mehr bewiesen zu werden, sie war hinreichend bezeugt durch den Erfolg, den man in England, Deutschland und Italien damit erzielte, die Frage war nur die, ob man nach demselben Verfahren mit unserem Eisen ebenso gut Stahl machen konnte, wie jene mit dem ihrigen, oder ob man im schlimmsten Falle fremde Eisensorten in Frankreich in Stahl verwandeln sollte, wie man in England so vortrefflichen Stahl aus Eisen von Schweden machte, welches sich zeitweilig in Paris nicht höher stellte, als das einheimische Eisen und in den Häfen ebenso billig war, wie dieses. Da ich aber bei meinen Untersuchungen, die ich über die einheimischen Eisensorten bei der Beschreibung der Schmelzöfen und Hämmer und der verschiedenen Verfahren in den- selben angestellt hatte, erfahren hatte, wie mannigfaltig unsere ein- heimischen Eisensorten seien, zweifelte ich nicht, dass sich darunter solche befänden, welche sich in Stahl verwandeln liessen und mit denen man jede Stahlsorte herstellen könnte. Ich wusste sogar, dass in Bearn eine oder zwei Fabriken bestehen, in denen eine Person von Stellung schon Eisen aus jener Provinz in Stahl verwandelt hatte, welchen ich untersucht und dem deutschen Stahl nur wenig nach- stehend gefunden habe.
Da ich diese Eisensorte für eine zur Umwandlung geeignete halten konnte, so kam es nur darauf an, das richtige Verfahren zu finden und dieses dann an allen Eisensorten des Königreichs zu probieren." Das Verfahren war ein Geheimnis, aber die Einsatz- härtung (trempe en paquet) war Reaumur bekannt und mit dieser musste es zusammenhängen.
Die Stoffe, welche man bei dieser anwendete, waren zerstossene Holzkohle, Asche, Russ, denen man Salze zusetzte, nebst verschiedenen anderen Stoffen pflanzlicher, tierischer oder mineralischer Natur. Auch diese Mischungen bildeten Geheimnisse der Schmiede und jeder hatte sein eigenes Rezept. Es kam nun darauf an, durch Versuche festzustellen, wie diese Stoffe für sich auf das Eisen wirkten und welche Mischung die beste sei; ob man einzelne Bestandteile weg- lassen oder durch andere ersetzen könnte; welche Mengen anzu- wenden seien; wie der Prozess in einfacher, jedem Arbeiter verständ- licher Weise geführt werden müsse.
Über alle diese und noch viele andere Fragen stellte Reaumur eine grosse Reihe von Versuchen an, die ihn zum Ziel führten und ihn in den Stand setzten, die beste Methode der Cementstahlfabrikation genau zu beschreiben.
Die erste Versuchsreihe bezog sich auf die Zusammensetzung des
Die Cementstahlfabrikation.
mehr bewiesen zu werden, sie war hinreichend bezeugt durch den Erfolg, den man in England, Deutschland und Italien damit erzielte, die Frage war nur die, ob man nach demselben Verfahren mit unserem Eisen ebenso gut Stahl machen konnte, wie jene mit dem ihrigen, oder ob man im schlimmsten Falle fremde Eisensorten in Frankreich in Stahl verwandeln sollte, wie man in England so vortrefflichen Stahl aus Eisen von Schweden machte, welches sich zeitweilig in Paris nicht höher stellte, als das einheimische Eisen und in den Häfen ebenso billig war, wie dieses. Da ich aber bei meinen Untersuchungen, die ich über die einheimischen Eisensorten bei der Beschreibung der Schmelzöfen und Hämmer und der verschiedenen Verfahren in den- selben angestellt hatte, erfahren hatte, wie mannigfaltig unsere ein- heimischen Eisensorten seien, zweifelte ich nicht, daſs sich darunter solche befänden, welche sich in Stahl verwandeln lieſsen und mit denen man jede Stahlsorte herstellen könnte. Ich wuſste sogar, daſs in Bearn eine oder zwei Fabriken bestehen, in denen eine Person von Stellung schon Eisen aus jener Provinz in Stahl verwandelt hatte, welchen ich untersucht und dem deutschen Stahl nur wenig nach- stehend gefunden habe.
