Die direkte Schmiedeeisengewinnung -- Luppen- feuer -- Stücköfen.
Der Zustand der Eisenindustrie zu Anfang des 18. Jahrhunderts war ein sehr ungleichmässiger. Während in vielen Gegenden die Eisenbereitung noch auf recht niedriger Stufe stand, während Luppen- feuer und Stücköfen in weiten Gebieten noch die einzigen oder doch die verbreitetsten Schmelzvorrichtungen waren, blühten in anderen Gegenden Hochofen- und Frischfeuerbetrieb und war man bemüht, durch Verbesserung der Öfen, stärkere Betriebsmaschinen und grössere Blasebälge die Produktion zu steigern.
Die unmittelbare Verschmelzung der Erze auf schmiedbares Eisen, die direkte Methode, war zu Anfang des 18. Jahrhunderts noch sehr verbreitet.
Luppenfeuer waren fast in ausschliesslicher Anwendung im Ge- biete der Pyrenäen, sowohl im südlichen Frankreich, wie im nördlichen Spanien, ferner in Italien in den Gegenden, in welchen die Erze von Elba verschmolzen wurden, was besonders an der ganzen italienischen Westküste und auf der Insel Korsika geschah. In Deutschland war der Luppenfeuer- oder Rennwerksbetrieb vorherrschend im Osten und Norden, in Schlesien und der norddeutschen Tiefebene, sowie in der Oberpfalz, dem Gebiete von Sulzbach und Amberg. Neben dem Hochofenbetrieb wurden noch Luppenfeuer in vielen Gegenden Deutschlands betrieben, wie in Böhmen, Sachsen und am Harze, wo sie vielfach als Neben- betriebe der Landwirtschaft auf grossen Herrschaftsgütern sich erhalten hatten. In Ungarn und den unteren Donauländern, sowie in Russland wurden primitive Luppenfeuer zum Teil als Hausierbetrieb neben Stück- öfen betrieben. In sehr ausgedehnter Anwendung stand der Betrieb der Luppenfeuer (bloomaries, bloomeries) in den Kolonieen Nordamerikas.
Der Stückofenbetrieb hatte seinen klassischen Mittelpunkt in Steiermark. In Kärnten, Krain, Tirol und Norditalien bestand er neben dem Hochofenbetriebe fort, ähnlich verhielt es sich in Schmal- kalden. In Schweden, Finnland und Russland wurden die Bauern- öfen, welche nichts anderes als niedrige Stücköfen waren, neben den Hochöfen fortbetrieben.
Swedenborg1), indem er eine Luppenschmiede bei Sanger- hausen in Sachsen beschreibt, sagt, es gäbe dieser Rennwerke sehr
1)Swedenborgius, De Ferro, p. 171.
Beck, Geschichte des Eisens. 8
Direkte Schmiedeeisengewinnung.
Die direkte Schmiedeeisengewinnung — Luppen- feuer — Stücköfen.
Der Zustand der Eisenindustrie zu Anfang des 18. Jahrhunderts war ein sehr ungleichmäſsiger. Während in vielen Gegenden die Eisenbereitung noch auf recht niedriger Stufe stand, während Luppen- feuer und Stücköfen in weiten Gebieten noch die einzigen oder doch die verbreitetsten Schmelzvorrichtungen waren, blühten in anderen Gegenden Hochofen- und Frischfeuerbetrieb und war man bemüht, durch Verbesserung der Öfen, stärkere Betriebsmaschinen und gröſsere Blasebälge die Produktion zu steigern.
Die unmittelbare Verschmelzung der Erze auf schmiedbares Eisen, die direkte Methode, war zu Anfang des 18. Jahrhunderts noch sehr verbreitet.
