war, das Eisen gehörig durchzuarbeiten. Auch die Blasebälge, die einmal rascher, einmal langsamer gehen mussten, bedurften fort- währender Regulierung, welche durch die Wasserschütze erreicht wurde, deren Hebel der Arbeiter mit der linken Hand auf- und nieder- zog. Im Ganzen wechselten die Bälge rascher als bei andern Frisch- verfahren. Jede Schmelzung dauerte eine halbe Stunde, bei sehr geschickten und fleissigen Arbeitern sogar nur 1/4 Stunde. Sollte die Luppe aber grösser werden, so schmolz man natürlich länger; doch machte man stets aus jeder Luppe nur eine Stange, die je nachdem 1, 11/2, 21/2 Zoll dick war. Das zeitraubende Zerteilen der Luppen fiel hierbei ganz fort. Zu jeder der gewöhnlichen kleinen Luppen brauchte man 1 Tonne Kohle; an einigen Plätzen in Roslagen aber auch 11/2 bis 2. Aus einer Roheisengans, die 9 bis 11 Ellen lang war, machte man 35 solcher Luppen. Es gab Hämmer, welche nur 28 Tonnen Kohlen dazu verbrauchten.
Die Luppe wurde unter einem kleinen Wasserhammer mit 15 bis 16 Schlägen gedichtet, das Schlechte abgehauen und zu einem flachen Kuchen ausgebreitet. Dieser wurde unter einem schweren Hammer zu einem parallelepipedischen Kolben ausgeschmiedet. Diesen brachte man in denselben Herd zurück, schob ihn in die Kohlen und liess den Wind an. War die eine Seite glühend, so wendete man ihn um. Dieses Ausheizen dauerte etwa gerade so lange, wie das Einschmelzen, welches währenddem vor sich ging. Der weissglühende Kolben, welcher von der Hitze zusammengeschrumpft erschien, ging nun in die Hände des Reckschmiedes, welcher dem Reckherd vorstand, über, der ihn erst auf der einen, dann auf der andern Hälfte zu einem dicken Stab von 0,90 m Länge ausschmiedete. Aus dem Schmelzherd wurde nur selten Schlacke abgestochen, man hielt vielmehr immer ein Schlackenbad im Herd, in das man das Eisen von Zeit zu Zeit eintauchte. Bei unreinem Eisen stach man öfter Schlacken ab, doch gewöhnlich nur zweimal in 24 Stunden.
Die Unterschiede von dem französischen und dem deutschen Herd lagen 1. darin, dass bei der deutschen Frischschmiede nur ein Herd war; 2. dass der Wallonherd zwei Eisenzacken hatte; 3. dass die Form bei diesem niedriger lag und die Bälge rascher wechselten; 4. in der Art der Arbeit zunächst darin, dass in den deutschen Herden eine grosse Menge Roheisen auf einmal, hier kleine Mengen hinter- einander eingeschmolzen wurden; 5. in dem wiederholten Aufbrechen der Luppe im deutschen Herd, wozu vier Stunden Zeit bis zum Aus- schmieden erforderlich waren, während eine Luppe im Wallonherd
Eisen- und Stahlfrischen.
war, das Eisen gehörig durchzuarbeiten. Auch die Blasebälge, die einmal rascher, einmal langsamer gehen muſsten, bedurften fort- währender Regulierung, welche durch die Wasserschütze erreicht wurde, deren Hebel der Arbeiter mit der linken Hand auf- und nieder- zog. Im Ganzen wechselten die Bälge rascher als bei andern Frisch- verfahren. Jede Schmelzung dauerte eine halbe Stunde, bei sehr geschickten und fleiſsigen Arbeitern sogar nur ¼ Stunde. Sollte die Luppe aber gröſser werden, so schmolz man natürlich länger; doch machte man stets aus jeder Luppe nur eine Stange, die je nachdem 1, 1½, 2½ Zoll dick war. Das zeitraubende Zerteilen der Luppen fiel hierbei ganz fort. Zu jeder der gewöhnlichen kleinen Luppen brauchte man 1 Tonne Kohle; an einigen Plätzen in Roslagen aber auch 1½ bis 2. Aus einer Roheisengans, die 9 bis 11 Ellen lang war, machte man 35 solcher Luppen. Es gab Hämmer, welche nur 28 Tonnen Kohlen dazu verbrauchten.
