich so viele mine- ralogische und hüttenmännische Kenntnisse erworben, daſs er mit groſsem Erfolge sein Amt verwaltete und die sibirische Montanindustrie wesentlich förderte. Er hat die später Jekatharinenburg genannte Stadt erbaut und in derselben 1723 fast alle Arten von Eisenfabriken angelegt, zu welchem Zweck er auf seinen Reisen (1719) verschiedene deutsche Meister angeworben hatte. Die groſsen Erfolge des uralischen Bergbaues erweckten die Bergbaulust in ganz Ruſsland. — Diese wurde befördert durch eine in Jekatharinenburg errichtete Bergschule.
Henning gründete nach seiner Rückkehr aus Deutschland die Eisenwerke von Olonetz, wurde dann Gouverneur aller Bergwerke im Ural, erbaute das Wech-Istetsky-Werk an der Uktusk und führte zu Kamensk Verbesserungen ein. 1726/27 lieferte dieses Werk 140000
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des späteren groſsen Reichtums der berühmten Familie Demidoff.
Nikita Demidoff hatte sich aber noch anderweitige Verdienste um
die russische Eisenindustrie erworben. Peter der Groſse hatte in Tula
eine kaiserliche Waffenfabrik gegründet und dieselbe an Narischkin
verpachtet unter der Bedingung, jährlich eine bestimmte Quantität
Waffen an die Artillerie zu liefern. Narischkin war säumig in seinen
Lieferungen und teurer, und Nikita Demidoff, der 1701 selbst eine
Waffenfabrik in Tula gegründet hatte, lieferte besser und billiger:
dafür belohnte ihn der Kaiser mit zahlreichen Krongütern. Nikita
war der Sohn eines Schmieds, Demid Demiditsch oder Demidoff.
Zar Peter war besonders bestrebt, die Waffen für seine Truppen,
welche vordem aus dem Auslande, namentlich von den Hanseaten
und Holländern bezogen werden muſsten, im eigenen Lande zu machen.
Zu diesem Zweck übernahm er die groſse Kanonen- und Munitions-
gieſserei zu Petrosawodsk, welche an einen gewissen Rosenbusch
verpachtet gewesen war, wieder in staatliche Verwaltung. Ferner
wurden Eisengieſsereien und Waffenfabriken in Werchotur und
Tobolsk angelegt, um Kanonen, Flinten und Granaten anzufertigen.
Die uralischen Hütten wurden 1700 der sibirischen Gouvernements-
regierung zu Tobolsk unterstellt. Bald wurde es aber nötig, ein beson-
deres sibirisches Oberbergamt zu gründen mit dem Sitz in Katha-
rinenburg (1711 bis 1781). Da es den neugegründeten Hüttenwerken
an Arbeitern mangelte, so wurden die verbannten Raskolniken (Sek-
tierer) denselben zugeteilt.
Der erste Chef des sibirischen Oberbergamtes war ein Herr von
Hennin oder Henning, der später General wurde. Wilhelm von
Hennin, von Geburt ein Deutscher, war Artillerieoffizier und einer
der Reisebegleiter des Zaren gewesen und hatte sich so viele mine-
ralogische und hüttenmännische Kenntnisse erworben, daſs er mit
groſsem Erfolge sein Amt verwaltete und die sibirische Montanindustrie
wesentlich förderte. Er hat die später Jekatharinenburg genannte
Stadt erbaut und in derselben 1723 fast alle Arten von Eisenfabriken
angelegt, zu welchem Zweck er auf seinen Reisen (1719) verschiedene
deutsche Meister angeworben hatte. Die groſsen Erfolge des uralischen
Bergbaues erweckten die Bergbaulust in ganz Ruſsland. — Diese wurde
befördert durch eine in Jekatharinenburg errichtete Bergschule.
Henning gründete nach seiner Rückkehr aus Deutschland die
Eisenwerke von Olonetz, wurde dann Gouverneur aller Bergwerke
im Ural, erbaute das Wech-Istetsky-Werk an der Uktusk und führte
zu Kamensk Verbesserungen ein. 1726/27 lieferte dieses Werk 140000
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1138>, abgerufen am 21.11.2024.
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