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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Österreich.
ihnen kein Gewerk, nicht einmal die substituierte Ortsobrigkeit, etwas
sagen, weil sie sogleich gemeine Sache machen. Sie arbeiten nur,
wann sie wollen; sie machen sich nach Belieben Feiertage zum
grössten Nachteil und empfindlichen Schaden der Gewerke, des Landes
und des Ärares, und bis zur Stunde verspotten sie die allerhöchsten
diesfalls wiederholt ergangenen Verordnungen und Strafgesetze vom
1. Februar 1787. Die Leute klagen über unzulänglichen Verdienst,
aber sie spielen, saufen und lärmen ganze Nächte und verfeiern ausser
den Kirchenfeiertagen über 100 Tage im Jahre. Sie bestehlen ihre
Gewerke von allen Seiten und verkaufen das Eisen und die Nägel.
Gehorsam oder doch wenigstens schuldige Achtung gegen ihre Ge-
werke ist gar nicht zu erwarten, ja selbst die Geistlichkeit vermag mit
diesem zügellosen Volke nichts auszurichten."

Da aber das Bergvolk und die Nagelschmiede grösstenteils den
Gewerken verschuldet waren, so befanden sie sich doch in gänzlicher
Abhängigkeit von diesen und waren ausser Stande, ihre Arbeitsstelle
zu verlassen. Versuchten die Arbeiter, sich ihren Verpflichtungen
durch die Flucht zu entziehen, so wurde mit aller Strenge gegen sie
verfahren. Dasselbe geschah seitens der Regierung, wenn die Knappen
und Eisenarbeiter sich verlocken liessen, ausser Landes zu gehen. Mit
der Befreiung vom Militärdienst war die Verpflichtung des Bergvolks,
im Lande zu bleiben, auf das engste verknüpft. Maria Theresia
schärfte dies durch ein Verbot vom 4. September 1762 noch besonders
ein, indem sie den Eisen- und Stahlarbeitern streng untersagte, in
benachbarte Länder, wo Eisen- und Stahlmanufakturen errichtet
werden, zu entweichen und befiehlt, sowohl die Emigranten als ihre
Verführer zu bestrafen.

Die Eisengewinnung war ein Privilegium der Gewerke, worüber
diese eifersüchtig wachten und gelegentliche Versuche der Grund-
besitzer oder Schmiede, Eisenerze zu graben und in Rennherden zu
verschmelzen, eifrig verfolgten. So wandte sich am 11. März 1775
Johann Bapta Schigann 1), "Inhaber und respective Hammers-
Gewerkh an der Feistriz hinter Stein mit der wehmüthigen Beschwörde"
an das Oberberggericht, "dass seit einiger Zeit an verschiedenen Orthen
mehrere sogenannte Einren- oder Schmelzfeyer-Schmiden
sich befinden und hervorgethan, welche aus Arzt in kleinen offen das
Eiisen schmelzen und sodann zum höchsten Nachtheill derer Berg-
werkhe verschlüssen" ... Er verlangt, dass drei, die er namhaft

1) S. Argo 1895, Nr. 1, S. 10.

Österreich.
ihnen kein Gewerk, nicht einmal die substituierte Ortsobrigkeit, etwas
sagen, weil sie sogleich gemeine Sache machen. Sie arbeiten nur,
wann sie wollen; sie machen sich nach Belieben Feiertage zum
gröſsten Nachteil und empfindlichen Schaden der Gewerke, des Landes
und des Ärares, und bis zur Stunde verspotten sie die allerhöchsten
diesfalls wiederholt ergangenen Verordnungen und Strafgesetze vom
1. Februar 1787. Die Leute klagen über unzulänglichen Verdienst,
aber sie spielen, saufen und lärmen ganze Nächte und verfeiern auſser
den Kirchenfeiertagen über 100 Tage im Jahre. Sie bestehlen ihre
Gewerke von allen Seiten und verkaufen das Eisen und die Nägel.
Gehorsam oder doch wenigstens schuldige Achtung gegen ihre Ge-
werke ist gar nicht zu erwarten, ja selbst die Geistlichkeit vermag mit
diesem zügellosen Volke nichts auszurichten.“

Da aber das Bergvolk und die Nagelschmiede gröſstenteils den
Gewerken verschuldet waren, so befanden sie sich doch in gänzlicher
Abhängigkeit von diesen und waren auſser Stande, ihre Arbeitsstelle
zu verlassen. Versuchten die Arbeiter, sich ihren Verpflichtungen
durch die Flucht zu entziehen, so wurde mit aller Strenge gegen sie
verfahren. Dasselbe geschah seitens der Regierung, wenn die Knappen
und Eisenarbeiter sich verlocken lieſsen, auſser Landes zu gehen. Mit
der Befreiung vom Militärdienst war die Verpflichtung des Bergvolks,
im Lande zu bleiben, auf das engste verknüpft. Maria Theresia
schärfte dies durch ein Verbot vom 4. September 1762 noch besonders
ein, indem sie den Eisen- und Stahlarbeitern streng untersagte, in
benachbarte Länder, wo Eisen- und Stahlmanufakturen errichtet
werden, zu entweichen und befiehlt, sowohl die Emigranten als ihre
Verführer zu bestrafen.

