ragte, indem die Arbeiten mit Schmiede-, Press-, Stampf-, Dreh-, Schleif- und Poliermaschinen, welche selbst wieder durch Dampf- maschinen in Bewegung gesetzt wurden, ausgeführt wurden. Stahlknöpfe und stählerne Uhrketten gehörten zu den wichtigsten Artikeln. Ausser Birmingham lieferten Wolverhampton und Woodstock vortreffliche Waren dieser Art. Indessen wurden die Knöpfe nicht aus Stahl, sondern aus schwedischem Eisen hergestellt und erhielten erst, nach- dem sie faconniert waren, eine Einfalzhärtung, worauf sie geschliffen und poliert wurden.
Um zu erkennen, ob eine Ware aus Stahl oder aus Eisen gefertigt sei, was besonders bei Waffenlieferungen von Wichtigkeit war, bediente man sich gewisser Proben. Der Wohlfahrtsausschuss der franzö- sischen Republik hatte folgende Stahlprobe öffentlich bekannt gemacht: Wenn man einen Tropfen Salpetersäure auf eine Klinge von poliertem Eisen fallen lässt und nach einigen Minuten Wasser darauf giesst, so nimmt dieses die Säure und alles Aufgelöste weg und es bleibt nur ein weisser, eisenfarbiger Fleck zurück. Wird aber dieser Versuch auf einer Klinge von poliertem Stahl gemacht, so greift die Säure zwar auch die Eisenteile an, sie wirkt aber nicht auf die Kohle des Stahls und diese setzt sich während der Auflösung ab, so dass ein schwarzer Fleck zurückbleibt, den das Wasser nicht wegnimmt und der sehr dauerhaft ist, weil er fest mit dem Stahl zusammenhängt.
Hartley in London nahm am 9. Juni 1789 ein Patent, die Stahlhärtung unter Anwendung eines Pyrometers und Quecksilber- thermometers auszuführen. Er hatte die besten Temperaturen zur Härtung zwischen 400 bis 600° Fahrenheit gefunden und stellte folgende Skala der Anlauffarben für die Stahlhärtung auf:
Fahrenheit Celsius
430° = 221°. Sehr blassgelb, für Lancetten geeignet.
450° = 232°. Strohgelb, für chirurgische Instrumente und Rasier- messer.
470° = 243°. Glänzend gelb, für Federmesser.
490° = 254°. Braun, für Meissel und Werkzeuge zum Eisen- schneiden.
510° = 265°. Braun mit Purpurflecken, für Achsen und Hobel- eisen.
530° = 277°. Purpur, für Tafelmesser und grosse Meissel.
550° = 288°. Hellblau, für Schwerter und Uhrfedern.
560° = 293°. Tiefblau, für feine Sägen, Dolchklingen u. s. w.
600° = 315°. Fast schwarzblau, für Handsägen.
Stahl Ende des 18. Jahrhunderts.
ragte, indem die Arbeiten mit Schmiede-, Preſs-, Stampf-, Dreh-, Schleif- und Poliermaschinen, welche selbst wieder durch Dampf- maschinen in Bewegung gesetzt wurden, ausgeführt wurden. Stahlknöpfe und stählerne Uhrketten gehörten zu den wichtigsten Artikeln. Auſser Birmingham lieferten Wolverhampton und Woodstock vortreffliche Waren dieser Art. Indessen wurden die Knöpfe nicht aus Stahl, sondern aus schwedischem Eisen hergestellt und erhielten erst, nach- dem sie façonniert waren, eine Einfalzhärtung, worauf sie geschliffen und poliert wurden.
Um zu erkennen, ob eine Ware aus Stahl oder aus Eisen gefertigt sei, was besonders bei Waffenlieferungen von Wichtigkeit war, bediente man sich gewisser Proben. Der Wohlfahrtsausschuſs der franzö- sischen Republik hatte folgende Stahlprobe öffentlich bekannt gemacht: Wenn man einen Tropfen Salpetersäure auf eine Klinge von poliertem Eisen fallen läſst und nach einigen Minuten Wasser darauf gieſst, so nimmt dieses die Säure und alles Aufgelöste weg und es bleibt nur ein weiſser, eisenfarbiger Fleck zurück. Wird aber dieser Versuch auf einer Klinge von poliertem Stahl gemacht, so greift die Säure zwar auch die Eisenteile an, sie wirkt aber nicht auf die Kohle des Stahls und diese setzt sich während der Auflösung ab, so daſs ein schwarzer Fleck zurückbleibt, den das Wasser nicht wegnimmt und der sehr dauerhaft ist, weil er fest mit dem Stahl zusammenhängt.
