loser Körper kennen, die man vorher gar nicht darauf untersucht hatte. Aber indem man sich nicht damit begnügte, die quantitative Zusammensetzung einer Einheitsmenge zu finden, sondern ebenso danach suchte, wie viele der verschiedenen Bestandteile sich mit dem gleichen Gewicht einer bestimmten Substanz verbinden und in der weiteren Folge, eine wie grosse Menge einer Substanz nötig ist, um eine gewisse Menge einer anderen Substanz in Verbindungen zu ersetzen, kam man auf den Begriff des Äquivalents und legte damit die Grundlage der Stöchiometrie. Man fand, nachdem man die Äquivalentzahlen ermittelt hatte, dass die chemischen Verbindungen nicht nur in konstanten, sondern auch in einfachen Gewichtsverhält- nissen statthaben. Die quantitative Analyse führte ferner zur Auf- findung des Gesetzes der multiplen Proportionen. Mit der Erkenntnis dieser Gesetze erhebt sich die chemische Wissenschaft über den empirischen Standpunkt empor zur Wissenschaft. Indem man sich nicht mit der Gewichtsermittelung begnügte, sondern bei den gasförmigen Körpern auch die Volumveränderungen beobachtete und deren Gesetzmässigkeit erkannte, gelangte man zur Entdeckung des Zusammenhangs zwischen specifischem Gewicht und Äquivalent- gewicht bei den gasförmigen Körpern. Und diese Entdeckung führte wieder zur Bestimmung des Atomgewichtes.
Dass eine ganz andere Vorstellung von den Elementen mit der neuen Lehre aufkam, bedarf kaum der Erwähnung. Für sie war ein Element der Stoff, der sich chemisch nicht weiter zerlegen lässt.
So entsprang aus Lavoisiers Untersuchungen, Entdeckungen und Schlussfolgerungen der ganze Reichtum der modernen Chemie.
Wie Schuppen fiel es nun auch den Metallurgen von den Augen. Wie einfach und natürlich erschienen jetzt die Vorgänge, deren Erklärung die Phlogistontheorie mehr verdunkelt als aufgeklärt hatte. Oxydation und Reduktion sind ja die Grundlage fast aller metallurgischen Operationen. Diese waren durch die neue Lehre auf das einfachste erklärt. Jetzt erst kam die Luft, die man zwar als Luftzug oder Gebläsewind auch vordem nie entbehren konnte, der die Theorie aber immer nur eine zufällige, nebensächliche Bedeu- tung zuerkannt hatte, zu ihrem Recht. Jetzt erst fiel der Schleier des Geheimnisses, der die Konstitution der verschiedenen Eisen- sorten verhüllt hatte. Der "flüchtige Schwefel", das "brennliche Wesen", das "Phlogiston" und wie man es sonst noch genannt hatte, es enthüllte sich einfach als Kohlenstoff; ein Stoff, der uns überall umgiebt, den wir mit uns herumtragen, der unserem Körper
Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
loser Körper kennen, die man vorher gar nicht darauf untersucht hatte. Aber indem man sich nicht damit begnügte, die quantitative Zusammensetzung einer Einheitsmenge zu finden, sondern ebenso danach suchte, wie viele der verschiedenen Bestandteile sich mit dem gleichen Gewicht einer bestimmten Substanz verbinden und in der weiteren Folge, eine wie groſse Menge einer Substanz nötig ist, um eine gewisse Menge einer anderen Substanz in Verbindungen zu ersetzen, kam man auf den Begriff des Äquivalents und legte damit die Grundlage der Stöchiometrie. Man fand, nachdem man die Äquivalentzahlen ermittelt hatte, daſs die chemischen Verbindungen nicht nur in konstanten, sondern auch in einfachen Gewichtsverhält- nissen statthaben. Die quantitative Analyse führte ferner zur Auf- findung des Gesetzes der multiplen Proportionen. Mit der Erkenntnis dieser Gesetze erhebt sich die chemische Wissenschaft über den empirischen Standpunkt empor zur Wissenschaft. Indem man sich nicht mit der Gewichtsermittelung begnügte, sondern bei den gasförmigen Körpern auch die Volumveränderungen beobachtete und deren Gesetzmäſsigkeit erkannte, gelangte man zur Entdeckung des Zusammenhangs zwischen specifischem Gewicht und Äquivalent- gewicht bei den gasförmigen Körpern. Und diese Entdeckung führte wieder zur Bestimmung des Atomgewichtes.
