Hülfe von Dampfmaschinen auszuwalzen. Der Zweck war dabei, nach Belieben eine Vorwärts- oder Rückwärtsbewegung der Walzen zu erzielen 1).
Im Jahre 1798 wurden zwei Patente für Schnellwalzen erteilt, das erste an John Champion für eine Drahtwalze, das zweite an John Hazeldine für eine Verbindung verschiedener Walzen durch Führungen, so dass das Metall, welches ein Walzenpaar verlässt, die übrigen Paare passieren kann ohne jede Beihülfe. Sehr bemerkens- wert ist auch das Nagelwalzwerk, welches Thomas Clifford 1790 patentiert bekam. Der angewendete Apparat bestand aus zwei auf einem passenden Gerüst gut montierten Walzen und aus einem Paar Zahnrädern an den betreffenden Walzenachsen, welche die gleich- zeitige und gleichmässige Bewegung hervorbrachten. Diese Walzen wirken wie sich umdrehende Stempel, indem sich auf einer oder mehreren fortlaufenden Linien Vertiefungen rund um den Umfang der Walzen befanden, welche eine oder mehrere Reihen von Nagelformen bildeten, so dass immer Kopf und Spitze zusammenstiessen und auf jeder Walze die Hälfte der Nagelform eingegraben war. Das Nagel- eisen wurde glühend durchgewalzt und in die Vertiefungen hinein- gepresst, wodurch eine fortlaufende Kette von Nägeln entstand, bei denen Kopf und Spitze zusammenhingen; oder man konnte die Ver- tiefungen auch so machen, dass immer zwei Köpfe und zwei Spitzen sich begegneten. Durch einen weiteren Prozess wurden die Nägel zerschnitten und mittels geeigneter Werkzeuge fertig gemacht. ...
In Deutschland und Frankreich fanden die Walzen erst zu Ende des Jahrhunderts Eingang. Das erste Blechwalzwerk in Deutschland wurde um 1780 zu Neuwied betrieben 2). In Westfalen legte der Landrichter Göcke im Jahre 1789 die erste Plattenwalze oder Schwarz- blechfabrik zu Everingsen an. Es war lange die einzige Anlage dieser Art in der Mark und die erste Konkurrenz für die benachbarten Plattenhämmer zu Olpe. In Österreich wurde das erste Blechwalz- werk im Jahre 1793 zu Lippitzbach in Kärnten errichtet und in Betrieb genommen. Das erste Walzwerk am Harz war ein Messingwalzwerk, welches 1800 bei Goslar von dem Hüttenreiter Stünkel angelegt wurde.
1) Diese Patentbeschreibung Nr. 1857 ist mit Zeichnungen versehen. Siehe Abridgments, S. 25; wir kommen auf das Walzverfahren bei der Geschichte von England zurück.
2) Nach Dietrich, Descriptions des geites de minerai et des bouches a feu de la France, Tome II, p. 346, wo gesagt wird, dass Joh. v. Dietrich ein Blech- walzwerk zu Rauschendwasser nach dem Muster des zu Neuwied betriebenen errichtet habe.
Walzwerke. Scheren.
Hülfe von Dampfmaschinen auszuwalzen. Der Zweck war dabei, nach Belieben eine Vorwärts- oder Rückwärtsbewegung der Walzen zu erzielen 1).
Im Jahre 1798 wurden zwei Patente für Schnellwalzen erteilt, das erste an John Champion für eine Drahtwalze, das zweite an John Hazeldine für eine Verbindung verschiedener Walzen durch Führungen, so daſs das Metall, welches ein Walzenpaar verläſst, die übrigen Paare passieren kann ohne jede Beihülfe. Sehr bemerkens- wert ist auch das Nagelwalzwerk, welches Thomas Clifford 1790 patentiert bekam. Der angewendete Apparat bestand aus zwei auf einem passenden Gerüst gut montierten Walzen und aus einem Paar Zahnrädern an den betreffenden Walzenachsen, welche die gleich- zeitige und gleichmäſsige Bewegung hervorbrachten. Diese Walzen wirken wie sich umdrehende Stempel, indem sich auf einer oder mehreren fortlaufenden Linien Vertiefungen rund um den Umfang der Walzen befanden, welche eine oder mehrere Reihen von Nagelformen bildeten, so daſs immer Kopf und Spitze zusammenstieſsen und auf jeder Walze die Hälfte der Nagelform eingegraben war. Das Nagel- eisen wurde glühend durchgewalzt und in die Vertiefungen hinein- gepreſst, wodurch eine fortlaufende Kette von Nägeln entstand, bei denen Kopf und Spitze zusammenhingen; oder man konnte die Ver- tiefungen auch so machen, daſs immer zwei Köpfe und zwei Spitzen sich begegneten. Durch einen weiteren Prozeſs wurden die Nägel zerschnitten und mittels geeigneter Werkzeuge fertig gemacht. …
In Deutschland und Frankreich fanden die Walzen erst zu Ende des Jahrhunderts Eingang. Das erste Blechwalzwerk in Deutschland wurde um 1780 zu Neuwied betrieben 2). In Westfalen legte der Landrichter Göcke im Jahre 1789 die erste Plattenwalze oder Schwarz- blechfabrik zu Everingsen an. Es war lange die einzige Anlage dieser Art in der Mark und die erste Konkurrenz für die benachbarten Plattenhämmer zu Olpe. In Österreich wurde das erste Blechwalz- werk im Jahre 1793 zu Lippitzbach in Kärnten errichtet und in Betrieb genommen. Das erste Walzwerk am Harz war ein Messingwalzwerk, welches 1800 bei Goslar von dem Hüttenreiter Stünkel angelegt wurde.
