der richtigen Organisation und Leitung. Die alte Bundesverfassung hatte hierüber keine Bestimmungen getroffen und der Kongress war den Einzelstaaten gegenüber rechtlos. Dies führte zu Unordnung und Rechtsunsicherheit. Die Staaten sahen ein, dass dieser Zustand unhaltbar und verderblich sei und beschlossen deshalb am 17. Sep- tember 1787 eine neue Verfassung, in welcher dem Generalgouver- nement die Macht eingeräumt wurde, den Handel zu regeln und Steuern und Zölle zu erheben. Am 4. März 1789 trat der erste auf Grund dieser neuen Konstitution gewählte Kongress unter der Präsident- schaft von George Washington zusammen. Von diesem Augen- blicke an begannen Handel und Industrie in Nordamerika aufzuleben. Die Schulden konnten reduziert werden. Eine Nationalbank mit einem Grundkapital von 10 Millionen Dollar wurde gegründet. Der Reich- tum der Vereinigten Staaten wuchs in erstaunlicher Weise.
1789 traten wieder normale Handelszustände ein. Roheisen kostete jetzt 30 Dollar und Schmiedeeisen 70 bis 80 Dollar die Tonne.
Neben der Nagelfabrikation war es besonders der Maschinenbau, der sich in Nordamerika in selbständiger und grossartiger Weise ent- wickelte. Schon im 17. Jahrhundert besass Nordamerika zahlreiche Sägemühlen, die 1633 von den Holländern eingeführt worden waren und hier bei dem grossen Holzreichtum rasch zu viel grösserer Be- deutung gelangten als in Europa. Ebenso fand die Dampfmaschine früh Anwendung in Amerika. 1756 wurden zuerst zwei englische Feuermaschinen am Passaic aufgestellt. 1772 hielt Christoph Colles bereits Vorträge über die Dampfmaschine und 1775 liess Colles den ersten Dampfcylinder in Amerika in der Giesserei von Sharp & Curtenius in New-York für das New-Yorker Wasserwerk giessen. Oliver Evans, der als der eigentliche Begründer des ame- rikanischen Maschinenbaues angesehen werden muss und der 1786 das amerikanische Mühlenwesen so erfolgreich reformierte, hatte sich schon 1785 mit der Konstruktion einer Hochdruckdampfmaschine be- schäftigt. 1786 bewarb er sich bei der Legislatur Pennsylvaniens um ein Patent auf einen Dampfwagen, dessen Maschine er mit Dampf von 10 Atmosphären Überdruck treiben wollte. Sein Projekt wurde damals für eine Chimäre gehalten und das Patent nicht erteilt 1). Er verfolgte aber seine Hochdruckmaschine und baute 1800 die erste brauchbare Maschine dieser Art. Sie diente zum Betriebe einer
1) Siehe Dingler, Polytechn. Journ. 1824, Bd. 13, p. 134.
Amerika.
der richtigen Organisation und Leitung. Die alte Bundesverfassung hatte hierüber keine Bestimmungen getroffen und der Kongreſs war den Einzelstaaten gegenüber rechtlos. Dies führte zu Unordnung und Rechtsunsicherheit. Die Staaten sahen ein, daſs dieser Zustand unhaltbar und verderblich sei und beschlossen deshalb am 17. Sep- tember 1787 eine neue Verfassung, in welcher dem Generalgouver- nement die Macht eingeräumt wurde, den Handel zu regeln und Steuern und Zölle zu erheben. Am 4. März 1789 trat der erste auf Grund dieser neuen Konstitution gewählte Kongreſs unter der Präsident- schaft von George Washington zusammen. Von diesem Augen- blicke an begannen Handel und Industrie in Nordamerika aufzuleben. Die Schulden konnten reduziert werden. Eine Nationalbank mit einem Grundkapital von 10 Millionen Dollar wurde gegründet. Der Reich- tum der Vereinigten Staaten wuchs in erstaunlicher Weise.
1789 traten wieder normale Handelszustände ein. Roheisen kostete jetzt 30 Dollar und Schmiedeeisen 70 bis 80 Dollar die Tonne.
