Die kleine Herrschaft Homburg vor der Mark, welche durch die Acher von der Herrschaft Gimborn-Neustadt getrennt war, war reich an guten Eisenerzen. Es befanden sich daselbst zwei Eisenhütten zu Weiershagen und zu Nümbrecht. Letztere ging um 1780 bereits ein. Die strengflüssigen Brauneisensteine wurden mit einem geringhaltigen, leichtflüssigen Stein von Ründeroth gattiert. Das Ausbringen betrug etwa 1750 kg den Tag und ging meistens nach der Mark, wo es dem saynischen gleichgeschätzt wurde. Unterhalb Nümbrecht befand sich der Altemühler Hammer, die einzige Frischhütte im Homburgischen. Ausserdem gab es 17 Band- und Reckeisenhämmer daselbst.
Mitten in der Grafschaft Mark lag die kleine Grafschaft Hohen- Limburg, in der das Eisengewerbe, wie in der Mark, das Haupt- gewerbe ausmachte. Es gab hier einen Osemundhammer und drei Stabfeuer auf zwei Hämmern. Sie bezogen ihr Roheisen von der Oberkaltenbacher Hütte im Bergischen. Ein Hochofen im Ländchen selbst musste wegen der Schwerschmelzbarkeit der Erze und zinkischer Ofenbrüche eingehen. Die sämtlichen Hämmer arbeiteten für die Limburger Drahtfabrik. Diese war bedeutend und wurde auf 20 Grob- und Kleinzögerbänken und 61 Winnenscheiben betrieben, welche meist auf der Nahmer lagen und in 18 Werken verteilt waren. Die Fabri- kation war vorzüglich auf Kratzendraht gerichtet. Diese Fabrik war früher mit der Iserlohnschen vereinigt gewesen und hatte sich anfangs des 18. Jahrhunderts durch Uneinigkeit mit den Interessenten des Iserlohner Stapels getrennt. Ein Unterschied der Fabrikation lag darin, dass hier der Draht meist aus Stabeisen statt aus Osemund gezogen wurde. Der Draht war weicher als der aus Osemund, und zum Biegen besser, dagegen nicht so elastisch. Er war sehr gesucht. -- Das Eisen wurde aus groben Stangen erst auf dem Reckhammer in Ruten von 1 Zoll Breite und 1/4 Zoll Dicke ausgereckt. Diese wurden von dem Drahtschmied der Länge nach "durchgeklöbt" und zum Zuge verschmiedet. Auf einer Limburger Grobbank wurden jähr- lich 700 bis 900 Stück Draht gezogen zu etwa 50000 Thlr. Wert; es wurde 120 Rthlr. Pacht jährlich für eine Bank bezahlt.
Mit der Eisenindustrie der Mark stand das uralte Eisengewerbe des Herzogtums Berg in lebhaftem Wettbewerb. Die bergische Industrie gründete sich hauptsächlich auf den Fleiss der Einwohner, die Natur hatte nur wenig für sie gethan1).
1) Siehe Eversmann, a. a. O., S. 371.
Westfalen und die Rheinlande.
Die kleine Herrschaft Homburg vor der Mark, welche durch die Acher von der Herrschaft Gimborn-Neustadt getrennt war, war reich an guten Eisenerzen. Es befanden sich daselbst zwei Eisenhütten zu Weiershagen und zu Nümbrecht. Letztere ging um 1780 bereits ein. Die strengflüssigen Brauneisensteine wurden mit einem geringhaltigen, leichtflüssigen Stein von Ründeroth gattiert. Das Ausbringen betrug etwa 1750 kg den Tag und ging meistens nach der Mark, wo es dem saynischen gleichgeschätzt wurde. Unterhalb Nümbrecht befand sich der Altemühler Hammer, die einzige Frischhütte im Homburgischen. Auſserdem gab es 17 Band- und Reckeisenhämmer daselbst.