Die Luppe wurde unter einem kleinen Wasserhammer mit 15 bis 16 Schlägen gedichtet, das Schlechte abgehauen und zu einem flachen Kuchen ausgebreitet. Dieser wurde unter einem schweren Hammer zu einem parallelepipedischen Kolben ausgeschmiedet. Diesen brachte man in denselben Herd zurück, schob ihn in die Kohlen und lieſs den Wind an. War die eine Seite glühend, so wendete man ihn um. Dieses Ausheizen dauerte etwa gerade so lange, wie das Einschmelzen, welches währenddem vor sich ging. Der weiſsglühende Kolben, welcher von der Hitze zusammengeschrumpft erschien, ging nun in die Hände des Reckschmiedes, welcher dem Reckherd vorstand, über, der ihn erst auf der einen, dann auf der andern Hälfte zu einem dicken Stab von 0,90 m Länge ausschmiedete. Aus dem Schmelzherd wurde nur selten Schlacke abgestochen, man hielt vielmehr immer ein Schlackenbad im Herd, in das man das Eisen von Zeit zu Zeit eintauchte. Bei unreinem Eisen stach man öfter Schlacken ab, doch gewöhnlich nur zweimal in 24 Stunden.
Die Unterschiede von dem französischen und dem deutschen Herd lagen 1. darin, daſs bei der deutschen Frischschmiede nur ein Herd war; 2. daſs der Wallonherd zwei Eisenzacken hatte; 3. daſs die Form bei diesem niedriger lag und die Bälge rascher wechselten; 4. in der Art der Arbeit zunächst darin, daſs in den deutschen Herden eine groſse Menge Roheisen auf einmal, hier kleine Mengen hinter- einander eingeschmolzen wurden; 5. in dem wiederholten Aufbrechen der Luppe im deutschen Herd, wozu vier Stunden Zeit bis zum Aus- schmieden erforderlich waren, während eine Luppe im Wallonherd
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[185/0199]
Eisen- und Stahlfrischen.
war, das Eisen gehörig durchzuarbeiten. Auch die Blasebälge, die
einmal rascher, einmal langsamer gehen muſsten, bedurften fort-
währender Regulierung, welche durch die Wasserschütze erreicht
wurde, deren Hebel der Arbeiter mit der linken Hand auf- und nieder-
zog. Im Ganzen wechselten die Bälge rascher als bei andern Frisch-
verfahren. Jede Schmelzung dauerte eine halbe Stunde, bei sehr
geschickten und fleiſsigen Arbeitern sogar nur ¼ Stunde. Sollte die
Luppe aber gröſser werden, so schmolz man natürlich länger; doch
machte man stets aus jeder Luppe nur eine Stange, die je nachdem
1, 1½, 2½ Zoll dick war. Das zeitraubende Zerteilen der Luppen
fiel hierbei ganz fort. Zu jeder der gewöhnlichen kleinen Luppen
brauchte man 1 Tonne Kohle; an einigen Plätzen in Roslagen aber
auch 1½ bis 2. Aus einer Roheisengans, die 9 bis 11 Ellen lang
war, machte man 35 solcher Luppen. Es gab Hämmer, welche nur
28 Tonnen Kohlen dazu verbrauchten.
Die Luppe wurde unter einem kleinen Wasserhammer mit 15 bis
16 Schlägen gedichtet, das Schlechte abgehauen und zu einem flachen
Kuchen ausgebreitet. Dieser wurde unter einem schweren Hammer
zu einem parallelepipedischen Kolben ausgeschmiedet. Diesen brachte
man in denselben Herd zurück, schob ihn in die Kohlen und lieſs
den Wind an. War die eine Seite glühend, so wendete man ihn um.
Dieses Ausheizen dauerte etwa gerade so lange, wie das Einschmelzen,
welches währenddem vor sich ging. Der weiſsglühende Kolben,
welcher von der Hitze zusammengeschrumpft erschien, ging nun in
die Hände des Reckschmiedes, welcher dem Reckherd vorstand, über,
der ihn erst auf der einen, dann auf der andern Hälfte zu einem
dicken Stab von 0,90 m Länge ausschmiedete. Aus dem Schmelzherd
wurde nur selten Schlacke abgestochen, man hielt vielmehr immer
ein Schlackenbad im Herd, in das man das Eisen von Zeit zu Zeit
eintauchte. Bei unreinem Eisen stach man öfter Schlacken ab, doch
gewöhnlich nur zweimal in 24 Stunden.
Die Unterschiede von dem französischen und dem deutschen Herd
lagen 1. darin, daſs bei der deutschen Frischschmiede nur ein Herd
war; 2. daſs der Wallonherd zwei Eisenzacken hatte; 3. daſs die Form
bei diesem niedriger lag und die Bälge rascher wechselten; 4. in der
Art der Arbeit zunächst darin, daſs in den deutschen Herden eine
groſse Menge Roheisen auf einmal, hier kleine Mengen hinter-
einander eingeschmolzen wurden; 5. in dem wiederholten Aufbrechen
der Luppe im deutschen Herd, wozu vier Stunden Zeit bis zum Aus-
schmieden erforderlich waren, während eine Luppe im Wallonherd
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/199>, abgerufen am 23.11.2024.
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