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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
selben Kammen bewegt werden, gegenüberstehen. Es sind auf die
Welle vier gusseiserne Kränze mit hölzernen Däumlingen oder Kammen
aufgezogen. Die Kammen des folgenden Kranzes sind immer etwas
länger als die des vorhergehenden. Die Rollen werden von einer
Radwelle mittels Zahngetriebe bewegt, so dass die Rollen auch mit
zunehmender Geschwindigkeit laufen.

Der Abgang beim Ziehen betrug 25 Prozent, so dass 4 Centner
Stangeneisen von 1 Zoll Quadrat 3 Centner Draht lieferte.

In Schweden hatte man folgende Sorten: der gröbste hiess Kupfer-
schlägerdraht, davon gingen sechs Ringe auf den Centner; dann kam
Fensterdraht mit zehn Ringen auf den Centner, Reifdraht mit 20 Ringen
auf den Centner; sodann Nummerdraht, wovon die Nr. 1 bis 10
20 Ringe auf den Centner hatten. Die feineren Drahtsorten von 11
bis 24 oder 26 wurden in Ringen von 6 Mark Viktualiengewicht, also
20 Ringe auf den Centner, gebunden.

Ein schwedischer Fabrikant Eckerman erfand im Jahre 1726
zu Stockholm die Kunst, Eisendraht glatt und eben zu machen und
ihn in seidene und leinene Zeuge einzuweben, von denen er selbst
Kleider trug. Es scheint aber nicht, dass diese Erfindung einen
bemerkenswerten Erfolg hatte.

In Deutschland wurde auch am Harz Draht gezogen. Die Arbeit
dort war kurz folgende: Zuerst wurde der Draht gespitzt, geglüht,
mit Talg und Öl geschmiert und alsdann auf die erste Zange oder
Rumpel gebracht, woselbst er viermal bis zu Nr. 4 durchgezogen
wurde. Hierauf wurde er wieder geglüht, gescheuert, gespitzt,
geschmiert und auf der zweiten Zange, der Schumback, ebenfalls
viermal bis zu Nr. 8 gezogen. Alsdann glühte und scheuerte man
ihn aufs neue und brachte ihn zur dritten Zange, dem Bänkel, wo
er bis zu Nr. 13 gezogen wurde. Zuletzt wurde er nochmals geglüht,
gescheuert und auf die vierte Zange, die Schockenzange, gebracht
und daselbst bis zu Nr. 18 gezogen. Alsdann kam er auf die Leyer oder
Rollen, wo er bis zu den feinsten Sorten gezogen wurde. Auf der
Königshütte waren fünf Zangen und zwei Leyern, welche beständig
betrieben wurden. Der stärkste Draht, welcher dort verfertigt wurde,
war der Grubenseildraht von 3 bis 5 Linien Dicke. Die eisernen
Grubendrahtseile waren eine Erfindung des Berghauptmanns v. Reden
und eines Herrn Lunde und wurden in den 80 er Jahren bei den
Bergwerken am Harz eingeführt. Man produzierte auf der Königs-
hütte 35 Sorten Draht, welche mit ebensoviel Nummern bezeichnet
wurden und von dem Seildraht an in der Stärke abnahmen. Elf

Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
selben Kammen bewegt werden, gegenüberstehen. Es sind auf die
Welle vier guſseiserne Kränze mit hölzernen Däumlingen oder Kammen
aufgezogen. Die Kammen des folgenden Kranzes sind immer etwas
länger als die des vorhergehenden. Die Rollen werden von einer
Radwelle mittels Zahngetriebe bewegt, so daſs die Rollen auch mit
zunehmender Geschwindigkeit laufen.

Der Abgang beim Ziehen betrug 25 Prozent, so daſs 4 Centner
Stangeneisen von 1 Zoll Quadrat 3 Centner Draht lieferte.

In Schweden hatte man folgende Sorten: der gröbste hieſs Kupfer-
schlägerdraht, davon gingen sechs Ringe auf den Centner; dann kam
Fensterdraht mit zehn Ringen auf den Centner, Reifdraht mit 20 Ringen
auf den Centner; sodann Nummerdraht, wovon die Nr. 1 bis 10
20 Ringe auf den Centner hatten. Die feineren Drahtsorten von 11
bis 24 oder 26 wurden in Ringen von 6 Mark Viktualiengewicht, also
20 Ringe auf den Centner, gebunden.

Ein schwedischer Fabrikant Eckerman erfand im Jahre 1726
zu Stockholm die Kunst, Eisendraht glatt und eben zu machen und
ihn in seidene und leinene Zeuge einzuweben, von denen er selbst
Kleider trug. Es scheint aber nicht, daſs diese Erfindung einen
bemerkenswerten Erfolg hatte.

