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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Puddelprozess und Feineisenfeuer.
jetzt mit dem Verfahren bekannt gemacht, nach dem ich jetzt jährlich
über 10000 Tonnen Stabeisen mache." -- Die ganze grossartige Eisen-
industrie von Südwales entwickelte sich erst durch den Puddelprozess.

Obgleich die Kunde von dem neuen Verfahren sich rasch ver-
breitete, so dauerte es doch lange, bis man Versuche machte, dasselbe
auch auf dem Kontinent einzuführen. In Deutschland war es der
rührige, unternehmende Graf Einsiedel, der zuerst im Jahre 1795 auf
seinem Eisenwerke Lauchhammer bei Mückenburg den Puddelprozess
einzuführen versuchte. Als Brennmaterial wurde Holz benutzt. Pro-
fessor Lampadius von Freiberg leitete diese Versuche 1). Brauch-
bares Schmiedeeisen erhielt er aber nicht, das Produkt war ein
weisses, grobkörniges Eisen, welches zäher war als das eingesetzte fein-
körnige, graue Roheisen, sich aber nicht schmieden liess. Dagegen
ging es sehr gut im Frischfeuer. Es war also eigentlich nur gefeintes
Eisen. Bei Anwendung von Wasserdämpfen und mit künstlichem Wind
fielen die Versuche noch ungünstiger aus. Das Produkt nennt
Lampadius überfrischt, es war aber wohl nur ein schlechtes weisses
Eisen, wie es bei starkem Rohgang fällt. Nach Lampadius irriger
Theorie enthielt es zuviel Sauerstoff. Von der Einführung des Puddel-
prozesses musste abgesehen werden, weil er auch viel zu teuer war.
Man wird dies begreifen, wenn man sich der mangelhaften Öfen und
der niedrigen Essen jener Zeit erinnert. Dieselben konnten mit Holz
die erforderliche Hitze nicht liefern.

Ebenso machte in Kärnten Maximilian Graf v. Egger um diese
Zeit zu Lippitzbach einen Versuch, mit Holz zu puddeln; der Rever-
berierofen verfiel aber nach dem Tode des Grafen (um 1800).

Im ganzen waren also die Unternehmen, das englische Flammofen-
frischen in Deutschland einzuführen, misslungen.



Der Puddelprozess brachte in seiner weiteren Entwickelung eine
Erfindung zu Ehren, die schon geraume Zeit vor Cort gemacht worden
war, wenn auch zu anderem Zwecke. Es war dies das Feineisen-
feuer
oder Weissfeuer, welches man auf dem Kontinente später immer
als das englische Feineisenfeuer bezeichnete. Es diente zu einem
vorbereitenden Einschmelzen oder Verfrischen des grauen Roheisens.
In seiner ursprünglichen Gestalt war es ein einfacher Hartzerennherd;

1) Siehe Lampadius, Allgemeine Hüttenkunde, II. Teil, Bd. IV, S. 98.

Puddelprozeſs und Feineisenfeuer.
jetzt mit dem Verfahren bekannt gemacht, nach dem ich jetzt jährlich
über 10000 Tonnen Stabeisen mache.“ — Die ganze groſsartige Eisen-
industrie von Südwales entwickelte sich erst durch den Puddelprozeſs.

Obgleich die Kunde von dem neuen Verfahren sich rasch ver-
breitete, so dauerte es doch lange, bis man Versuche machte, dasſelbe
auch auf dem Kontinent einzuführen. In Deutschland war es der
rührige, unternehmende Graf Einsiedel, der zuerst im Jahre 1795 auf
seinem Eisenwerke Lauchhammer bei Mückenburg den Puddelprozeſs
einzuführen versuchte. Als Brennmaterial wurde Holz benutzt. Pro-
fessor Lampadius von Freiberg leitete diese Versuche 1). Brauch-
bares Schmiedeeisen erhielt er aber nicht, das Produkt war ein
weiſses, grobkörniges Eisen, welches zäher war als das eingesetzte fein-
körnige, graue Roheisen, sich aber nicht schmieden lieſs. Dagegen
ging es sehr gut im Frischfeuer. Es war also eigentlich nur gefeintes
Eisen. Bei Anwendung von Wasserdämpfen und mit künstlichem Wind
fielen die Versuche noch ungünstiger aus. Das Produkt nennt
Lampadius überfrischt, es war aber wohl nur ein schlechtes weiſses
Eisen, wie es bei starkem Rohgang fällt. Nach Lampadius irriger
Theorie enthielt es zuviel Sauerstoff. Von der Einführung des Puddel-
prozesses muſste abgesehen werden, weil er auch viel zu teuer war.
Man wird dies begreifen, wenn man sich der mangelhaften Öfen und
der niedrigen Essen jener Zeit erinnert. Dieselben konnten mit Holz
die erforderliche Hitze nicht liefern.

