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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Physik.
sehr verschiedener Härte seien, es ausserdem aber noch eine Reihe
von unterscheidbaren Härtegraden, und zwar gerade bei den feinsten
Stahlsorten gäbe, welche von der Feile nicht angegriffen würden.
Deshalb schlägt er eine Härteskala vor, ähnlich derjenigen, welche
man später bei der Mineralogie in Anwendung gebracht hat, nur
dass seine Skala aus lauter harten Körpern besteht. Sie beginnt
1. mit Glas, das noch von der Feile angegriffen wird, 2. weichster
Bergkrystall (? vielleicht Chalcedon), 3. durchscheinender, harter
[Abbildung] Fig. 1.
Kiesel (von Medoc),
4. Agat (von Perpig-
nan), 5. orientalischer
Jaspis, 6. orientali-
scher Topas, oder statt
dessen Korund, und
7. Diamant.

Mit diesen Härte-
mitteln ritzt man die
Fläche des Stahls nahe
der Bruchstelle und
bestimmt die Grenzen.
Für feine Werkzeuge
wird die Agathärte
entsprechen, ausneh-
mend harte Geräte
bedürfen Stahl von
Topashärte.

Am umständlichsten
ist es, die dritte Eigen-
schaft, den "Körper"
des Stahls, d. h. seine
Festigkeit bei glei-
cher Härte, zu bestimmen. Auch hier beweist Reaumur wieder
seine Gründlichkeit und seine Erfindungsgabe, indem er Mittel zur
Bestimmung der Festigkeit in Vorschlag bringt, die erst viel später
Anerkennung und Anwendung gefunden haben. Festigkeitsvergleiche
lassen sich, wie er angiebt, nur bei absolut gleichen Querschnitten
erreichen und diese sind nur zu erhalten, wenn man den zu prüfen-
den Draht durch dasselbe Zieheisen zu Draht auszieht. Statt die
zu prüfenden Drahtstücke im offenen Feuer zu erhitzen, was unsicher
ist und eine Änderung des Stahles bewirken kann, bedient sich

Physik.
sehr verschiedener Härte seien, es auſserdem aber noch eine Reihe
von unterscheidbaren Härtegraden, und zwar gerade bei den feinsten
Stahlsorten gäbe, welche von der Feile nicht angegriffen würden.
Deshalb schlägt er eine Härteskala vor, ähnlich derjenigen, welche
man später bei der Mineralogie in Anwendung gebracht hat, nur
daſs seine Skala aus lauter harten Körpern besteht. Sie beginnt
1. mit Glas, das noch von der Feile angegriffen wird, 2. weichster
Bergkrystall (? vielleicht Chalcedon), 3. durchscheinender, harter
[Abbildung] Fig. 1.
Kiesel (von Medoc),
4. Agat (von Perpig-
nan), 5. orientalischer
Jaspis, 6. orientali-
scher Topas, oder statt
dessen Korund, und
7. Diamant.

Mit diesen Härte-
mitteln ritzt man die
Fläche des Stahls nahe
der Bruchstelle und
bestimmt die Grenzen.
Für feine Werkzeuge
wird die Agathärte
entsprechen, ausneh-
mend harte Geräte
bedürfen Stahl von
Topashärte.

Am umständlichsten
ist es, die dritte Eigen-
schaft, den „Körper
des Stahls, d. h. seine
Festigkeit bei glei-
cher Härte, zu bestimmen. Auch hier beweist Reaumur wieder
seine Gründlichkeit und seine Erfindungsgabe, indem er Mittel zur
Bestimmung der Festigkeit in Vorschlag bringt, die erst viel später
Anerkennung und Anwendung gefunden haben. Festigkeitsvergleiche
lassen sich, wie er angiebt, nur bei absolut gleichen Querschnitten
erreichen und diese sind nur zu erhalten, wenn man den zu prüfen-
den Draht durch dasselbe Zieheisen zu Draht auszieht. Statt die
zu prüfenden Drahtstücke im offenen Feuer zu erhitzen, was unsicher
ist und eine Änderung des Stahles bewirken kann, bedient sich

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[78/0092] Physik. sehr verschiedener Härte seien, es auſserdem aber noch eine Reihe von unterscheidbaren Härtegraden, und zwar gerade bei den feinsten Stahlsorten gäbe, welche von der Feile nicht angegriffen würden. Deshalb schlägt er eine Härteskala vor, ähnlich derjenigen, welche man später bei der Mineralogie in Anwendung gebracht hat, nur daſs seine Skala aus lauter harten Körpern besteht. Sie beginnt 1. mit Glas, das noch von der Feile angegriffen wird, 2. weichster Bergkrystall (? vielleicht Chalcedon), 3. durchscheinender, harter [Abbildung Fig. 1.] Kiesel (von Medoc), 4. Agat (von Perpig- nan), 5. orientalischer Jaspis, 6. orientali- scher Topas, oder statt dessen Korund, und 7. Diamant. Mit diesen Härte- mitteln ritzt man die Fläche des Stahls nahe der Bruchstelle und bestimmt die Grenzen. Für feine Werkzeuge wird die Agathärte entsprechen, ausneh- mend harte Geräte bedürfen Stahl von Topashärte. Am umständlichsten ist es, die dritte Eigen- schaft, den „Körper“ des Stahls, d. h. seine Festigkeit bei glei- cher Härte, zu bestimmen. Auch hier beweist Reaumur wieder seine Gründlichkeit und seine Erfindungsgabe, indem er Mittel zur Bestimmung der Festigkeit in Vorschlag bringt, die erst viel später Anerkennung und Anwendung gefunden haben. Festigkeitsvergleiche lassen sich, wie er angiebt, nur bei absolut gleichen Querschnitten erreichen und diese sind nur zu erhalten, wenn man den zu prüfen- den Draht durch dasselbe Zieheisen zu Draht auszieht. Statt die zu prüfenden Drahtstücke im offenen Feuer zu erhitzen, was unsicher ist und eine Änderung des Stahles bewirken kann, bedient sich

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/92>, abgerufen am 12.05.2024.