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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Frischfeuer 1775 bis 1800.
Frischen am Harz und in Österreich zu Ende des Jahrhunderts.

Über das Eisenfrischen am Schlusse des 17. Jahrhunderts liegen
ausführlichere Nachrichten vor, aus denen wir auszugsweise das Nach-
folgende mitteilen.

Das Kaltfrischen oder die Kaltbläserarbeit, welche am Rhein
gebräuchlich war und deshalb auch rheinisches Frischen genannt
wurde, war diejenige Abänderung der deutschen Frischarbeit, bei welcher
das zu frischende Eisen, um es schneller aufbrechen zu können,
abgeschreckt wurde.

Das Kaltfrischen unterschied sich von dem Warmfrischen (dem
eigentlichen deutschen Frischen) dadurch, dass man das Eisen, sobald
es im Frischherde eingeschmolzen war, bis zur völligen Erstarrung
kalt werden liess, zu welchem Zwecke man die Schlacke von dem
auf dem Boden befindlichen flüssigen Eisen mit der Handschaufel
wegscharrte und die Erstarrung des Eisens durch Aufgiessen von
Wasser beförderte. Wenn die Arbeit so etwa eine halbe Stunde
unterbrochen worden war, wurde der erstarrte Eisenklumpen auf-
gebrochen, umgewendet, Kohlen darunter gebracht und noch einmal
langsam eingeschmolzen. Das Eisen wurde hierbei dem Winde des
Gebläses von neuem ausgesetzt, frischte dadurch gleichmässig und
schnell und pflegte nach dieser zweiten Schmelzung schmiedbar zu sein.
Wurde die Hitze im Anfange bis zum Kochen des Roheisens fort-
gesetzt und dann erst abgekühlt, so nannte man dies Rohfrischen.
Das Kaltfrischen wurde um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Schmal-
kalden eingeführt und werden wir bei der Landesgeschichte darüber
noch nähere Angaben machen.

Am Harz war das deutsche Frischverfahren in Gebrauch und
zwar diejenige Abänderung, welche man das Klumpfrischen nannte.

Man verschmolz dabei graues oder halbiertes Roheisen 1). Der Herd war
aus vier eisernen Zacken einschliesslich der Bodenplatte zusammengesetzt.
Letztere war 2 Fuss 1 bis 2 Zoll im Quadrat, 21/2 Zoll dick und wurde von unten
durch Wasser gekühlt.

Der Formzacken war 2 Fuss 2 Zoll lang und 1 Fuss 2 bis 3 Zoll hoch, der
Gichtzacken war 2 Fuss 6 bis 12 Zoll lang und 1 Fuss 3 Zoll hoch, der Hinter-
zacken 2 Fuss 2 Zoll lang und 1 Fuss 4 Zoll hoch; alle waren 2 Zoll dick.

Die Vorderseite hatte keinen Zacken, sondern wurde mit Gestübbe zu-
gemacht, dagegen befand sich hier die eiserne Schlackenrinne oder Lachtsohle,
1 Fuss 6 Zoll lang, 6 bis 8 Zoll weit und 4 bis 5 Zoll hoch. Sie war an beiden
Seiten des Mauerwerks befestigt und mit einer starken Eisenplatte, dem Schlacken-

1) Siehe W. A. Tiemann, Bemerkungen und Versuche über das Eisen 1799.
Beck, Geschichte des Eisens. 43
Frischfeuer 1775 bis 1800.
Frischen am Harz und in Österreich zu Ende des Jahrhunderts.

Über das Eisenfrischen am Schlusse des 17. Jahrhunderts liegen
ausführlichere Nachrichten vor, aus denen wir auszugsweise das Nach-
folgende mitteilen.

Das Kaltfrischen oder die Kaltbläserarbeit, welche am Rhein
gebräuchlich war und deshalb auch rheinisches Frischen genannt
wurde, war diejenige Abänderung der deutschen Frischarbeit, bei welcher
das zu frischende Eisen, um es schneller aufbrechen zu können,
abgeschreckt wurde.

Das Kaltfrischen unterschied sich von dem Warmfrischen (dem
eigentlichen deutschen Frischen) dadurch, daſs man das Eisen, sobald
es im Frischherde eingeschmolzen war, bis zur völligen Erstarrung
kalt werden lieſs, zu welchem Zwecke man die Schlacke von dem
auf dem Boden befindlichen flüssigen Eisen mit der Handschaufel
wegscharrte und die Erstarrung des Eisens durch Aufgieſsen von
Wasser beförderte. Wenn die Arbeit so etwa eine halbe Stunde
unterbrochen worden war, wurde der erstarrte Eisenklumpen auf-
gebrochen, umgewendet, Kohlen darunter gebracht und noch einmal
langsam eingeschmolzen. Das Eisen wurde hierbei dem Winde des
Gebläses von neuem ausgesetzt, frischte dadurch gleichmäſsig und
schnell und pflegte nach dieser zweiten Schmelzung schmiedbar zu sein.
Wurde die Hitze im Anfange bis zum Kochen des Roheisens fort-
gesetzt und dann erst abgekühlt, so nannte man dies Rohfrischen.
Das Kaltfrischen wurde um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Schmal-
kalden eingeführt und werden wir bei der Landesgeschichte darüber
noch nähere Angaben machen.

