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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Cementstahlfabrikation.
darf, sondern den Stahl auf seine Härtungsfähigkeit prüfen muss, da
ersteres früher eintritt als letzteres. Ungenügend gestähltes Eisen
muss man von neuem brennen. Brennt man aber zu lange, so wird
der Stahl schwer zu bearbeiten und zerfährt unter dem Hammer, im
besten Falle bleibt er voller Risse und Scharten. Indessen ist es
nicht so schwer, die richtige Brennzeit zu ermitteln. Aber auch in
Fabriken sollte man sich nicht nach einer bestimmten Zeitdauer,
sondern nach der Probe richten. Die Brennzeit ist abhängig von
dem Bau und der Grösse des Ofens, von der Grösse des Einsatzes,
der Menge des Eisens, der Mischung u. s. w. Man kann in einem
kleinen Tiegel die Umwandlung in einer Stunde bewirken, wozu man
in einem grossen Ofen 12 bis 15 Tage braucht. Der Grad der Hitze
ist dabei gleich wichtig. Die Einwirkung bis zur Mitte des Eisen-
stabes geht um so besser und um so rascher von statten, je grösser
die Glut ist. Sie beginnt erst bei einer bestimmten Temperatur und
steigert sich mit derselben. Deshalb ist die Wirkung anfangs viel
langsamer als nachher, wenn die ganze Masse gleichmässig durch-
geheizt ist. Dies fand Reaumur durch den Versuch bestätigt, indem
er einen Tiegel, der nur Cementierpulver enthielt und ein Stück
Eisen jedes für sich erhitzte und erst als beides eine gewisse Hitze
erlangt hatte, das Eisen in das Pulver steckte. Die Stahlbildung ging
alsdann sehr rasch von statten. Natürlich darf die Hitze nie so hoch
steigen, dass das Eisen (welches sich durch weitere Aufnahme von
Kohlenstoff in Gusseisen verwandelt) schmilzt. Ist ein Teil der Stange
geschmolzen, so ist der Rest sehr harter Stahl. Reaumur beob-
achtete, dass zuweilen nebeneinander liegende Stangen in einen halb-
flüssigen Zustand gerieten, so dass sie an einer Stelle zusammenflossen
und durch einen Zapfen verbunden waren. Dieser Zapfen erwies
sich als der gleiche Stahl wie die Stangen selbst. Diese Beobachtung,
wenn weiter verfolgt, hätte Reaumur auf die Erfindung des Gussstahls,
welche Huntsmann erst 20 Jahre später machte, führen können.
Die Verlangsamung der Brennzeit erhöht nicht die Güte des Stahls,
dies stellte Reaumur durch Versuche in Muffelöfen fest. Allerdings
zeigte der Stahl bei rascher Umwandlung Blasen auf seiner Ober-
fläche, die bei langsamer Umwandlung sich nicht bildeten, aber diese
Blasen sind ohne jeden Nachteil. Andere Versuche lehrten, dass die
Güte des Stahls leidet, wenn man ihn wiederholt in frische Mischungen
derselben Zusammensetzung einsetzt, es ist besser, ihn wieder in die
schon gebrauchte Mischung zurückzubringen oder eine schwächere
Mischung zu nehmen.


Beck, Geschichte des Eisens. 14

Die Cementstahlfabrikation.
darf, sondern den Stahl auf seine Härtungsfähigkeit prüfen muſs, da
ersteres früher eintritt als letzteres. Ungenügend gestähltes Eisen
muſs man von neuem brennen. Brennt man aber zu lange, so wird
der Stahl schwer zu bearbeiten und zerfährt unter dem Hammer, im
besten Falle bleibt er voller Risse und Scharten. Indessen ist es
nicht so schwer, die richtige Brennzeit zu ermitteln. Aber auch in
Fabriken sollte man sich nicht nach einer bestimmten Zeitdauer,
sondern nach der Probe richten. Die Brennzeit ist abhängig von
dem Bau und der Gröſse des Ofens, von der Gröſse des Einsatzes,
der Menge des Eisens, der Mischung u. s. w. Man kann in einem
kleinen Tiegel die Umwandlung in einer Stunde bewirken, wozu man
in einem groſsen Ofen 12 bis 15 Tage braucht. Der Grad der Hitze
ist dabei gleich wichtig. Die Einwirkung bis zur Mitte des Eisen-
stabes geht um so besser und um so rascher von statten, je gröſser
die Glut ist. Sie beginnt erst bei einer bestimmten Temperatur und
steigert sich mit derselben. Deshalb ist die Wirkung anfangs viel
langsamer als nachher, wenn die ganze Masse gleichmäſsig durch-
geheizt ist. Dies fand Reaumur durch den Versuch bestätigt, indem
er einen Tiegel, der nur Cementierpulver enthielt und ein Stück
Eisen jedes für sich erhitzte und erst als beides eine gewisse Hitze
erlangt hatte, das Eisen in das Pulver steckte. Die Stahlbildung ging
alsdann sehr rasch von statten. Natürlich darf die Hitze nie so hoch
steigen, daſs das Eisen (welches sich durch weitere Aufnahme von
Kohlenstoff in Guſseisen verwandelt) schmilzt. Ist ein Teil der Stange
geschmolzen, so ist der Rest sehr harter Stahl. Reaumur beob-
achtete, daſs zuweilen nebeneinander liegende Stangen in einen halb-
flüssigen Zustand gerieten, so daſs sie an einer Stelle zusammenflossen
und durch einen Zapfen verbunden waren. Dieser Zapfen erwies
sich als der gleiche Stahl wie die Stangen selbst. Diese Beobachtung,
wenn weiter verfolgt, hätte Reaumur auf die Erfindung des Guſsstahls,
welche Huntsmann erst 20 Jahre später machte, führen können.
Die Verlangsamung der Brennzeit erhöht nicht die Güte des Stahls,
dies stellte Reaumur durch Versuche in Muffelöfen fest. Allerdings
zeigte der Stahl bei rascher Umwandlung Blasen auf seiner Ober-
fläche, die bei langsamer Umwandlung sich nicht bildeten, aber diese
Blasen sind ohne jeden Nachteil. Andere Versuche lehrten, daſs die
Güte des Stahls leidet, wenn man ihn wiederholt in frische Mischungen
derselben Zusammensetzung einsetzt, es ist besser, ihn wieder in die
schon gebrauchte Mischung zurückzubringen oder eine schwächere
Mischung zu nehmen.


