von Dänemark bemühten sich, durch glänzende Anerbieten Hasenclever in ihre Länder zu ziehen. Er lehnte dieselben ab und widmete seine Dienste seinem Vaterlande, dem er nicht nur durch Beförderung des Handels und durch technische Verbesserungen, sondern auch durch Wort und Schrift seine Kräfte widmete. Er starb 1793 in Landshut, 761/2 Jahre alt. Erst 1/2 Jahr nach seinem Tode wurde sein Prozess in London zu seinen Gunsten entschieden und seine Gegner verurteilt, 158400 £ herauszuzahlen. Hasenclevers grösster Schmerz war aber, dass es ihm unmöglich gemacht worden war, sein Ziel, eine grosse Stahlindustrie in Amerika zu gründen, zu Ende zu führen. Alle seine Hütten- werke und Anlagen wurden in dem Unabhängigkeitskriege zerstört. Dennoch war seine Thätigkeit sowohl für Nordamerika als auch für den deutschen Eisenhandel und insbesondere für den Remscheids von grosser Bedeutung. Sein kaufmännisches Genie bahnte und ebnete die Wege für den Remscheider Eisenwarenhandel.
Das Schmiedegewerbe in Remscheid erfuhr in der ersten Hälfte des Jahrhunderts aus den preussischen Nachbarprovinzen, insbesondere aus der Mark, Zuzug dadurch, dass Eisenarbeiter sich dem strengen Militärdienst unter Friedrich Wilhelm I. durch Auswanderung in das unter kurpfälzischer Herrschaft stehende bergische Land zu entziehen suchten. Dies änderte sich erst, als Friedrich Wilhelm II. bei seinem Regierungsantritt dem märkischen Fabrikdistrikt die völ- lige Werbefreiheit zusicherte. Das Gewerbe der Kleinschmiede in Remscheid und Umgegend wurde so zahlreich, dass es in der Mitte des 18. Jahrhunderts um ein Privilegium nachsuchte, welches am 31. März 1759 erteilt wurde. In demselben wurden die Arbeiter unter dem Namen des 16 Kleinschmieds-Handwerks zusammengefasst1). Die Bestimmungen entsprachen zum Teil der alten Zunftordnung, waren aber in vielem liberaler. So durfte z. B. jeder Meister meh- rere Gewerbe erlernen und ausüben, selbst Handel im Auslande treiben, musste jedoch dann des Handwerks sich auf ein Jahr begeben und vor Antritt jeder Reise mindestens 20 Thlr., davon 1/3 an die Armen, 2/3 an das Handwerksgericht, entrichten. Die Warenpreise wurden vom Vogt und Rat mit Zuziehung zweier Kaufleute, also nicht einseitig, wie damals noch in Solingen, festgesetzt. Der Vogt wurde auf vier Jahre vom kurfürstlichen Obervogt aus der Zahl der Rem- scheider Meister ernannt. Zum Rat wählten jetzt die Remscheider vier, die Kronenberger zwei, die Lüttringhauser Meister einen Rats- mann.
Die Kleinschmiede versuchten in den Jahren 1760 und 1765 einen Tarif für die Warenpreise aufzustellen und die märkische Kon- kurrenz durch einen Verbleibungseid und Nichtannahme fremder Gesellen auszuschliessen; aber die Kaufleute wirkten diesen Be-
1) Siehe Thun, a. a. O., S. 111.
Westfalen und die Rheinlande.
von Dänemark bemühten sich, durch glänzende Anerbieten Hasenclever in ihre Länder zu ziehen. Er lehnte dieselben ab und widmete seine Dienste seinem Vaterlande, dem er nicht nur durch Beförderung des Handels und durch technische Verbesserungen, sondern auch durch Wort und Schrift seine Kräfte widmete. Er starb 1793 in Landshut, 76½ Jahre alt. Erst ½ Jahr nach seinem Tode wurde sein Prozeſs in London zu seinen Gunsten entschieden und seine Gegner verurteilt, 158400 £ herauszuzahlen. Hasenclevers gröſster Schmerz war aber, daſs es ihm unmöglich gemacht worden war, sein Ziel, eine groſse Stahlindustrie in Amerika zu gründen, zu Ende zu führen. Alle seine Hütten- werke und Anlagen wurden in dem Unabhängigkeitskriege zerstört. Dennoch war seine Thätigkeit sowohl für Nordamerika als auch für den deutschen Eisenhandel und insbesondere für den Remscheids von groſser Bedeutung. Sein kaufmännisches Genie bahnte und ebnete die Wege für den Remscheider Eisenwarenhandel.
