Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.James Watt und die Dampfmaschine. zum Siedepunkt erhitzen konnte. Die Thatsache hatte er festgestellt,aber eine Erklärung dafür suchte er vergeblich, bis Dr. Black ihm das Gesetz der gebundenen Wärme erklärte. Nachdem Watt hier- durch erkannt hatte, welch eine Menge Wärme im Dampf gebunden sei, lenkte er seine ganze Aufmerksamkeit darauf, bei seiner Maschine Dampf zu sparen, da hierdurch die grösste Kohlenersparnis erzielt werden musste. Er machte Versuche, um mit der gleichen Menge Kohle mehr Dampf zu erzeugen durch bessere Ausnutzung der Wärme der Feuergase. Dies erreichte er dadurch, dass er Feuerzüge durch den Kessel legte und den Kessel ausserhalb der Feuerung mit Holz als den schlechteren Wärmeleiter umkleidete. Ebenso umkleidete er den Dampfcylinder und die Dampfrohre. Aber alles das half nur wenig gegenüber dem Dampfverbrauch zur Wiedererhitzung der durch das in den Cylinder nach jedem Aufgang eingespritzte kalte Wasser [Abbildung]
Fig. 128. abgekühlten Cylinderwände. Wenn dieWände nicht mit abgekühlt wurden bei der Kondensation des Dampfes? Aber wie war das möglich? Und wenn es selbst möglich wäre, so würden die heissen Cylinderwände beim Niedergang neuen Dampf erzeugen und dadurch ein Hin- dernis bilden. Das Einspritzen des Was- sers in den Cylinder war der grösste Nachteil der Maschine, das erkannte Watt deutlich, aber wie war es möglich, dies zu vermeiden? Er grübelte über diese Fragen unablässig. Bei einem Sonntagnachmittag-Spaziergang im Frühjahr 1795 durch die Wiesen bei Glasgow (the Green) kam ihm, wie er später selbst erzählte, plötzlich der Gedanke der getrennten Kondensation. Der Gedanke kam ihm wie eine Erleuchtung; er erfasste ihn sofort, hielt ihn fest, dachte ihn in seinen Einzelheiten und seiner praktischen Durchführbarkeit aus, und als er nach Hause zurückkehrte, war der Kondensator erfunden. Der wichtigste Schritt auf Watts Wege zur Erfindung der Dampfmaschine war damit gethan, denn er war ein wirklicher Fortschritt, eine unzweifelhafte Ver- besserung der alten Feuermaschine. Watt ging sofort an die Arbeit und machte sein erstes Modell einer Dampfmaschine (Fig. 128), welches in etwa zwei Monaten vollendet war. Sein Maschinchen, wenn auch in Einzelheiten mangelhaft, arbeitete ausgezeichnet. Er spannte den Dampf auf 101/2 Pfund und hob mit den kleinen Kolben James Watt und die Dampfmaschine. zum Siedepunkt erhitzen konnte. Die Thatsache hatte er festgestellt,aber eine Erklärung dafür suchte er vergeblich, bis Dr. Black ihm das Gesetz der gebundenen Wärme erklärte. Nachdem Watt hier- durch erkannt hatte, welch eine Menge Wärme im Dampf gebunden sei, lenkte er seine ganze Aufmerksamkeit darauf, bei seiner Maschine Dampf zu sparen, da hierdurch die gröſste Kohlenersparnis erzielt werden muſste. Er machte Versuche, um mit der gleichen Menge Kohle mehr Dampf zu erzeugen durch bessere Ausnutzung der Wärme der Feuergase. Dies erreichte er dadurch, daſs er Feuerzüge durch den Kessel legte und den Kessel auſserhalb der Feuerung mit Holz als den schlechteren Wärmeleiter umkleidete. Ebenso umkleidete er den Dampfcylinder und die Dampfrohre. Aber alles das half nur wenig gegenüber dem Dampfverbrauch zur Wiedererhitzung der durch das in den Cylinder nach jedem Aufgang eingespritzte kalte Wasser [Abbildung]