Da ich diese Eisensorte für eine zur Umwandlung geeignete halten konnte, so kam es nur darauf an, das richtige Verfahren zu finden und dieses dann an allen Eisensorten des Königreichs zu probieren.“ Das Verfahren war ein Geheimnis, aber die Einsatz- härtung (trempe en paquet) war Reaumur bekannt und mit dieser muſste es zusammenhängen.
Die Stoffe, welche man bei dieser anwendete, waren zerstoſsene Holzkohle, Asche, Ruſs, denen man Salze zusetzte, nebst verschiedenen anderen Stoffen pflanzlicher, tierischer oder mineralischer Natur. Auch diese Mischungen bildeten Geheimnisse der Schmiede und jeder hatte sein eigenes Rezept. Es kam nun darauf an, durch Versuche festzustellen, wie diese Stoffe für sich auf das Eisen wirkten und welche Mischung die beste sei; ob man einzelne Bestandteile weg- lassen oder durch andere ersetzen könnte; welche Mengen anzu- wenden seien; wie der Prozeſs in einfacher, jedem Arbeiter verständ- licher Weise geführt werden müsse.
Über alle diese und noch viele andere Fragen stellte Reaumur eine groſse Reihe von Versuchen an, die ihn zum Ziel führten und ihn in den Stand setzten, die beste Methode der Cementstahlfabrikation genau zu beschreiben.
Die erste Versuchsreihe bezog sich auf die Zusammensetzung des
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Die Cementstahlfabrikation.
mehr bewiesen zu werden, sie war hinreichend bezeugt durch den
Erfolg, den man in England, Deutschland und Italien damit erzielte,
die Frage war nur die, ob man nach demselben Verfahren mit unserem
Eisen ebenso gut Stahl machen konnte, wie jene mit dem ihrigen,
oder ob man im schlimmsten Falle fremde Eisensorten in Frankreich
in Stahl verwandeln sollte, wie man in England so vortrefflichen
Stahl aus Eisen von Schweden machte, welches sich zeitweilig in Paris
nicht höher stellte, als das einheimische Eisen und in den Häfen ebenso
billig war, wie dieses. Da ich aber bei meinen Untersuchungen, die
ich über die einheimischen Eisensorten bei der Beschreibung der
Schmelzöfen und Hämmer und der verschiedenen Verfahren in den-
selben angestellt hatte, erfahren hatte, wie mannigfaltig unsere ein-
heimischen Eisensorten seien, zweifelte ich nicht, daſs sich darunter
solche befänden, welche sich in Stahl verwandeln lieſsen und mit
denen man jede Stahlsorte herstellen könnte. Ich wuſste sogar, daſs
in Bearn eine oder zwei Fabriken bestehen, in denen eine Person
von Stellung schon Eisen aus jener Provinz in Stahl verwandelt hatte,
welchen ich untersucht und dem deutschen Stahl nur wenig nach-
stehend gefunden habe.
Da ich diese Eisensorte für eine zur Umwandlung geeignete
halten konnte, so kam es nur darauf an, das richtige Verfahren zu
finden und dieses dann an allen Eisensorten des Königreichs zu
probieren.“ Das Verfahren war ein Geheimnis, aber die Einsatz-
härtung (trempe en paquet) war Reaumur bekannt und mit dieser
muſste es zusammenhängen.
Die Stoffe, welche man bei dieser anwendete, waren zerstoſsene
Holzkohle, Asche, Ruſs, denen man Salze zusetzte, nebst verschiedenen
anderen Stoffen pflanzlicher, tierischer oder mineralischer Natur.
Auch diese Mischungen bildeten Geheimnisse der Schmiede und jeder
hatte sein eigenes Rezept. Es kam nun darauf an, durch Versuche
festzustellen, wie diese Stoffe für sich auf das Eisen wirkten und
welche Mischung die beste sei; ob man einzelne Bestandteile weg-
lassen oder durch andere ersetzen könnte; welche Mengen anzu-
wenden seien; wie der Prozeſs in einfacher, jedem Arbeiter verständ-
licher Weise geführt werden müsse.
Über alle diese und noch viele andere Fragen stellte Reaumur
eine groſse Reihe von Versuchen an, die ihn zum Ziel führten und
ihn in den Stand setzten, die beste Methode der Cementstahlfabrikation
genau zu beschreiben.
Die erste Versuchsreihe bezog sich auf die Zusammensetzung des
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/219>, abgerufen am 25.11.2024.
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