Daſs eine ganz andere Vorstellung von den Elementen mit der neuen Lehre aufkam, bedarf kaum der Erwähnung. Für sie war ein Element der Stoff, der sich chemisch nicht weiter zerlegen läſst.
So entsprang aus Lavoisiers Untersuchungen, Entdeckungen und Schluſsfolgerungen der ganze Reichtum der modernen Chemie.
Wie Schuppen fiel es nun auch den Metallurgen von den Augen. Wie einfach und natürlich erschienen jetzt die Vorgänge, deren Erklärung die Phlogistontheorie mehr verdunkelt als aufgeklärt hatte. Oxydation und Reduktion sind ja die Grundlage fast aller metallurgischen Operationen. Diese waren durch die neue Lehre auf das einfachste erklärt. Jetzt erst kam die Luft, die man zwar als Luftzug oder Gebläsewind auch vordem nie entbehren konnte, der die Theorie aber immer nur eine zufällige, nebensächliche Bedeu- tung zuerkannt hatte, zu ihrem Recht. Jetzt erst fiel der Schleier des Geheimnisses, der die Konstitution der verschiedenen Eisen- sorten verhüllt hatte. Der „flüchtige Schwefel“, das „brennliche Wesen“, das „Phlogiston“ und wie man es sonst noch genannt hatte, es enthüllte sich einfach als Kohlenstoff; ein Stoff, der uns überall umgiebt, den wir mit uns herumtragen, der unserem Körper
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[635/0649]
Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
loser Körper kennen, die man vorher gar nicht darauf untersucht
hatte. Aber indem man sich nicht damit begnügte, die quantitative
Zusammensetzung einer Einheitsmenge zu finden, sondern ebenso
danach suchte, wie viele der verschiedenen Bestandteile sich mit dem
gleichen Gewicht einer bestimmten Substanz verbinden und in der
weiteren Folge, eine wie groſse Menge einer Substanz nötig ist, um
eine gewisse Menge einer anderen Substanz in Verbindungen zu ersetzen,
kam man auf den Begriff des Äquivalents und legte damit die
Grundlage der Stöchiometrie. Man fand, nachdem man die
Äquivalentzahlen ermittelt hatte, daſs die chemischen Verbindungen
nicht nur in konstanten, sondern auch in einfachen Gewichtsverhält-
nissen statthaben. Die quantitative Analyse führte ferner zur Auf-
findung des Gesetzes der multiplen Proportionen. Mit der
Erkenntnis dieser Gesetze erhebt sich die chemische Wissenschaft
über den empirischen Standpunkt empor zur Wissenschaft. Indem
man sich nicht mit der Gewichtsermittelung begnügte, sondern bei
den gasförmigen Körpern auch die Volumveränderungen beobachtete
und deren Gesetzmäſsigkeit erkannte, gelangte man zur Entdeckung
des Zusammenhangs zwischen specifischem Gewicht und Äquivalent-
gewicht bei den gasförmigen Körpern. Und diese Entdeckung führte
wieder zur Bestimmung des Atomgewichtes.
Daſs eine ganz andere Vorstellung von den Elementen mit der
neuen Lehre aufkam, bedarf kaum der Erwähnung. Für sie war ein
Element der Stoff, der sich chemisch nicht weiter zerlegen läſst.
So entsprang aus Lavoisiers Untersuchungen, Entdeckungen
und Schluſsfolgerungen der ganze Reichtum der modernen Chemie.
Wie Schuppen fiel es nun auch den Metallurgen von den Augen.
Wie einfach und natürlich erschienen jetzt die Vorgänge, deren
Erklärung die Phlogistontheorie mehr verdunkelt als aufgeklärt
hatte. Oxydation und Reduktion sind ja die Grundlage fast aller
metallurgischen Operationen. Diese waren durch die neue Lehre auf
das einfachste erklärt. Jetzt erst kam die Luft, die man zwar als
Luftzug oder Gebläsewind auch vordem nie entbehren konnte, der
die Theorie aber immer nur eine zufällige, nebensächliche Bedeu-
tung zuerkannt hatte, zu ihrem Recht. Jetzt erst fiel der Schleier
des Geheimnisses, der die Konstitution der verschiedenen Eisen-
sorten verhüllt hatte. Der „flüchtige Schwefel“, das „brennliche
Wesen“, das „Phlogiston“ und wie man es sonst noch genannt
hatte, es enthüllte sich einfach als Kohlenstoff; ein Stoff, der uns
überall umgiebt, den wir mit uns herumtragen, der unserem Körper
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/649>, abgerufen am 22.11.2024.
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