Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts.
Fortschritte bei den Hochöfen in Deutschland in den folgenden Jahr-
zehnten, freilich nur langsam, vollzogen.

Mit viel grösserer Energie hatte man die Reform des Hütten-
wesens in Russland angefasst. Dort standen den reichen Besitzern
der grossartig angelegten sibirischen Werke fast unbeschränkte Mittel
zur Verfügung und da sie weder durch staatliche Bevormundung
noch durch die Fesseln der Überlieferung und Gewohnheit eingeengt
waren, bauten sie ihre Hochöfen zum Teil mit Hülfe englischer
Ingenieure nach den neuesten Grundsätzen und Erfahrungen um.
Dieses geschah in so grossartiger und zugleich so zweckmässiger Weise,
dass die sibirischen Hochöfen die grössten und besten Holzkohlenöfen

[Abbildung] Fig. 198.
wurden, die bis dahin gebaut worden waren, und alle, auch die eng-
lischen, an Produktion weit übertrafen. Sie wurden mit starken
Cylindergebläsen mit Wasserbetrieb ausgestattet und die sibirischen
Hüttenanlagen, mit denen namentlich der russische Hofrat Hermann
die deutschen Hüttenleute durch Schriften und Zeichnungen bekannt
machte, wurden mustergiltig. Die sibirischen Hochöfen hatten 35 bis
45 Fuss (10,50 bis 12,96 m) Höhe, 12 bis 13 Fuss (3,6 bis 3,9 m) Durchmesser
im Kohlensack, waren mit sechs Cylindergebläsen versehen und produ-
zierten 2000 bis 3000 Centner die Woche, welche Leistung selbst von den
grössten englischen Koksöfen damals nicht erreicht wurde. Dieser Erfolg
war hauptsächlich durch die zweckmässige Verwendung der englischen

Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts.
Fortschritte bei den Hochöfen in Deutschland in den folgenden Jahr-
zehnten, freilich nur langsam, vollzogen.

Mit viel gröſserer Energie hatte man die Reform des Hütten-
wesens in Ruſsland angefaſst. Dort standen den reichen Besitzern
der groſsartig angelegten sibirischen Werke fast unbeschränkte Mittel
zur Verfügung und da sie weder durch staatliche Bevormundung
noch durch die Fesseln der Überlieferung und Gewohnheit eingeengt
waren, bauten sie ihre Hochöfen zum Teil mit Hülfe englischer
Ingenieure nach den neuesten Grundsätzen und Erfahrungen um.
Dieses geschah in so groſsartiger und zugleich so zweckmäſsiger Weise,
daſs die sibirischen Hochöfen die gröſsten und besten Holzkohlenöfen