Das Schmiedegewerbe in Remscheid erfuhr in der ersten Hälfte des Jahrhunderts aus den preuſsischen Nachbarprovinzen, insbesondere aus der Mark, Zuzug dadurch, daſs Eisenarbeiter sich dem strengen Militärdienst unter Friedrich Wilhelm I. durch Auswanderung in das unter kurpfälzischer Herrschaft stehende bergische Land zu entziehen suchten. Dies änderte sich erst, als Friedrich Wilhelm II. bei seinem Regierungsantritt dem märkischen Fabrikdistrikt die völ- lige Werbefreiheit zusicherte. Das Gewerbe der Kleinschmiede in Remscheid und Umgegend wurde so zahlreich, daſs es in der Mitte des 18. Jahrhunderts um ein Privilegium nachsuchte, welches am 31. März 1759 erteilt wurde. In demselben wurden die Arbeiter unter dem Namen des 16 Kleinschmieds-Handwerks zusammengefaſst1). Die Bestimmungen entsprachen zum Teil der alten Zunftordnung, waren aber in vielem liberaler. So durfte z. B. jeder Meister meh- rere Gewerbe erlernen und ausüben, selbst Handel im Auslande treiben, muſste jedoch dann des Handwerks sich auf ein Jahr begeben und vor Antritt jeder Reise mindestens 20 Thlr., davon ⅓ an die Armen, ⅔ an das Handwerksgericht, entrichten. Die Warenpreise wurden vom Vogt und Rat mit Zuziehung zweier Kaufleute, also nicht einseitig, wie damals noch in Solingen, festgesetzt. Der Vogt wurde auf vier Jahre vom kurfürstlichen Obervogt aus der Zahl der Rem- scheider Meister ernannt. Zum Rat wählten jetzt die Remscheider vier, die Kronenberger zwei, die Lüttringhauser Meister einen Rats- mann.
Die Kleinschmiede versuchten in den Jahren 1760 und 1765 einen Tarif für die Warenpreise aufzustellen und die märkische Kon- kurrenz durch einen Verbleibungseid und Nichtannahme fremder Gesellen auszuschlieſsen; aber die Kaufleute wirkten diesen Be-
1) Siehe Thun, a. a. O., S. 111.
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Westfalen und die Rheinlande.
von Dänemark bemühten sich, durch glänzende Anerbieten Hasenclever in
ihre Länder zu ziehen. Er lehnte dieselben ab und widmete seine Dienste
seinem Vaterlande, dem er nicht nur durch Beförderung des Handels und durch
technische Verbesserungen, sondern auch durch Wort und Schrift seine Kräfte
widmete. Er starb 1793 in Landshut, 76½ Jahre alt. Erst ½ Jahr nach seinem
Tode wurde sein Prozeſs in London zu seinen Gunsten entschieden und seine
Gegner verurteilt, 158400 £ herauszuzahlen. Hasenclevers gröſster Schmerz
war aber, daſs es ihm unmöglich gemacht worden war, sein Ziel, eine groſse
Stahlindustrie in Amerika zu gründen, zu Ende zu führen. Alle seine Hütten-
werke und Anlagen wurden in dem Unabhängigkeitskriege zerstört. Dennoch
war seine Thätigkeit sowohl für Nordamerika als auch für den deutschen
Eisenhandel und insbesondere für den Remscheids von groſser Bedeutung.
Sein kaufmännisches Genie bahnte und ebnete die Wege für den Remscheider
Eisenwarenhandel.
Das Schmiedegewerbe in Remscheid erfuhr in der ersten Hälfte
des Jahrhunderts aus den preuſsischen Nachbarprovinzen, insbesondere
aus der Mark, Zuzug dadurch, daſs Eisenarbeiter sich dem strengen
Militärdienst unter Friedrich Wilhelm I. durch Auswanderung
in das unter kurpfälzischer Herrschaft stehende bergische Land zu
entziehen suchten. Dies änderte sich erst, als Friedrich Wilhelm II.
bei seinem Regierungsantritt dem märkischen Fabrikdistrikt die völ-
lige Werbefreiheit zusicherte. Das Gewerbe der Kleinschmiede in
Remscheid und Umgegend wurde so zahlreich, daſs es in der Mitte
des 18. Jahrhunderts um ein Privilegium nachsuchte, welches am
31. März 1759 erteilt wurde. In demselben wurden die Arbeiter
unter dem Namen des 16 Kleinschmieds-Handwerks zusammengefaſst 1).
Die Bestimmungen entsprachen zum Teil der alten Zunftordnung,
waren aber in vielem liberaler. So durfte z. B. jeder Meister meh-
rere Gewerbe erlernen und ausüben, selbst Handel im Auslande treiben,
muſste jedoch dann des Handwerks sich auf ein Jahr begeben und
vor Antritt jeder Reise mindestens 20 Thlr., davon ⅓ an die Armen,
⅔ an das Handwerksgericht, entrichten. Die Warenpreise wurden
vom Vogt und Rat mit Zuziehung zweier Kaufleute, also nicht
einseitig, wie damals noch in Solingen, festgesetzt. Der Vogt wurde
auf vier Jahre vom kurfürstlichen Obervogt aus der Zahl der Rem-
scheider Meister ernannt. Zum Rat wählten jetzt die Remscheider
vier, die Kronenberger zwei, die Lüttringhauser Meister einen Rats-
mann.
Die Kleinschmiede versuchten in den Jahren 1760 und 1765
einen Tarif für die Warenpreise aufzustellen und die märkische Kon-
kurrenz durch einen Verbleibungseid und Nichtannahme fremder
Gesellen auszuschlieſsen; aber die Kaufleute wirkten diesen Be-
1) Siehe Thun, a. a. O., S. 111.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 974. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/988>, abgerufen am 25.11.2024.
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