Am Harz war das deutsche Frischverfahren in Gebrauch und
zwar diejenige Abänderung, welche man das Klumpfrischen nannte.

Man verschmolz dabei graues oder halbiertes Roheisen 1). Der Herd war
aus vier eisernen Zacken einschlieſslich der Bodenplatte zusammengesetzt.
Letztere war 2 Fuſs 1 bis 2 Zoll im Quadrat, 2½ Zoll dick und wurde von unten
durch Wasser gekühlt.

Der Formzacken war 2 Fuſs 2 Zoll lang und 1 Fuſs 2 bis 3 Zoll hoch, der
Gichtzacken war 2 Fuſs 6 bis 12 Zoll lang und 1 Fuſs 3 Zoll hoch, der Hinter-
zacken 2 Fuſs 2 Zoll lang und 1 Fuſs 4 Zoll hoch; alle waren 2 Zoll dick.

Die Vorderseite hatte keinen Zacken, sondern wurde mit Gestübbe zu-
gemacht, dagegen befand sich hier die eiserne Schlackenrinne oder Lachtsohle,
1 Fuſs 6 Zoll lang, 6 bis 8 Zoll weit und 4 bis 5 Zoll hoch. Sie war an beiden
Seiten des Mauerwerks befestigt und mit einer starken Eisenplatte, dem Schlacken-

1) Siehe W. A. Tiemann, Bemerkungen und Versuche über das Eisen 1799.
Beck, Geschichte des Eisens. 43
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[673/0687] Frischfeuer 1775 bis 1800. Frischen am Harz und in Österreich zu Ende des Jahrhunderts. Über das Eisenfrischen am Schlusse des 17. Jahrhunderts liegen ausführlichere Nachrichten vor, aus denen wir auszugsweise das Nach- folgende mitteilen. Das Kaltfrischen oder die Kaltbläserarbeit, welche am Rhein gebräuchlich war und deshalb auch rheinisches Frischen genannt wurde, war diejenige Abänderung der deutschen Frischarbeit, bei welcher das zu frischende Eisen, um es schneller aufbrechen zu können, abgeschreckt wurde. Das Kaltfrischen unterschied sich von dem Warmfrischen (dem eigentlichen deutschen Frischen) dadurch, daſs man das Eisen, sobald es im Frischherde eingeschmolzen war, bis zur völligen Erstarrung kalt werden lieſs, zu welchem Zwecke man die Schlacke von dem auf dem Boden befindlichen flüssigen Eisen mit der Handschaufel wegscharrte und die Erstarrung des Eisens durch Aufgieſsen von Wasser beförderte. Wenn die Arbeit so etwa eine halbe Stunde unterbrochen worden war, wurde der erstarrte Eisenklumpen auf- gebrochen, umgewendet, Kohlen darunter gebracht und noch einmal langsam eingeschmolzen. Das Eisen wurde hierbei dem Winde des Gebläses von neuem ausgesetzt, frischte dadurch gleichmäſsig und schnell und pflegte nach dieser zweiten Schmelzung schmiedbar zu sein. Wurde die Hitze im Anfange bis zum Kochen des Roheisens fort- gesetzt und dann erst abgekühlt, so nannte man dies Rohfrischen. Das Kaltfrischen wurde um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Schmal- kalden eingeführt und werden wir bei der Landesgeschichte darüber noch nähere Angaben machen. Am Harz war das deutsche Frischverfahren in Gebrauch und zwar diejenige Abänderung, welche man das Klumpfrischen nannte. Man verschmolz dabei graues oder halbiertes Roheisen 1). Der Herd war aus vier eisernen Zacken einschlieſslich der Bodenplatte zusammengesetzt. Letztere war 2 Fuſs 1 bis 2 Zoll im Quadrat, 2½ Zoll dick und wurde von unten durch Wasser gekühlt. Der Formzacken war 2 Fuſs 2 Zoll lang und 1 Fuſs 2 bis 3 Zoll hoch, der Gichtzacken war 2 Fuſs 6 bis 12 Zoll lang und 1 Fuſs 3 Zoll hoch, der Hinter- zacken 2 Fuſs 2 Zoll lang und 1 Fuſs 4 Zoll hoch; alle waren 2 Zoll dick. Die Vorderseite hatte keinen Zacken, sondern wurde mit Gestübbe zu- gemacht, dagegen befand sich hier die eiserne Schlackenrinne oder Lachtsohle, 1 Fuſs 6 Zoll lang, 6 bis 8 Zoll weit und 4 bis 5 Zoll hoch. Sie war an beiden Seiten des Mauerwerks befestigt und mit einer starken Eisenplatte, dem Schlacken- 1) Siehe W. A. Tiemann, Bemerkungen und Versuche über das Eisen 1799. Beck, Geschichte des Eisens. 43

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/687>, abgerufen am 25.11.2024.