Hartley in London nahm am 9. Juni 1789 ein Patent, die Stahlhärtung unter Anwendung eines Pyrometers und Quecksilber- thermometers auszuführen. Er hatte die besten Temperaturen zur Härtung zwischen 400 bis 600° Fahrenheit gefunden und stellte folgende Skala der Anlauffarben für die Stahlhärtung auf:
Fahrenheit Celsius
430° = 221°. Sehr blaſsgelb, für Lancetten geeignet.
450° = 232°. Strohgelb, für chirurgische Instrumente und Rasier- messer.
470° = 243°. Glänzend gelb, für Federmesser.
490° = 254°. Braun, für Meiſsel und Werkzeuge zum Eisen- schneiden.
510° = 265°. Braun mit Purpurflecken, für Achsen und Hobel- eisen.
530° = 277°. Purpur, für Tafelmesser und groſse Meiſsel.
550° = 288°. Hellblau, für Schwerter und Uhrfedern.
560° = 293°. Tiefblau, für feine Sägen, Dolchklingen u. s. w.
600° = 315°. Fast schwarzblau, für Handsägen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0789"n="775"/><fwplace="top"type="header">Stahl Ende des 18. Jahrhunderts.</fw><lb/>
ragte, indem die Arbeiten mit Schmiede-, Preſs-, Stampf-, Dreh-,<lb/>
Schleif- und Poliermaschinen, welche selbst wieder durch Dampf-<lb/>
maschinen in Bewegung gesetzt wurden, ausgeführt wurden. Stahlknöpfe<lb/>
und stählerne Uhrketten gehörten zu den wichtigsten Artikeln. Auſser<lb/>
Birmingham lieferten Wolverhampton und Woodstock vortreffliche<lb/>
Waren dieser Art. Indessen wurden die Knöpfe nicht aus Stahl,<lb/>
sondern aus schwedischem Eisen hergestellt und erhielten erst, nach-<lb/>
dem sie façonniert waren, eine Einfalzhärtung, worauf sie geschliffen<lb/>
und poliert wurden.</p><lb/><p>Um zu erkennen, ob eine Ware aus Stahl oder aus Eisen gefertigt<lb/>
sei, was besonders bei Waffenlieferungen von Wichtigkeit war, bediente<lb/>
man sich gewisser <hirendition="#g">Proben</hi>. Der <hirendition="#g">Wohlfahrtsausschuſs</hi> der franzö-<lb/>
sischen Republik hatte folgende Stahlprobe öffentlich bekannt gemacht:<lb/>
Wenn man einen Tropfen Salpetersäure auf eine Klinge von poliertem<lb/>
Eisen fallen läſst und nach einigen Minuten Wasser darauf gieſst, so<lb/>
nimmt dieses die Säure und alles Aufgelöste weg und es bleibt nur<lb/>
ein weiſser, eisenfarbiger Fleck zurück. Wird aber dieser Versuch<lb/>
auf einer Klinge von poliertem Stahl gemacht, so greift die Säure<lb/>
zwar auch die Eisenteile an, sie wirkt aber nicht auf die Kohle<lb/>
des Stahls und diese setzt sich während der Auflösung ab, so daſs<lb/>
ein schwarzer Fleck zurückbleibt, den das Wasser nicht wegnimmt<lb/>
und der sehr dauerhaft ist, weil er fest mit dem Stahl zusammenhängt.</p><lb/><p><hirendition="#g">Hartley</hi> in London nahm am 9. Juni 1789 ein Patent, die<lb/><hirendition="#g">Stahlhärtung</hi> unter Anwendung eines Pyrometers und Quecksilber-<lb/>
thermometers auszuführen. Er hatte die besten Temperaturen zur<lb/>
Härtung zwischen 400 bis 600° Fahrenheit gefunden und stellte<lb/>
folgende Skala der Anlauffarben für die Stahlhärtung auf:</p><lb/><list><item>Fahrenheit Celsius</item><lb/><item>430° = 221°. Sehr blaſsgelb, für Lancetten geeignet.</item><lb/><item>450° = 232°. Strohgelb, für chirurgische Instrumente und Rasier-<lb/>
messer.</item><lb/><item>470° = 243°. Glänzend gelb, für Federmesser.</item><lb/><item>490° = 254°. Braun, für Meiſsel und Werkzeuge zum Eisen-<lb/>
schneiden.</item><lb/><item>510° = 265°. Braun mit Purpurflecken, für Achsen und Hobel-<lb/>
eisen.</item><lb/><item>530° = 277°. Purpur, für Tafelmesser und groſse Meiſsel.</item><lb/><item>550° = 288°. Hellblau, für Schwerter und Uhrfedern.</item><lb/><item>560° = 293°. Tiefblau, für feine Sägen, Dolchklingen u. s. w.</item><lb/><item>600° = 315°. Fast schwarzblau, für Handsägen.</item></list><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[775/0789]
Stahl Ende des 18. Jahrhunderts.