Die Eisengewinnung war ein Privilegium der Gewerke, worüber
diese eifersüchtig wachten und gelegentliche Versuche der Grund-
besitzer oder Schmiede, Eisenerze zu graben und in Rennherden zu
verschmelzen, eifrig verfolgten. So wandte sich am 11. März 1775
Johann Bapta Schigann 1), „Inhaber und respective Hammers-
Gewerkh an der Feistriz hinter Stein mit der wehmüthigen Beschwörde“
an das Oberberggericht, „daſs seit einiger Zeit an verschiedenen Orthen
mehrere sogenannte Einren- oder Schmelzfeyer-Schmiden
sich befinden und hervorgethan, welche aus Arzt in kleinen offen das
Eiisen schmelzen und sodann zum höchsten Nachtheill derer Berg-
werkhe verschlüssen“ … Er verlangt, daſs drei, die er namhaft

1) S. Argo 1895, Nr. 1, S. 10.
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[813/0827] Österreich. ihnen kein Gewerk, nicht einmal die substituierte Ortsobrigkeit, etwas sagen, weil sie sogleich gemeine Sache machen. Sie arbeiten nur, wann sie wollen; sie machen sich nach Belieben Feiertage zum gröſsten Nachteil und empfindlichen Schaden der Gewerke, des Landes und des Ärares, und bis zur Stunde verspotten sie die allerhöchsten diesfalls wiederholt ergangenen Verordnungen und Strafgesetze vom 1. Februar 1787. Die Leute klagen über unzulänglichen Verdienst, aber sie spielen, saufen und lärmen ganze Nächte und verfeiern auſser den Kirchenfeiertagen über 100 Tage im Jahre. Sie bestehlen ihre Gewerke von allen Seiten und verkaufen das Eisen und die Nägel. Gehorsam oder doch wenigstens schuldige Achtung gegen ihre Ge- werke ist gar nicht zu erwarten, ja selbst die Geistlichkeit vermag mit diesem zügellosen Volke nichts auszurichten.“ Da aber das Bergvolk und die Nagelschmiede gröſstenteils den Gewerken verschuldet waren, so befanden sie sich doch in gänzlicher Abhängigkeit von diesen und waren auſser Stande, ihre Arbeitsstelle zu verlassen. Versuchten die Arbeiter, sich ihren Verpflichtungen durch die Flucht zu entziehen, so wurde mit aller Strenge gegen sie verfahren. Dasselbe geschah seitens der Regierung, wenn die Knappen und Eisenarbeiter sich verlocken lieſsen, auſser Landes zu gehen. Mit der Befreiung vom Militärdienst war die Verpflichtung des Bergvolks, im Lande zu bleiben, auf das engste verknüpft. Maria Theresia schärfte dies durch ein Verbot vom 4. September 1762 noch besonders ein, indem sie den Eisen- und Stahlarbeitern streng untersagte, in benachbarte Länder, wo Eisen- und Stahlmanufakturen errichtet werden, zu entweichen und befiehlt, sowohl die Emigranten als ihre Verführer zu bestrafen. Die Eisengewinnung war ein Privilegium der Gewerke, worüber diese eifersüchtig wachten und gelegentliche Versuche der Grund- besitzer oder Schmiede, Eisenerze zu graben und in Rennherden zu verschmelzen, eifrig verfolgten. So wandte sich am 11. März 1775 Johann Bapta Schigann 1), „Inhaber und respective Hammers- Gewerkh an der Feistriz hinter Stein mit der wehmüthigen Beschwörde“ an das Oberberggericht, „daſs seit einiger Zeit an verschiedenen Orthen mehrere sogenannte Einren- oder Schmelzfeyer-Schmiden sich befinden und hervorgethan, welche aus Arzt in kleinen offen das Eiisen schmelzen und sodann zum höchsten Nachtheill derer Berg- werkhe verschlüssen“ … Er verlangt, daſs drei, die er namhaft 1) S. Argo 1895, Nr. 1, S. 10.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 813. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/827>, abgerufen am 22.11.2024.