Luppenfeuer waren fast in ausschlieſslicher Anwendung im Ge- biete der Pyrenäen, sowohl im südlichen Frankreich, wie im nördlichen Spanien, ferner in Italien in den Gegenden, in welchen die Erze von Elba verschmolzen wurden, was besonders an der ganzen italienischen Westküste und auf der Insel Korsika geschah. In Deutschland war der Luppenfeuer- oder Rennwerksbetrieb vorherrschend im Osten und Norden, in Schlesien und der norddeutschen Tiefebene, sowie in der Oberpfalz, dem Gebiete von Sulzbach und Amberg. Neben dem Hochofenbetrieb wurden noch Luppenfeuer in vielen Gegenden Deutschlands betrieben, wie in Böhmen, Sachsen und am Harze, wo sie vielfach als Neben- betriebe der Landwirtschaft auf groſsen Herrschaftsgütern sich erhalten hatten. In Ungarn und den unteren Donauländern, sowie in Ruſsland wurden primitive Luppenfeuer zum Teil als Hausierbetrieb neben Stück- öfen betrieben. In sehr ausgedehnter Anwendung stand der Betrieb der Luppenfeuer (bloomaries, bloomeries) in den Kolonieen Nordamerikas.
Der Stückofenbetrieb hatte seinen klassischen Mittelpunkt in Steiermark. In Kärnten, Krain, Tirol und Norditalien bestand er neben dem Hochofenbetriebe fort, ähnlich verhielt es sich in Schmal- kalden. In Schweden, Finnland und Ruſsland wurden die Bauern- öfen, welche nichts anderes als niedrige Stücköfen waren, neben den Hochöfen fortbetrieben.
Swedenborg1), indem er eine Luppenschmiede bei Sanger- hausen in Sachsen beschreibt, sagt, es gäbe dieser Rennwerke sehr
1)Swedenborgius, De Ferro, p. 171.
Beck, Geschichte des Eisens. 8
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Direkte Schmiedeeisengewinnung.
Die direkte Schmiedeeisengewinnung — Luppen-
feuer — Stücköfen.
Der Zustand der Eisenindustrie zu Anfang des 18. Jahrhunderts
war ein sehr ungleichmäſsiger. Während in vielen Gegenden die
Eisenbereitung noch auf recht niedriger Stufe stand, während Luppen-
feuer und Stücköfen in weiten Gebieten noch die einzigen oder doch
die verbreitetsten Schmelzvorrichtungen waren, blühten in anderen
Gegenden Hochofen- und Frischfeuerbetrieb und war man bemüht,
durch Verbesserung der Öfen, stärkere Betriebsmaschinen und gröſsere
Blasebälge die Produktion zu steigern.
Die unmittelbare Verschmelzung der Erze auf schmiedbares
Eisen, die direkte Methode, war zu Anfang des 18. Jahrhunderts
noch sehr verbreitet.
Luppenfeuer waren fast in ausschlieſslicher Anwendung im Ge-
biete der Pyrenäen, sowohl im südlichen Frankreich, wie im nördlichen
Spanien, ferner in Italien in den Gegenden, in welchen die Erze von
Elba verschmolzen wurden, was besonders an der ganzen italienischen
Westküste und auf der Insel Korsika geschah. In Deutschland war der
Luppenfeuer- oder Rennwerksbetrieb vorherrschend im Osten und Norden,
in Schlesien und der norddeutschen Tiefebene, sowie in der Oberpfalz,
dem Gebiete von Sulzbach und Amberg. Neben dem Hochofenbetrieb
wurden noch Luppenfeuer in vielen Gegenden Deutschlands betrieben,
wie in Böhmen, Sachsen und am Harze, wo sie vielfach als Neben-
betriebe der Landwirtschaft auf groſsen Herrschaftsgütern sich erhalten
hatten. In Ungarn und den unteren Donauländern, sowie in Ruſsland
wurden primitive Luppenfeuer zum Teil als Hausierbetrieb neben Stück-
öfen betrieben. In sehr ausgedehnter Anwendung stand der Betrieb der
Luppenfeuer (bloomaries, bloomeries) in den Kolonieen Nordamerikas.
Der Stückofenbetrieb hatte seinen klassischen Mittelpunkt in
Steiermark. In Kärnten, Krain, Tirol und Norditalien bestand er
neben dem Hochofenbetriebe fort, ähnlich verhielt es sich in Schmal-
kalden. In Schweden, Finnland und Ruſsland wurden die Bauern-
öfen, welche nichts anderes als niedrige Stücköfen waren, neben den
Hochöfen fortbetrieben.
Swedenborg 1), indem er eine Luppenschmiede bei Sanger-
hausen in Sachsen beschreibt, sagt, es gäbe dieser Rennwerke sehr
1) Swedenborgius, De Ferro, p. 171.
Beck, Geschichte des Eisens. 8
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/127>, abgerufen am 25.11.2024.
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