ragte, indem die Arbeiten mit Schmiede-, Preſs-, Stampf-, Dreh-,
Schleif- und Poliermaschinen, welche selbst wieder durch Dampf-
maschinen in Bewegung gesetzt wurden, ausgeführt wurden. Stahlknöpfe
und stählerne Uhrketten gehörten zu den wichtigsten Artikeln. Auſser
Birmingham lieferten Wolverhampton und Woodstock vortreffliche
Waren dieser Art. Indessen wurden die Knöpfe nicht aus Stahl,
sondern aus schwedischem Eisen hergestellt und erhielten erst, nach-
dem sie façonniert waren, eine Einfalzhärtung, worauf sie geschliffen
und poliert wurden.
Um zu erkennen, ob eine Ware aus Stahl oder aus Eisen gefertigt
sei, was besonders bei Waffenlieferungen von Wichtigkeit war, bediente
man sich gewisser Proben. Der Wohlfahrtsausschuſs der franzö-
sischen Republik hatte folgende Stahlprobe öffentlich bekannt gemacht:
Wenn man einen Tropfen Salpetersäure auf eine Klinge von poliertem
Eisen fallen läſst und nach einigen Minuten Wasser darauf gieſst, so
nimmt dieses die Säure und alles Aufgelöste weg und es bleibt nur
ein weiſser, eisenfarbiger Fleck zurück. Wird aber dieser Versuch
auf einer Klinge von poliertem Stahl gemacht, so greift die Säure
zwar auch die Eisenteile an, sie wirkt aber nicht auf die Kohle
des Stahls und diese setzt sich während der Auflösung ab, so daſs
ein schwarzer Fleck zurückbleibt, den das Wasser nicht wegnimmt
und der sehr dauerhaft ist, weil er fest mit dem Stahl zusammenhängt.
Hartley in London nahm am 9. Juni 1789 ein Patent, die
Stahlhärtung unter Anwendung eines Pyrometers und Quecksilber-
thermometers auszuführen. Er hatte die besten Temperaturen zur
Härtung zwischen 400 bis 600° Fahrenheit gefunden und stellte
folgende Skala der Anlauffarben für die Stahlhärtung auf:
Fahrenheit Celsius
430° = 221°. Sehr blaſsgelb, für Lancetten geeignet.
450° = 232°. Strohgelb, für chirurgische Instrumente und Rasier-
messer.
470° = 243°. Glänzend gelb, für Federmesser.
490° = 254°. Braun, für Meiſsel und Werkzeuge zum Eisen-
schneiden.
510° = 265°. Braun mit Purpurflecken, für Achsen und Hobel-
eisen.
530° = 277°. Purpur, für Tafelmesser und groſse Meiſsel.
550° = 288°. Hellblau, für Schwerter und Uhrfedern.
560° = 293°. Tiefblau, für feine Sägen, Dolchklingen u. s. w.
600° = 315°. Fast schwarzblau, für Handsägen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 775. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/789>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.