Böhmens altes Eisengewerbe erfreute sich wechselnder Blüte im 18. Jahrhundert. Jars giebt Nachrichten darüber, die er bei seiner Reise 1757 gesammelt hatte. Damals wurde besonders das grosse Eisenbergwerk Hülfegottes Irrgang bei Johann-Georgenstadt an der sächsischen Grenze schwunghaft betrieben. Die Grube lieferte an die 13 Hütten der Umgegend alle Quartal 200 bis 600 Fuder Erze. Der Hochofen bei Johann-Georgenstadt war 21 bis 22 Fuss hoch und erzeugte 18 bis 19 Ctr. Roheisen den Tag. Dies wurde verfrischt nach dem böhmischen Anlaufverfahren (S. 394). Das Frischeisen wurde zum grossen Teil zu Blech verschmiedet. Da Böhmen selbst Zinnbergwerke zu Graupen, Schlackenwald und Neudeck besass, so spielte die Weissblechfabrikation eine wichtige Rolle.
Auf 120 Pfd. Roheisen sollte der Stabschmied 92 Pfd. geschmie- detes Eisen liefern und bekam dazu ein bestimmtes Quantum (21/2 Kübel) Kohlen. Er erhielt von 100 Pfd. 26 2/3 Kreuzer Schmiedelohn. An manchen Orten in Böhmen schmiedete man aus 100 Pfd. Roheisen nur 75 Pfd. Stabeisen. Die Schmiede mussten das Pfund eingeschmie- detes mit 4 Kreuzer bezahlen, während sie für das Pfund aus- geschmiedetes 3 Kreuzer erhielten. In einer Stabhütte wurden wöchentlich 30 bis 40 Ctr. zu 40 Pfd. geschmiedet.
Zu Neudeck wurden aus 120 Pfd. Roheisen 98 Pfd. Frischeisen und hieraus ein Doppelt-Schock Kreuzbleche, beschnitten zu 58 Pfd., oder 60 Pfd. Sturzbleche erzeugt, wozu der Blechschmied 31/2 Kübel Kohlen erhielt und 43 Kreuzer Lohn bekam. Der Zinner erhielt auf 300 Blatt 19 Prager Pfund 24 Lot Zinn, 1 2/3 Pfund Inselt, 3 Metzen Korn und 8 Seidel Kleien, 1/2 Kübel Kohlen, 11/2 Centner Holz und 42 Kreuzer Arbeitslohn.
1770 lagen die berühmten Eisenbergwerke und Schmelzhütten des Berauner Kreises bei Horzowitz und Kommorau bis auf einige Eisenhämmer still 1).
Bedeutende Ausdehnung erfuhr das Eisenwerk Horzowitz, nach- dem es gegen Ende des Jahrhunderts in den Besitz des sachkundigen Grafen Rudolf v. Wrbna gekommen war. Derselbe führte den Sandguss ein und brachte die Giesserei auf eine so hohe Stufe, dass Horzowitz ein Musterwerk wurde. Man datiert von dieser Zeit eine neue Ära der Eisengiesserei in Österreich. Graf Wrbna, der ein ebenso kenntnisreicher als begeisterter Eisenhüttenmann war und oft
1) Siehe Ferber, Beiträge zu der Mineralgeschichte von Böhmen, S. 15.
Österreich.
Böhmens altes Eisengewerbe erfreute sich wechselnder Blüte im 18. Jahrhundert. Jars giebt Nachrichten darüber, die er bei seiner Reise 1757 gesammelt hatte. Damals wurde besonders das groſse Eisenbergwerk Hülfegottes Irrgang bei Johann-Georgenstadt an der sächsischen Grenze schwunghaft betrieben. Die Grube lieferte an die 13 Hütten der Umgegend alle Quartal 200 bis 600 Fuder Erze. Der Hochofen bei Johann-Georgenstadt war 21 bis 22 Fuſs hoch und erzeugte 18 bis 19 Ctr. Roheisen den Tag. Dies wurde verfrischt nach dem böhmischen Anlaufverfahren (S. 394). Das Frischeisen wurde zum groſsen Teil zu Blech verschmiedet. Da Böhmen selbst Zinnbergwerke zu Graupen, Schlackenwald und Neudeck besaſs, so spielte die Weiſsblechfabrikation eine wichtige Rolle.
Auf 120 Pfd. Roheisen sollte der Stabschmied 92 Pfd. geschmie- detes Eisen liefern und bekam dazu ein bestimmtes Quantum (2½ Kübel) Kohlen. Er erhielt von 100 Pfd. 26⅔ Kreuzer Schmiedelohn. An manchen Orten in Böhmen schmiedete man aus 100 Pfd. Roheisen nur 75 Pfd. Stabeisen. Die Schmiede muſsten das Pfund eingeschmie- detes mit 4 Kreuzer bezahlen, während sie für das Pfund aus- geschmiedetes 3 Kreuzer erhielten. In einer Stabhütte wurden wöchentlich 30 bis 40 Ctr. zu 40 Pfd. geschmiedet.