Fig. 128. abgekühlten Cylinderwände. Wenn dieWände nicht mit abgekühlt wurden bei der Kondensation des Dampfes? Aber wie war das möglich? Und wenn es selbst möglich wäre, so würden die heiſsen Cylinderwände beim Niedergang neuen Dampf erzeugen und dadurch ein Hin- dernis bilden. Das Einspritzen des Was- sers in den Cylinder war der gröſste Nachteil der Maschine, das erkannte Watt deutlich, aber wie war es möglich, dies zu vermeiden? Er grübelte über diese Fragen unablässig. Bei einem Sonntagnachmittag-Spaziergang im Frühjahr 1795 durch die Wiesen bei Glasgow (the Green) kam ihm, wie er später selbst erzählte, plötzlich der Gedanke der getrennten Kondensation. Der Gedanke kam ihm wie eine Erleuchtung; er erfaſste ihn sofort, hielt ihn fest, dachte ihn in seinen Einzelheiten und seiner praktischen Durchführbarkeit aus, und als er nach Hause zurückkehrte, war der Kondensator erfunden. Der wichtigste Schritt auf Watts Wege zur Erfindung der Dampfmaschine war damit gethan, denn er war ein wirklicher Fortschritt, eine unzweifelhafte Ver- besserung der alten Feuermaschine. Watt ging sofort an die Arbeit und machte sein erstes Modell einer Dampfmaschine (Fig. 128), welches in etwa zwei Monaten vollendet war. Sein Maschinchen, wenn auch in Einzelheiten mangelhaft, arbeitete ausgezeichnet. Er spannte den Dampf auf 10½ Pfund und hob mit den kleinen Kolben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0526" n="512"/><fw place="top" type="header">James Watt und die Dampfmaschine.</fw><lb/> zum Siedepunkt erhitzen konnte. Die Thatsache hatte er festgestellt,<lb/> aber eine Erklärung dafür suchte er vergeblich, bis Dr. <hi rendition="#g">Black</hi> ihm<lb/> das Gesetz der gebundenen Wärme erklärte. Nachdem <hi rendition="#g">Watt</hi> hier-<lb/> durch erkannt hatte, welch eine Menge Wärme im Dampf gebunden<lb/> sei, lenkte er seine ganze Aufmerksamkeit darauf, bei seiner Maschine<lb/> Dampf zu sparen, da hierdurch die gröſste Kohlenersparnis erzielt<lb/> werden muſste. Er machte Versuche, um mit der gleichen Menge<lb/> Kohle mehr Dampf zu erzeugen durch bessere Ausnutzung der Wärme<lb/> der Feuergase. Dies erreichte er dadurch, daſs er Feuerzüge durch<lb/> den Kessel legte und den Kessel auſserhalb der Feuerung mit Holz<lb/> als den schlechteren Wärmeleiter umkleidete. Ebenso umkleidete er<lb/> den Dampfcylinder und die Dampfrohre. Aber alles das half nur<lb/> wenig gegenüber dem Dampfverbrauch zur Wiedererhitzung der durch<lb/> das in den Cylinder nach jedem Aufgang eingespritzte kalte Wasser<lb/><figure><head>Fig. 128.</head></figure><lb/> abgekühlten Cylinderwände. Wenn die<lb/> Wände nicht mit abgekühlt wurden bei<lb/> der Kondensation des Dampfes? Aber<lb/> wie war das möglich? Und wenn es<lb/> selbst möglich wäre, so würden die heiſsen<lb/> Cylinderwände beim Niedergang neuen<lb/> Dampf erzeugen und dadurch ein Hin-<lb/> dernis bilden. Das Einspritzen des Was-<lb/> sers in den Cylinder war der gröſste<lb/> Nachteil der Maschine, das erkannte<lb/><hi rendition="#g">Watt</hi> deutlich, aber wie war es möglich,<lb/> dies zu vermeiden? Er grübelte über diese<lb/> Fragen unablässig. Bei einem Sonntagnachmittag-Spaziergang im<lb/> Frühjahr 1795 durch die Wiesen bei Glasgow (the Green) kam ihm,<lb/> wie er später selbst erzählte, plötzlich der Gedanke der getrennten<lb/> Kondensation. Der Gedanke kam ihm wie eine Erleuchtung; er<lb/> erfaſste ihn sofort, hielt ihn fest, dachte ihn in seinen Einzelheiten<lb/> und seiner praktischen Durchführbarkeit aus, und als er nach Hause<lb/> zurückkehrte, war der Kondensator erfunden. Der wichtigste Schritt<lb/> auf <hi rendition="#g">Watts</hi> Wege zur Erfindung der Dampfmaschine war damit gethan,<lb/> denn er war ein wirklicher Fortschritt, eine unzweifelhafte Ver-<lb/> besserung der alten Feuermaschine. <hi rendition="#g">Watt</hi> ging sofort an die Arbeit<lb/> und machte sein <hi rendition="#g">erstes Modell einer Dampfmaschine</hi> (Fig. 128),<lb/> welches in etwa zwei Monaten vollendet war. Sein Maschinchen,<lb/> wenn auch in Einzelheiten mangelhaft, arbeitete ausgezeichnet. Er<lb/> spannte den Dampf auf 10½ Pfund und hob mit den kleinen Kolben<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [512/0526]
James Watt und die Dampfmaschine.
