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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Litteratur im 18. Jahrhundert.
Säugetiere und Vögel schöpfte, zweitens seine Sammlungen von Mine-
ralien und von Pflanzen, drittens 138 Mappen mit teils vollendeten,
teils angefangenen Memoiren und viertens das Manuskript einer
Geschichte der Künste vermacht. Die Handschriften wurden von
den Encyklopädisten, namentlich aber von den Verfassern der De-
scription des arts et metiers benutzt.

Reaumurs wissenschaftliche und praktische Thätigkeit war von
nachhaltigem Einfluss, und zwar nicht nur durch seine zahlreichen
Erfindungen, sondern auch durch seine Methode der Untersuchung
und Behandlung. Er war ein Meister des Experimentes und seine
analytischen und synthetischen Versuche waren geistreich und prak-
tisch. Seine Darstellungen zeichnen sich durch Klarheit, Einfachheit,
Gründlichkeit und Anmut aus. Er ist ein klassisches Vorbild für
die Behandlung technischer Fragen für alle Zeiten und sein Beispiel
ist insbesondere für die französische technische Litteratur von nach-
haltigem Einfluss gewesen, so dass diese durch sein Vorgehen und
Wirken die gediegenste des 18. Jahrhunderts geworden ist, aus
welcher alle andern Nationen schöpften. Reaumurs Einfluss war
aber viel weitgehender. Er hat die technische Litteratur und die
technische Wissenschaft erst geschaffen, durch seine Persönlichkeit
wurde sie geadelt und sein Beispiel bewirkte, dass Gebildete und
Vornehme sich mit Vorliebe mit ihr beschäftigten.

Das grosse Werk "Description des arts et metiers" hat Reaumur,
wie erwähnt, nicht vollendet. Daran war seine Gründlichkeit und
die Art, wie er die Fragen behandelte, schuld; denn er begnügte
sich nicht damit, die Dinge und Zustände zu beschreiben, wie er sie
fand, sondern er untersuchte die Grundlagen und ihre Verbesserungs-
fähigkeit. Ausgerüstet mit dem ganzen mathematischen und natur-
wissenschaftlichen Wissen seiner Zeit, that er dies mit dem grössten
Erfolg und förderte dadurch die französische Industrie ungemein, zu-
gleich erweiterte er den Kreis der Wissenschaften durch die Ein-
führung, Erklärung und Begründung der Vorgänge im Gebiete der
Technik. Sein Einfluss beschränkte sich schon zu seinen Lebzeiten
nicht auf Frankreich, er machte sich in ganz Europa fühlbar, ganz
besonders in Schweden, wo damals in der Akademie der Wissen-
schaften ein reges Leben herrschte.

Der zweite grosse Schriftsteller auf dem Gebiete der Eisen-
industrie, welchen das 18. Jahrhundert hervorgebracht hat, der be-
rühmte Emanuel Swedenborg, war ein Schwede. Der Einfluss,
welchen sein französischer Zeitgenosse Reaumur auf ihn ausgeübt

Litteratur im 18. Jahrhundert.
Säugetiere und Vögel schöpfte, zweitens seine Sammlungen von Mine-
ralien und von Pflanzen, drittens 138 Mappen mit teils vollendeten,
teils angefangenen Memoiren und viertens das Manuskript einer
Geschichte der Künste vermacht. Die Handschriften wurden von
den Encyklopädisten, namentlich aber von den Verfassern der De-
scription des arts et métiers benutzt.

Reaumurs wissenschaftliche und praktische Thätigkeit war von
nachhaltigem Einfluſs, und zwar nicht nur durch seine zahlreichen
Erfindungen, sondern auch durch seine Methode der Untersuchung
und Behandlung. Er war ein Meister des Experimentes und seine
analytischen und synthetischen Versuche waren geistreich und prak-
tisch. Seine Darstellungen zeichnen sich durch Klarheit, Einfachheit,
Gründlichkeit und Anmut aus. Er ist ein klassisches Vorbild für
die Behandlung technischer Fragen für alle Zeiten und sein Beispiel
ist insbesondere für die französische technische Litteratur von nach-
haltigem Einfluſs gewesen, so daſs diese durch sein Vorgehen und
Wirken die gediegenste des 18. Jahrhunderts geworden ist, aus
welcher alle andern Nationen schöpften. Reaumurs Einfluſs war
aber viel weitgehender. Er hat die technische Litteratur und die
technische Wissenschaft erst geschaffen, durch seine Persönlichkeit
wurde sie geadelt und sein Beispiel bewirkte, daſs Gebildete und
Vornehme sich mit Vorliebe mit ihr beschäftigten.