[Abbildung] Fig. 198.
wurden, die bis dahin gebaut worden waren, und alle, auch die eng-
lischen, an Produktion weit übertrafen. Sie wurden mit starken
Cylindergebläsen mit Wasserbetrieb ausgestattet und die sibirischen
Hüttenanlagen, mit denen namentlich der russische Hofrat Hermann
die deutschen Hüttenleute durch Schriften und Zeichnungen bekannt
machte, wurden mustergiltig. Die sibirischen Hochöfen hatten 35 bis
45 Fuſs (10,50 bis 12,96 m) Höhe, 12 bis 13 Fuſs (3,6 bis 3,9 m) Durchmesser
im Kohlensack, waren mit sechs Cylindergebläsen versehen und produ-
zierten 2000 bis 3000 Centner die Woche, welche Leistung selbst von den
gröſsten englischen Koksöfen damals nicht erreicht wurde. Dieser Erfolg
war hauptsächlich durch die zweckmäſsige Verwendung der englischen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0755" n="741"/><fw place="top" type="header">Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts.</fw><lb/>
Fortschritte bei den Hochöfen in Deutschland in den folgenden Jahr-<lb/>
zehnten, freilich nur langsam, vollzogen.</p><lb/>
                <p>Mit viel grö&#x017F;serer Energie hatte man die Reform des Hütten-<lb/>
wesens in <hi rendition="#g">Ru&#x017F;sland</hi> angefa&#x017F;st. Dort standen den reichen Besitzern<lb/>
der gro&#x017F;sartig angelegten sibirischen Werke fast unbeschränkte Mittel<lb/>
zur Verfügung und da sie weder durch staatliche Bevormundung<lb/>
noch durch die Fesseln der Überlieferung und Gewohnheit eingeengt<lb/>
waren, bauten sie ihre Hochöfen zum Teil mit Hülfe englischer<lb/>
Ingenieure nach den neuesten Grundsätzen und Erfahrungen um.<lb/>
Dieses geschah in so gro&#x017F;sartiger und zugleich so zweckmä&#x017F;siger Weise,<lb/>
da&#x017F;s die sibirischen Hochöfen die grö&#x017F;sten und besten Holzkohlenöfen<lb/><figure><head>Fig. 198.</head></figure><lb/>
wurden, die bis dahin gebaut worden waren, und alle, auch die eng-<lb/>
lischen, an Produktion weit übertrafen. Sie wurden mit starken<lb/>
Cylindergebläsen mit Wasserbetrieb ausgestattet und die sibirischen<lb/>
Hüttenanlagen, mit denen namentlich der russische Hofrat <hi rendition="#g">Hermann</hi><lb/>
die deutschen Hüttenleute durch Schriften und Zeichnungen bekannt<lb/>
machte, wurden mustergiltig. Die sibirischen Hochöfen hatten 35 bis<lb/>
45 Fu&#x017F;s (10,50 bis 12,96 m) Höhe, 12 bis 13 Fu&#x017F;s (3,6 bis 3,9 m) Durchmesser<lb/>
im Kohlensack, waren mit sechs Cylindergebläsen versehen und produ-<lb/>
zierten 2000 bis 3000 Centner die Woche, welche Leistung selbst von den<lb/>
grö&#x017F;sten englischen Koksöfen damals nicht erreicht wurde. Dieser Erfolg<lb/>
war hauptsächlich durch die zweckmä&#x017F;sige Verwendung der englischen<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[741/0755] Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. Fortschritte bei den Hochöfen in Deutschland in den folgenden Jahr- zehnten, freilich nur langsam, vollzogen. Mit viel gröſserer Energie hatte man die Reform des Hütten- wesens in Ruſsland angefaſst. Dort standen den reichen Besitzern der groſsartig angelegten sibirischen Werke fast unbeschränkte Mittel zur Verfügung und da sie weder durch staatliche Bevormundung noch durch die Fesseln der Überlieferung und Gewohnheit eingeengt waren, bauten sie ihre Hochöfen zum Teil mit Hülfe englischer Ingenieure nach den neuesten Grundsätzen und Erfahrungen um. Dieses geschah in so groſsartiger und zugleich so zweckmäſsiger Weise, daſs die sibirischen Hochöfen die gröſsten und besten Holzkohlenöfen [Abbildung Fig. 198.] wurden, die bis dahin gebaut worden waren, und alle, auch die eng- lischen, an Produktion weit übertrafen. Sie wurden mit starken Cylindergebläsen mit Wasserbetrieb ausgestattet und die sibirischen Hüttenanlagen, mit denen namentlich der russische Hofrat Hermann die deutschen Hüttenleute durch Schriften und Zeichnungen bekannt machte, wurden mustergiltig. Die sibirischen Hochöfen hatten 35 bis 45 Fuſs (10,50 bis 12,96 m) Höhe, 12 bis 13 Fuſs (3,6 bis 3,9 m) Durchmesser im Kohlensack, waren mit sechs Cylindergebläsen versehen und produ- zierten 2000 bis 3000 Centner die Woche, welche Leistung selbst von den gröſsten englischen Koksöfen damals nicht erreicht wurde. Dieser Erfolg war hauptsächlich durch die zweckmäſsige Verwendung der englischen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/755
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 741. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/755>, abgerufen am 16.07.2024.