Ebenso machte in Kärnten Maximilian Graf v. Egger um diese
Zeit zu Lippitzbach einen Versuch, mit Holz zu puddeln; der Rever-
berierofen verfiel aber nach dem Tode des Grafen (um 1800).

Im ganzen waren also die Unternehmen, das englische Flammofen-
frischen in Deutschland einzuführen, miſslungen.



Der Puddelprozeſs brachte in seiner weiteren Entwickelung eine
Erfindung zu Ehren, die schon geraume Zeit vor Cort gemacht worden
war, wenn auch zu anderem Zwecke. Es war dies das Feineisen-
feuer
oder Weiſsfeuer, welches man auf dem Kontinente später immer
als das englische Feineisenfeuer bezeichnete. Es diente zu einem
vorbereitenden Einschmelzen oder Verfrischen des grauen Roheisens.
In seiner ursprünglichen Gestalt war es ein einfacher Hartzerennherd;

1) Siehe Lampadius, Allgemeine Hüttenkunde, II. Teil, Bd. IV, S. 98.
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[699/0713] Puddelprozeſs und Feineisenfeuer. jetzt mit dem Verfahren bekannt gemacht, nach dem ich jetzt jährlich über 10000 Tonnen Stabeisen mache.“ — Die ganze groſsartige Eisen- industrie von Südwales entwickelte sich erst durch den Puddelprozeſs. Obgleich die Kunde von dem neuen Verfahren sich rasch ver- breitete, so dauerte es doch lange, bis man Versuche machte, dasſelbe auch auf dem Kontinent einzuführen. In Deutschland war es der rührige, unternehmende Graf Einsiedel, der zuerst im Jahre 1795 auf seinem Eisenwerke Lauchhammer bei Mückenburg den Puddelprozeſs einzuführen versuchte. Als Brennmaterial wurde Holz benutzt. Pro- fessor Lampadius von Freiberg leitete diese Versuche 1). Brauch- bares Schmiedeeisen erhielt er aber nicht, das Produkt war ein weiſses, grobkörniges Eisen, welches zäher war als das eingesetzte fein- körnige, graue Roheisen, sich aber nicht schmieden lieſs. Dagegen ging es sehr gut im Frischfeuer. Es war also eigentlich nur gefeintes Eisen. Bei Anwendung von Wasserdämpfen und mit künstlichem Wind fielen die Versuche noch ungünstiger aus. Das Produkt nennt Lampadius überfrischt, es war aber wohl nur ein schlechtes weiſses Eisen, wie es bei starkem Rohgang fällt. Nach Lampadius irriger Theorie enthielt es zuviel Sauerstoff. Von der Einführung des Puddel- prozesses muſste abgesehen werden, weil er auch viel zu teuer war. Man wird dies begreifen, wenn man sich der mangelhaften Öfen und der niedrigen Essen jener Zeit erinnert. Dieselben konnten mit Holz die erforderliche Hitze nicht liefern. Ebenso machte in Kärnten Maximilian Graf v. Egger um diese Zeit zu Lippitzbach einen Versuch, mit Holz zu puddeln; der Rever- berierofen verfiel aber nach dem Tode des Grafen (um 1800). Im ganzen waren also die Unternehmen, das englische Flammofen- frischen in Deutschland einzuführen, miſslungen. Der Puddelprozeſs brachte in seiner weiteren Entwickelung eine Erfindung zu Ehren, die schon geraume Zeit vor Cort gemacht worden war, wenn auch zu anderem Zwecke. Es war dies das Feineisen- feuer oder Weiſsfeuer, welches man auf dem Kontinente später immer als das englische Feineisenfeuer bezeichnete. Es diente zu einem vorbereitenden Einschmelzen oder Verfrischen des grauen Roheisens. In seiner ursprünglichen Gestalt war es ein einfacher Hartzerennherd; 1) Siehe Lampadius, Allgemeine Hüttenkunde, II. Teil, Bd. IV, S. 98.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/713>, abgerufen am 25.11.2024.