Beck, Geschichte des Eisens. 14
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[209/0223] Die Cementstahlfabrikation. darf, sondern den Stahl auf seine Härtungsfähigkeit prüfen muſs, da ersteres früher eintritt als letzteres. Ungenügend gestähltes Eisen muſs man von neuem brennen. Brennt man aber zu lange, so wird der Stahl schwer zu bearbeiten und zerfährt unter dem Hammer, im besten Falle bleibt er voller Risse und Scharten. Indessen ist es nicht so schwer, die richtige Brennzeit zu ermitteln. Aber auch in Fabriken sollte man sich nicht nach einer bestimmten Zeitdauer, sondern nach der Probe richten. Die Brennzeit ist abhängig von dem Bau und der Gröſse des Ofens, von der Gröſse des Einsatzes, der Menge des Eisens, der Mischung u. s. w. Man kann in einem kleinen Tiegel die Umwandlung in einer Stunde bewirken, wozu man in einem groſsen Ofen 12 bis 15 Tage braucht. Der Grad der Hitze ist dabei gleich wichtig. Die Einwirkung bis zur Mitte des Eisen- stabes geht um so besser und um so rascher von statten, je gröſser die Glut ist. Sie beginnt erst bei einer bestimmten Temperatur und steigert sich mit derselben. Deshalb ist die Wirkung anfangs viel langsamer als nachher, wenn die ganze Masse gleichmäſsig durch- geheizt ist. Dies fand Reaumur durch den Versuch bestätigt, indem er einen Tiegel, der nur Cementierpulver enthielt und ein Stück Eisen jedes für sich erhitzte und erst als beides eine gewisse Hitze erlangt hatte, das Eisen in das Pulver steckte. Die Stahlbildung ging alsdann sehr rasch von statten. Natürlich darf die Hitze nie so hoch steigen, daſs das Eisen (welches sich durch weitere Aufnahme von Kohlenstoff in Guſseisen verwandelt) schmilzt. Ist ein Teil der Stange geschmolzen, so ist der Rest sehr harter Stahl. Reaumur beob- achtete, daſs zuweilen nebeneinander liegende Stangen in einen halb- flüssigen Zustand gerieten, so daſs sie an einer Stelle zusammenflossen und durch einen Zapfen verbunden waren. Dieser Zapfen erwies sich als der gleiche Stahl wie die Stangen selbst. Diese Beobachtung, wenn weiter verfolgt, hätte Reaumur auf die Erfindung des Guſsstahls, welche Huntsmann erst 20 Jahre später machte, führen können. Die Verlangsamung der Brennzeit erhöht nicht die Güte des Stahls, dies stellte Reaumur durch Versuche in Muffelöfen fest. Allerdings zeigte der Stahl bei rascher Umwandlung Blasen auf seiner Ober- fläche, die bei langsamer Umwandlung sich nicht bildeten, aber diese Blasen sind ohne jeden Nachteil. Andere Versuche lehrten, daſs die Güte des Stahls leidet, wenn man ihn wiederholt in frische Mischungen derselben Zusammensetzung einsetzt, es ist besser, ihn wieder in die schon gebrauchte Mischung zurückzubringen oder eine schwächere Mischung zu nehmen. Beck, Geschichte des Eisens. 14

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/223>, abgerufen am 25.11.2024.