1) Diese Patentbeschreibung Nr. 1857 ist mit Zeichnungen versehen. Siehe Abridgments, S. 25; wir kommen auf das Walzverfahren bei der Geschichte von England zurück.
2) Nach Dietrich, Descriptions des gîtes de minerai et des bouches à feu de la France, Tome II, p. 346, wo gesagt wird, daſs Joh. v. Dietrich ein Blech- walzwerk zu Rauschendwasser nach dem Muster des zu Neuwied betriebenen errichtet habe.
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Walzwerke. Scheren.
Hülfe von Dampfmaschinen auszuwalzen. Der Zweck war dabei, nach
Belieben eine Vorwärts- oder Rückwärtsbewegung der Walzen zu
erzielen 1).
Im Jahre 1798 wurden zwei Patente für Schnellwalzen erteilt,
das erste an John Champion für eine Drahtwalze, das zweite an
John Hazeldine für eine Verbindung verschiedener Walzen durch
Führungen, so daſs das Metall, welches ein Walzenpaar verläſst, die
übrigen Paare passieren kann ohne jede Beihülfe. Sehr bemerkens-
wert ist auch das Nagelwalzwerk, welches Thomas Clifford 1790
patentiert bekam. Der angewendete Apparat bestand aus zwei auf
einem passenden Gerüst gut montierten Walzen und aus einem Paar
Zahnrädern an den betreffenden Walzenachsen, welche die gleich-
zeitige und gleichmäſsige Bewegung hervorbrachten. Diese Walzen
wirken wie sich umdrehende Stempel, indem sich auf einer oder
mehreren fortlaufenden Linien Vertiefungen rund um den Umfang der
Walzen befanden, welche eine oder mehrere Reihen von Nagelformen
bildeten, so daſs immer Kopf und Spitze zusammenstieſsen und auf
jeder Walze die Hälfte der Nagelform eingegraben war. Das Nagel-
eisen wurde glühend durchgewalzt und in die Vertiefungen hinein-
gepreſst, wodurch eine fortlaufende Kette von Nägeln entstand, bei
denen Kopf und Spitze zusammenhingen; oder man konnte die Ver-
tiefungen auch so machen, daſs immer zwei Köpfe und zwei Spitzen
sich begegneten. Durch einen weiteren Prozeſs wurden die Nägel
zerschnitten und mittels geeigneter Werkzeuge fertig gemacht. …
In Deutschland und Frankreich fanden die Walzen erst zu Ende
des Jahrhunderts Eingang. Das erste Blechwalzwerk in Deutschland
wurde um 1780 zu Neuwied betrieben 2). In Westfalen legte der
Landrichter Göcke im Jahre 1789 die erste Plattenwalze oder Schwarz-
blechfabrik zu Everingsen an. Es war lange die einzige Anlage dieser
Art in der Mark und die erste Konkurrenz für die benachbarten
Plattenhämmer zu Olpe. In Österreich wurde das erste Blechwalz-
werk im Jahre 1793 zu Lippitzbach in Kärnten errichtet und in Betrieb
genommen. Das erste Walzwerk am Harz war ein Messingwalzwerk,
welches 1800 bei Goslar von dem Hüttenreiter Stünkel angelegt wurde.
1) Diese Patentbeschreibung Nr. 1857 ist mit Zeichnungen versehen. Siehe
Abridgments, S. 25; wir kommen auf das Walzverfahren bei der Geschichte
von England zurück.
2) Nach Dietrich, Descriptions des gîtes de minerai et des bouches à feu
de la France, Tome II, p. 346, wo gesagt wird, daſs Joh. v. Dietrich ein Blech-
walzwerk zu Rauschendwasser nach dem Muster des zu Neuwied betriebenen
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/606>, abgerufen am 22.11.2024.
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