Zu Neudeck wurden aus 120 Pfd. Roheisen 98 Pfd. Frischeisen und hieraus ein Doppelt-Schock Kreuzbleche, beschnitten zu 58 Pfd., oder 60 Pfd. Sturzbleche erzeugt, wozu der Blechschmied 3½ Kübel Kohlen erhielt und 43 Kreuzer Lohn bekam. Der Zinner erhielt auf 300 Blatt 19 Prager Pfund 24 Lot Zinn, 1⅔ Pfund Inselt, 3 Metzen Korn und 8 Seidel Kleien, ½ Kübel Kohlen, 1½ Centner Holz und 42 Kreuzer Arbeitslohn.
1770 lagen die berühmten Eisenbergwerke und Schmelzhütten des Berauner Kreises bei Horzowitz und Kommorau bis auf einige Eisenhämmer still 1).
Bedeutende Ausdehnung erfuhr das Eisenwerk Horzowitz, nach- dem es gegen Ende des Jahrhunderts in den Besitz des sachkundigen Grafen Rudolf v. Wrbna gekommen war. Derselbe führte den Sandguſs ein und brachte die Gieſserei auf eine so hohe Stufe, daſs Horzowitz ein Musterwerk wurde. Man datiert von dieser Zeit eine neue Ära der Eisengieſserei in Österreich. Graf Wrbna, der ein ebenso kenntnisreicher als begeisterter Eisenhüttenmann war und oft
1) Siehe Ferber, Beiträge zu der Mineralgeschichte von Böhmen, S. 15.
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Österreich.
Böhmens altes Eisengewerbe erfreute sich wechselnder Blüte im
18. Jahrhundert. Jars giebt Nachrichten darüber, die er bei seiner
Reise 1757 gesammelt hatte. Damals wurde besonders das groſse
Eisenbergwerk Hülfegottes Irrgang bei Johann-Georgenstadt an der
sächsischen Grenze schwunghaft betrieben. Die Grube lieferte an die
13 Hütten der Umgegend alle Quartal 200 bis 600 Fuder Erze. Der
Hochofen bei Johann-Georgenstadt war 21 bis 22 Fuſs hoch und
erzeugte 18 bis 19 Ctr. Roheisen den Tag. Dies wurde verfrischt
nach dem böhmischen Anlaufverfahren (S. 394). Das Frischeisen
wurde zum groſsen Teil zu Blech verschmiedet. Da Böhmen selbst
Zinnbergwerke zu Graupen, Schlackenwald und Neudeck besaſs, so
spielte die Weiſsblechfabrikation eine wichtige Rolle.
Auf 120 Pfd. Roheisen sollte der Stabschmied 92 Pfd. geschmie-
detes Eisen liefern und bekam dazu ein bestimmtes Quantum (2½ Kübel)
Kohlen. Er erhielt von 100 Pfd. 26⅔ Kreuzer Schmiedelohn. An
manchen Orten in Böhmen schmiedete man aus 100 Pfd. Roheisen
nur 75 Pfd. Stabeisen. Die Schmiede muſsten das Pfund eingeschmie-
detes mit 4 Kreuzer bezahlen, während sie für das Pfund aus-
geschmiedetes 3 Kreuzer erhielten. In einer Stabhütte wurden
wöchentlich 30 bis 40 Ctr. zu 40 Pfd. geschmiedet.
Zu Neudeck wurden aus 120 Pfd. Roheisen 98 Pfd. Frischeisen
und hieraus ein Doppelt-Schock Kreuzbleche, beschnitten zu 58 Pfd.,
oder 60 Pfd. Sturzbleche erzeugt, wozu der Blechschmied 3½ Kübel
Kohlen erhielt und 43 Kreuzer Lohn bekam. Der Zinner erhielt
auf 300 Blatt 19 Prager Pfund 24 Lot Zinn, 1⅔ Pfund Inselt,
3 Metzen Korn und 8 Seidel Kleien, ½ Kübel Kohlen, 1½ Centner
Holz und 42 Kreuzer Arbeitslohn.
1770 lagen die berühmten Eisenbergwerke und Schmelzhütten
des Berauner Kreises bei Horzowitz und Kommorau bis auf einige
Eisenhämmer still 1).
Bedeutende Ausdehnung erfuhr das Eisenwerk Horzowitz, nach-
dem es gegen Ende des Jahrhunderts in den Besitz des sachkundigen
Grafen Rudolf v. Wrbna gekommen war. Derselbe führte den
Sandguſs ein und brachte die Gieſserei auf eine so hohe Stufe, daſs
Horzowitz ein Musterwerk wurde. Man datiert von dieser Zeit eine
neue Ära der Eisengieſserei in Österreich. Graf Wrbna, der ein
ebenso kenntnisreicher als begeisterter Eisenhüttenmann war und oft
1) Siehe Ferber, Beiträge zu der Mineralgeschichte von Böhmen, S. 15.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 822. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/836>, abgerufen am 22.11.2024.
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