Neben der Nagelfabrikation war es besonders der Maschinenbau, der sich in Nordamerika in selbständiger und groſsartiger Weise ent- wickelte. Schon im 17. Jahrhundert besaſs Nordamerika zahlreiche Sägemühlen, die 1633 von den Holländern eingeführt worden waren und hier bei dem groſsen Holzreichtum rasch zu viel gröſserer Be- deutung gelangten als in Europa. Ebenso fand die Dampfmaschine früh Anwendung in Amerika. 1756 wurden zuerst zwei englische Feuermaschinen am Passaic aufgestellt. 1772 hielt Christoph Colles bereits Vorträge über die Dampfmaschine und 1775 lieſs Colles den ersten Dampfcylinder in Amerika in der Gieſserei von Sharp & Curtenius in New-York für das New-Yorker Wasserwerk gieſsen. Oliver Evans, der als der eigentliche Begründer des ame- rikanischen Maschinenbaues angesehen werden muſs und der 1786 das amerikanische Mühlenwesen so erfolgreich reformierte, hatte sich schon 1785 mit der Konstruktion einer Hochdruckdampfmaschine be- schäftigt. 1786 bewarb er sich bei der Legislatur Pennsylvaniens um ein Patent auf einen Dampfwagen, dessen Maschine er mit Dampf von 10 Atmosphären Überdruck treiben wollte. Sein Projekt wurde damals für eine Chimäre gehalten und das Patent nicht erteilt 1). Er verfolgte aber seine Hochdruckmaschine und baute 1800 die erste brauchbare Maschine dieser Art. Sie diente zum Betriebe einer
1) Siehe Dingler, Polytechn. Journ. 1824, Bd. 13, p. 134.
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hatte hierüber keine Bestimmungen getroffen und der Kongreſs war
den Einzelstaaten gegenüber rechtlos. Dies führte zu Unordnung
und Rechtsunsicherheit. Die Staaten sahen ein, daſs dieser Zustand
unhaltbar und verderblich sei und beschlossen deshalb am 17. Sep-
tember 1787 eine neue Verfassung, in welcher dem Generalgouver-
nement die Macht eingeräumt wurde, den Handel zu regeln und
Steuern und Zölle zu erheben. Am 4. März 1789 trat der erste auf
Grund dieser neuen Konstitution gewählte Kongreſs unter der Präsident-
schaft von George Washington zusammen. Von diesem Augen-
blicke an begannen Handel und Industrie in Nordamerika aufzuleben.
Die Schulden konnten reduziert werden. Eine Nationalbank mit einem
Grundkapital von 10 Millionen Dollar wurde gegründet. Der Reich-
tum der Vereinigten Staaten wuchs in erstaunlicher Weise.
1789 traten wieder normale Handelszustände ein. Roheisen
kostete jetzt 30 Dollar und Schmiedeeisen 70 bis 80 Dollar die
Tonne.
Neben der Nagelfabrikation war es besonders der Maschinenbau,
der sich in Nordamerika in selbständiger und groſsartiger Weise ent-
wickelte. Schon im 17. Jahrhundert besaſs Nordamerika zahlreiche
Sägemühlen, die 1633 von den Holländern eingeführt worden waren
und hier bei dem groſsen Holzreichtum rasch zu viel gröſserer Be-
deutung gelangten als in Europa. Ebenso fand die Dampfmaschine
früh Anwendung in Amerika. 1756 wurden zuerst zwei englische
Feuermaschinen am Passaic aufgestellt. 1772 hielt Christoph
Colles bereits Vorträge über die Dampfmaschine und 1775 lieſs
Colles den ersten Dampfcylinder in Amerika in der Gieſserei von
Sharp & Curtenius in New-York für das New-Yorker Wasserwerk
gieſsen. Oliver Evans, der als der eigentliche Begründer des ame-
rikanischen Maschinenbaues angesehen werden muſs und der 1786
das amerikanische Mühlenwesen so erfolgreich reformierte, hatte sich
schon 1785 mit der Konstruktion einer Hochdruckdampfmaschine be-
schäftigt. 1786 bewarb er sich bei der Legislatur Pennsylvaniens
um ein Patent auf einen Dampfwagen, dessen Maschine er mit Dampf
von 10 Atmosphären Überdruck treiben wollte. Sein Projekt wurde
damals für eine Chimäre gehalten und das Patent nicht erteilt 1).
Er verfolgte aber seine Hochdruckmaschine und baute 1800 die erste
brauchbare Maschine dieser Art. Sie diente zum Betriebe einer
1) Siehe Dingler, Polytechn. Journ. 1824, Bd. 13, p. 134.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1193>, abgerufen am 20.05.2024.
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