zum Siedepunkt erhitzen konnte. Die Thatsache hatte er festgestellt,
aber eine Erklärung dafür suchte er vergeblich, bis Dr. Black ihm
das Gesetz der gebundenen Wärme erklärte. Nachdem Watt hier-
durch erkannt hatte, welch eine Menge Wärme im Dampf gebunden
sei, lenkte er seine ganze Aufmerksamkeit darauf, bei seiner Maschine
Dampf zu sparen, da hierdurch die gröſste Kohlenersparnis erzielt
werden muſste. Er machte Versuche, um mit der gleichen Menge
Kohle mehr Dampf zu erzeugen durch bessere Ausnutzung der Wärme
der Feuergase. Dies erreichte er dadurch, daſs er Feuerzüge durch
den Kessel legte und den Kessel auſserhalb der Feuerung mit Holz
als den schlechteren Wärmeleiter umkleidete. Ebenso umkleidete er
den Dampfcylinder und die Dampfrohre. Aber alles das half nur
wenig gegenüber dem Dampfverbrauch zur Wiedererhitzung der durch
das in den Cylinder nach jedem Aufgang eingespritzte kalte Wasser
[Abbildung Fig. 128.]
abgekühlten Cylinderwände. Wenn die
Wände nicht mit abgekühlt wurden bei
der Kondensation des Dampfes? Aber
wie war das möglich? Und wenn es
selbst möglich wäre, so würden die heiſsen
Cylinderwände beim Niedergang neuen
Dampf erzeugen und dadurch ein Hin-
dernis bilden. Das Einspritzen des Was-
sers in den Cylinder war der gröſste
Nachteil der Maschine, das erkannte
Watt deutlich, aber wie war es möglich,
dies zu vermeiden? Er grübelte über diese
Fragen unablässig. Bei einem Sonntagnachmittag-Spaziergang im
Frühjahr 1795 durch die Wiesen bei Glasgow (the Green) kam ihm,
wie er später selbst erzählte, plötzlich der Gedanke der getrennten
Kondensation. Der Gedanke kam ihm wie eine Erleuchtung; er
erfaſste ihn sofort, hielt ihn fest, dachte ihn in seinen Einzelheiten
und seiner praktischen Durchführbarkeit aus, und als er nach Hause
zurückkehrte, war der Kondensator erfunden. Der wichtigste Schritt
auf Watts Wege zur Erfindung der Dampfmaschine war damit gethan,
denn er war ein wirklicher Fortschritt, eine unzweifelhafte Ver-
besserung der alten Feuermaschine. Watt ging sofort an die Arbeit
und machte sein erstes Modell einer Dampfmaschine (Fig. 128),
welches in etwa zwei Monaten vollendet war. Sein Maschinchen,
wenn auch in Einzelheiten mangelhaft, arbeitete ausgezeichnet. Er
spannte den Dampf auf 10½ Pfund und hob mit den kleinen Kolben
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