Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Diese Schlacke läuft über dem Damm auf der einen Seite, wo eine Schlackentrift zurecht gemacht ist, ab. Die Schlacken sind von sehr verschiedener Farbe, je nach der Natur der Erze. Die der Öfen in Nivernais waren grünlich, voll weisser Adern, dem Jaspis ähnlich. Andere sind wie Flaschenglas, andere weisslich, andere schwärzlich. Ausserdem wechselt die Farbe der Schlacken je nach dem Ofengang.
Nachdem eine gewisse Anzahl Gichten niedergeschmolzen sind, hat sich soviel geschmolzenes Eisen im Herd oder Eisenkasten ange- sammelt, dass es Zeit wird, es abzustechen. Zu dem Zwecke formt man in dem Sandbett vor dem Ofen eine lange prismatische Rinne ein, in welche man das flüssige Roheisen zu einer "Gans" (gueuse) von 1500 bis 2500 Pfd. Gewicht auslaufen lässt. In der Form hatte man mit römischen Zahlen die Nummer der Gans zuvor eingedrückt und diese erscheint nun erhaben auf dem Boden der Roheisenmasse. Nach dem Abstechen bricht man den Vorherd auf und reinigt den- selben, indem man die zähe Ziehschlacke über den Wall auszieht. Natürlich ruht während des Abstechens und während dieser Arbeit das Gebläse, das erst wieder angelassen wird, sobald der Vorherd und das Abstichloch wieder ordnungsmässig verschlossen sind.
In den meisten Hütten öffnet man, nachdem ein bis zwei Gichten niedergeschmolzen sind, nochmals den Vorherd, um ihn zu reinigen und die Ziehschlacke zu entfernen. Man sticht gewöhnlich in 20 bis 24 Stunden zwei Gänse bei stillgestelltem Gebläse ab. Die Gans wird nach 10 bis 11 Stunden, nachdem sie erkaltet ist, aus der Vor- hütte gezogen und gewogen, wie es auf Fig. 60 zu sehen ist. Eine Wochenschmelze (fondee) hiess die Arbeit von sechs Tagen und da- nach wurde die Produktion gewöhnlich angegeben. Sie betrug meist 25000 bis 30000 Pfund. Eine Hüttenreise, d. h. die Zeit, während welcher ein Ofen im Betriebe war, hiess ouvrage, auch soudage, und wurde nach Monaten ausgedrückt. Sie wurde in Frankreich nicht eher beendet, als bis ein Fehler oder ein Mangel dazu zwang, und dauerte in Berry meist fünf bis sechs, manchmal bis elf Monate. Man bezeichnete die Hüttenreisen auch nach der Produktion, so dass man von Reisen oder Werken von 600000 oder 800000 Pfund sprach. Das Ausblasen des Ofens nannte man mettre-hors. Gegen Ende der Hüttenreise, wenn das Gestell schon ausgeschmolzen ist und sich erweitert hat, bilden sich leicht Eisenansätze im Ofen, Sauen (renards) genannt. Auch entstehen Ansätze von verglaster Materie in der Rast. Nach dem Ausblasen ist in der Regel die Windseite am meisten weggeschmolzen. Wenn man es in der Hand hat, bläst man
Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Diese Schlacke läuft über dem Damm auf der einen Seite, wo eine Schlackentrift zurecht gemacht ist, ab. Die Schlacken sind von sehr verschiedener Farbe, je nach der Natur der Erze. Die der Öfen in Nivernais waren grünlich, voll weiſser Adern, dem Jaspis ähnlich. Andere sind wie Flaschenglas, andere weiſslich, andere schwärzlich. Auſserdem wechselt die Farbe der Schlacken je nach dem Ofengang.
Nachdem eine gewisse Anzahl Gichten niedergeschmolzen sind, hat sich soviel geschmolzenes Eisen im Herd oder Eisenkasten ange- sammelt, daſs es Zeit wird, es abzustechen. Zu dem Zwecke formt man in dem Sandbett vor dem Ofen eine lange prismatische Rinne ein, in welche man das flüssige Roheisen zu einer „Gans“ (gueuse) von 1500 bis 2500 Pfd. Gewicht auslaufen läſst. In der Form hatte man mit römischen Zahlen die Nummer der Gans zuvor eingedrückt und diese erscheint nun erhaben auf dem Boden der Roheisenmasse. Nach dem Abstechen bricht man den Vorherd auf und reinigt den- selben, indem man die zähe Ziehschlacke über den Wall auszieht. Natürlich ruht während des Abstechens und während dieser Arbeit das Gebläse, das erst wieder angelassen wird, sobald der Vorherd und das Abstichloch wieder ordnungsmäſsig verschlossen sind.