In Deutschland wurde auch am Harz Draht gezogen. Die Arbeit
dort war kurz folgende: Zuerst wurde der Draht gespitzt, geglüht,
mit Talg und Öl geschmiert und alsdann auf die erste Zange oder
Rumpel gebracht, woselbst er viermal bis zu Nr. 4 durchgezogen
wurde. Hierauf wurde er wieder geglüht, gescheuert, gespitzt,
geschmiert und auf der zweiten Zange, der Schumback, ebenfalls
viermal bis zu Nr. 8 gezogen. Alsdann glühte und scheuerte man
ihn aufs neue und brachte ihn zur dritten Zange, dem Bänkel, wo
er bis zu Nr. 13 gezogen wurde. Zuletzt wurde er nochmals geglüht,
gescheuert und auf die vierte Zange, die Schockenzange, gebracht
und daselbst bis zu Nr. 18 gezogen. Alsdann kam er auf die Leyer oder
Rollen, wo er bis zu den feinsten Sorten gezogen wurde. Auf der
Königshütte waren fünf Zangen und zwei Leyern, welche beständig
betrieben wurden. Der stärkste Draht, welcher dort verfertigt wurde,
war der Grubenseildraht von 3 bis 5 Linien Dicke. Die eisernen
Grubendrahtseile waren eine Erfindung des Berghauptmanns v. Reden
und eines Herrn Lunde und wurden in den 80 er Jahren bei den
Bergwerken am Harz eingeführt. Man produzierte auf der Königs-
hütte 35 Sorten Draht, welche mit ebensoviel Nummern bezeichnet
wurden und von dem Seildraht an in der Stärke abnahmen. Elf

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[463/0477] Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. selben Kammen bewegt werden, gegenüberstehen. Es sind auf die Welle vier guſseiserne Kränze mit hölzernen Däumlingen oder Kammen aufgezogen. Die Kammen des folgenden Kranzes sind immer etwas länger als die des vorhergehenden. Die Rollen werden von einer Radwelle mittels Zahngetriebe bewegt, so daſs die Rollen auch mit zunehmender Geschwindigkeit laufen. Der Abgang beim Ziehen betrug 25 Prozent, so daſs 4 Centner Stangeneisen von 1 Zoll Quadrat 3 Centner Draht lieferte. In Schweden hatte man folgende Sorten: der gröbste hieſs Kupfer- schlägerdraht, davon gingen sechs Ringe auf den Centner; dann kam Fensterdraht mit zehn Ringen auf den Centner, Reifdraht mit 20 Ringen auf den Centner; sodann Nummerdraht, wovon die Nr. 1 bis 10 20 Ringe auf den Centner hatten. Die feineren Drahtsorten von 11 bis 24 oder 26 wurden in Ringen von 6 Mark Viktualiengewicht, also 20 Ringe auf den Centner, gebunden. Ein schwedischer Fabrikant Eckerman erfand im Jahre 1726 zu Stockholm die Kunst, Eisendraht glatt und eben zu machen und ihn in seidene und leinene Zeuge einzuweben, von denen er selbst Kleider trug. Es scheint aber nicht, daſs diese Erfindung einen bemerkenswerten Erfolg hatte. In Deutschland wurde auch am Harz Draht gezogen. Die Arbeit dort war kurz folgende: Zuerst wurde der Draht gespitzt, geglüht, mit Talg und Öl geschmiert und alsdann auf die erste Zange oder Rumpel gebracht, woselbst er viermal bis zu Nr. 4 durchgezogen wurde. Hierauf wurde er wieder geglüht, gescheuert, gespitzt, geschmiert und auf der zweiten Zange, der Schumback, ebenfalls viermal bis zu Nr. 8 gezogen. Alsdann glühte und scheuerte man ihn aufs neue und brachte ihn zur dritten Zange, dem Bänkel, wo er bis zu Nr. 13 gezogen wurde. Zuletzt wurde er nochmals geglüht, gescheuert und auf die vierte Zange, die Schockenzange, gebracht und daselbst bis zu Nr. 18 gezogen. Alsdann kam er auf die Leyer oder Rollen, wo er bis zu den feinsten Sorten gezogen wurde. Auf der Königshütte waren fünf Zangen und zwei Leyern, welche beständig betrieben wurden. Der stärkste Draht, welcher dort verfertigt wurde, war der Grubenseildraht von 3 bis 5 Linien Dicke. Die eisernen Grubendrahtseile waren eine Erfindung des Berghauptmanns v. Reden und eines Herrn Lunde und wurden in den 80 er Jahren bei den Bergwerken am Harz eingeführt. Man produzierte auf der Königs- hütte 35 Sorten Draht, welche mit ebensoviel Nummern bezeichnet wurden und von dem Seildraht an in der Stärke abnahmen. Elf

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/477>, abgerufen am 22.11.2024.