Mitten in der Grafschaft Mark lag die kleine Grafschaft Hohen- Limburg, in der das Eisengewerbe, wie in der Mark, das Haupt- gewerbe ausmachte. Es gab hier einen Osemundhammer und drei Stabfeuer auf zwei Hämmern. Sie bezogen ihr Roheisen von der Oberkaltenbacher Hütte im Bergischen. Ein Hochofen im Ländchen selbst muſste wegen der Schwerschmelzbarkeit der Erze und zinkischer Ofenbrüche eingehen. Die sämtlichen Hämmer arbeiteten für die Limburger Drahtfabrik. Diese war bedeutend und wurde auf 20 Grob- und Kleinzögerbänken und 61 Winnenscheiben betrieben, welche meist auf der Nahmer lagen und in 18 Werken verteilt waren. Die Fabri- kation war vorzüglich auf Kratzendraht gerichtet. Diese Fabrik war früher mit der Iserlohnschen vereinigt gewesen und hatte sich anfangs des 18. Jahrhunderts durch Uneinigkeit mit den Interessenten des Iserlohner Stapels getrennt. Ein Unterschied der Fabrikation lag darin, daſs hier der Draht meist aus Stabeisen statt aus Osemund gezogen wurde. Der Draht war weicher als der aus Osemund, und zum Biegen besser, dagegen nicht so elastisch. Er war sehr gesucht. — Das Eisen wurde aus groben Stangen erst auf dem Reckhammer in Ruten von 1 Zoll Breite und ¼ Zoll Dicke ausgereckt. Diese wurden von dem Drahtschmied der Länge nach „durchgeklöbt“ und zum Zuge verschmiedet. Auf einer Limburger Grobbank wurden jähr- lich 700 bis 900 Stück Draht gezogen zu etwa 50000 Thlr. Wert; es wurde 120 Rthlr. Pacht jährlich für eine Bank bezahlt.
Mit der Eisenindustrie der Mark stand das uralte Eisengewerbe des Herzogtums Berg in lebhaftem Wettbewerb. Die bergische Industrie gründete sich hauptsächlich auf den Fleiſs der Einwohner, die Natur hatte nur wenig für sie gethan1).
1) Siehe Eversmann, a. a. O., S. 371.
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Westfalen und die Rheinlande.
Die kleine Herrschaft Homburg vor der Mark, welche durch
die Acher von der Herrschaft Gimborn-Neustadt getrennt war, war
reich an guten Eisenerzen. Es befanden sich daselbst zwei Eisenhütten
zu Weiershagen und zu Nümbrecht. Letztere ging um 1780
bereits ein. Die strengflüssigen Brauneisensteine wurden mit einem
geringhaltigen, leichtflüssigen Stein von Ründeroth gattiert. Das
Ausbringen betrug etwa 1750 kg den Tag und ging meistens nach
der Mark, wo es dem saynischen gleichgeschätzt wurde. Unterhalb
Nümbrecht befand sich der Altemühler Hammer, die einzige
Frischhütte im Homburgischen. Auſserdem gab es 17 Band- und
Reckeisenhämmer daselbst.
Mitten in der Grafschaft Mark lag die kleine Grafschaft Hohen-
Limburg, in der das Eisengewerbe, wie in der Mark, das Haupt-
gewerbe ausmachte. Es gab hier einen Osemundhammer und drei
Stabfeuer auf zwei Hämmern. Sie bezogen ihr Roheisen von der
Oberkaltenbacher Hütte im Bergischen. Ein Hochofen im Ländchen
selbst muſste wegen der Schwerschmelzbarkeit der Erze und zinkischer
Ofenbrüche eingehen. Die sämtlichen Hämmer arbeiteten für die
Limburger Drahtfabrik. Diese war bedeutend und wurde auf 20 Grob-
und Kleinzögerbänken und 61 Winnenscheiben betrieben, welche meist
auf der Nahmer lagen und in 18 Werken verteilt waren. Die Fabri-
kation war vorzüglich auf Kratzendraht gerichtet. Diese Fabrik war
früher mit der Iserlohnschen vereinigt gewesen und hatte sich anfangs
des 18. Jahrhunderts durch Uneinigkeit mit den Interessenten des
Iserlohner Stapels getrennt. Ein Unterschied der Fabrikation lag
darin, daſs hier der Draht meist aus Stabeisen statt aus Osemund
gezogen wurde. Der Draht war weicher als der aus Osemund, und
zum Biegen besser, dagegen nicht so elastisch. Er war sehr gesucht.
— Das Eisen wurde aus groben Stangen erst auf dem Reckhammer
in Ruten von 1 Zoll Breite und ¼ Zoll Dicke ausgereckt. Diese
wurden von dem Drahtschmied der Länge nach „durchgeklöbt“ und
zum Zuge verschmiedet. Auf einer Limburger Grobbank wurden jähr-
lich 700 bis 900 Stück Draht gezogen zu etwa 50000 Thlr. Wert;
es wurde 120 Rthlr. Pacht jährlich für eine Bank bezahlt.
Mit der Eisenindustrie der Mark stand das uralte Eisengewerbe
des Herzogtums Berg in lebhaftem Wettbewerb. Die bergische
Industrie gründete sich hauptsächlich auf den Fleiſs der Einwohner,
die Natur hatte nur wenig für sie gethan 1).
1) Siehe Eversmann, a. a. O., S. 371.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 965. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/979>, abgerufen am 22.11.2024.
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