In den meisten Hütten öffnet man, nachdem ein bis zwei Gichten niedergeschmolzen sind, nochmals den Vorherd, um ihn zu reinigen und die Ziehschlacke zu entfernen. Man sticht gewöhnlich in 20 bis 24 Stunden zwei Gänse bei stillgestelltem Gebläse ab. Die Gans wird nach 10 bis 11 Stunden, nachdem sie erkaltet ist, aus der Vor- hütte gezogen und gewogen, wie es auf Fig. 60 zu sehen ist. Eine Wochenschmelze (fondée) hieſs die Arbeit von sechs Tagen und da- nach wurde die Produktion gewöhnlich angegeben. Sie betrug meist 25000 bis 30000 Pfund. Eine Hüttenreise, d. h. die Zeit, während welcher ein Ofen im Betriebe war, hieſs ouvrage, auch soudage, und wurde nach Monaten ausgedrückt. Sie wurde in Frankreich nicht eher beendet, als bis ein Fehler oder ein Mangel dazu zwang, und dauerte in Berry meist fünf bis sechs, manchmal bis elf Monate. Man bezeichnete die Hüttenreisen auch nach der Produktion, so daſs man von Reisen oder Werken von 600000 oder 800000 Pfund sprach. Das Ausblasen des Ofens nannte man mettre-hors. Gegen Ende der Hüttenreise, wenn das Gestell schon ausgeschmolzen ist und sich erweitert hat, bilden sich leicht Eisenansätze im Ofen, Sauen (renards) genannt. Auch entstehen Ansätze von verglaster Materie in der Rast. Nach dem Ausblasen ist in der Regel die Windseite am meisten weggeschmolzen. Wenn man es in der Hand hat, bläst man
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Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Diese Schlacke läuft über dem Damm auf der einen Seite, wo eine
Schlackentrift zurecht gemacht ist, ab. Die Schlacken sind von sehr
verschiedener Farbe, je nach der Natur der Erze. Die der Öfen in
Nivernais waren grünlich, voll weiſser Adern, dem Jaspis ähnlich.
Andere sind wie Flaschenglas, andere weiſslich, andere schwärzlich.
Auſserdem wechselt die Farbe der Schlacken je nach dem Ofengang.
Nachdem eine gewisse Anzahl Gichten niedergeschmolzen sind,
hat sich soviel geschmolzenes Eisen im Herd oder Eisenkasten ange-
sammelt, daſs es Zeit wird, es abzustechen. Zu dem Zwecke formt
man in dem Sandbett vor dem Ofen eine lange prismatische Rinne
ein, in welche man das flüssige Roheisen zu einer „Gans“ (gueuse)
von 1500 bis 2500 Pfd. Gewicht auslaufen läſst. In der Form hatte
man mit römischen Zahlen die Nummer der Gans zuvor eingedrückt
und diese erscheint nun erhaben auf dem Boden der Roheisenmasse.
Nach dem Abstechen bricht man den Vorherd auf und reinigt den-
selben, indem man die zähe Ziehschlacke über den Wall auszieht.
Natürlich ruht während des Abstechens und während dieser Arbeit
das Gebläse, das erst wieder angelassen wird, sobald der Vorherd
und das Abstichloch wieder ordnungsmäſsig verschlossen sind.
In den meisten Hütten öffnet man, nachdem ein bis zwei Gichten
niedergeschmolzen sind, nochmals den Vorherd, um ihn zu reinigen
und die Ziehschlacke zu entfernen. Man sticht gewöhnlich in 20 bis
24 Stunden zwei Gänse bei stillgestelltem Gebläse ab. Die Gans
wird nach 10 bis 11 Stunden, nachdem sie erkaltet ist, aus der Vor-
hütte gezogen und gewogen, wie es auf Fig. 60 zu sehen ist. Eine
Wochenschmelze (fondée) hieſs die Arbeit von sechs Tagen und da-
nach wurde die Produktion gewöhnlich angegeben. Sie betrug meist
25000 bis 30000 Pfund. Eine Hüttenreise, d. h. die Zeit, während
welcher ein Ofen im Betriebe war, hieſs ouvrage, auch soudage, und
wurde nach Monaten ausgedrückt. Sie wurde in Frankreich nicht
eher beendet, als bis ein Fehler oder ein Mangel dazu zwang, und
dauerte in Berry meist fünf bis sechs, manchmal bis elf Monate. Man
bezeichnete die Hüttenreisen auch nach der Produktion, so daſs man
von Reisen oder Werken von 600000 oder 800000 Pfund sprach.
Das Ausblasen des Ofens nannte man mettre-hors. Gegen Ende der
Hüttenreise, wenn das Gestell schon ausgeschmolzen ist und sich
erweitert hat, bilden sich leicht Eisenansätze im Ofen, Sauen (renards)
genannt. Auch entstehen Ansätze von verglaster Materie in der
Rast. Nach dem Ausblasen ist in der Regel die Windseite am
meisten weggeschmolzen. Wenn man es in der Hand hat, bläst man
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/342>, abgerufen am 22.11.2024.
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