Das groſse Werk „Description des arts et métiers“ hat Reaumur,
wie erwähnt, nicht vollendet. Daran war seine Gründlichkeit und
die Art, wie er die Fragen behandelte, schuld; denn er begnügte
sich nicht damit, die Dinge und Zustände zu beschreiben, wie er sie
fand, sondern er untersuchte die Grundlagen und ihre Verbesserungs-
fähigkeit. Ausgerüstet mit dem ganzen mathematischen und natur-
wissenschaftlichen Wissen seiner Zeit, that er dies mit dem gröſsten
Erfolg und förderte dadurch die französische Industrie ungemein, zu-
gleich erweiterte er den Kreis der Wissenschaften durch die Ein-
führung, Erklärung und Begründung der Vorgänge im Gebiete der
Technik. Sein Einfluſs beschränkte sich schon zu seinen Lebzeiten
nicht auf Frankreich, er machte sich in ganz Europa fühlbar, ganz
besonders in Schweden, wo damals in der Akademie der Wissen-
schaften ein reges Leben herrschte.

Der zweite groſse Schriftsteller auf dem Gebiete der Eisen-
industrie, welchen das 18. Jahrhundert hervorgebracht hat, der be-
rühmte Emanuel Swedenborg, war ein Schwede. Der Einfluſs,
welchen sein französischer Zeitgenosse Reaumur auf ihn ausgeübt

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[15/0029] Litteratur im 18. Jahrhundert. Säugetiere und Vögel schöpfte, zweitens seine Sammlungen von Mine- ralien und von Pflanzen, drittens 138 Mappen mit teils vollendeten, teils angefangenen Memoiren und viertens das Manuskript einer Geschichte der Künste vermacht. Die Handschriften wurden von den Encyklopädisten, namentlich aber von den Verfassern der De- scription des arts et métiers benutzt. Reaumurs wissenschaftliche und praktische Thätigkeit war von nachhaltigem Einfluſs, und zwar nicht nur durch seine zahlreichen Erfindungen, sondern auch durch seine Methode der Untersuchung und Behandlung. Er war ein Meister des Experimentes und seine analytischen und synthetischen Versuche waren geistreich und prak- tisch. Seine Darstellungen zeichnen sich durch Klarheit, Einfachheit, Gründlichkeit und Anmut aus. Er ist ein klassisches Vorbild für die Behandlung technischer Fragen für alle Zeiten und sein Beispiel ist insbesondere für die französische technische Litteratur von nach- haltigem Einfluſs gewesen, so daſs diese durch sein Vorgehen und Wirken die gediegenste des 18. Jahrhunderts geworden ist, aus welcher alle andern Nationen schöpften. Reaumurs Einfluſs war aber viel weitgehender. Er hat die technische Litteratur und die technische Wissenschaft erst geschaffen, durch seine Persönlichkeit wurde sie geadelt und sein Beispiel bewirkte, daſs Gebildete und Vornehme sich mit Vorliebe mit ihr beschäftigten. Das groſse Werk „Description des arts et métiers“ hat Reaumur, wie erwähnt, nicht vollendet. Daran war seine Gründlichkeit und die Art, wie er die Fragen behandelte, schuld; denn er begnügte sich nicht damit, die Dinge und Zustände zu beschreiben, wie er sie fand, sondern er untersuchte die Grundlagen und ihre Verbesserungs- fähigkeit. Ausgerüstet mit dem ganzen mathematischen und natur- wissenschaftlichen Wissen seiner Zeit, that er dies mit dem gröſsten Erfolg und förderte dadurch die französische Industrie ungemein, zu- gleich erweiterte er den Kreis der Wissenschaften durch die Ein- führung, Erklärung und Begründung der Vorgänge im Gebiete der Technik. Sein Einfluſs beschränkte sich schon zu seinen Lebzeiten nicht auf Frankreich, er machte sich in ganz Europa fühlbar, ganz besonders in Schweden, wo damals in der Akademie der Wissen- schaften ein reges Leben herrschte. Der zweite groſse Schriftsteller auf dem Gebiete der Eisen- industrie, welchen das 18. Jahrhundert hervorgebracht hat, der be- rühmte Emanuel Swedenborg, war ein Schwede. Der Einfluſs, welchen sein französischer Zeitgenosse Reaumur auf ihn ausgeübt

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/29>, abgerufen am 28.04.2024.