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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Eisengiesserei 1801 bis 1815.
sächlich machte man Öfen, Kessel, Gartenthore, Geländer und Ketten,
welche man zum Schmuck an den Häusern anbrachte u. s. w. Auch
war man damals gerade beschäftigt, mehrere Dampfmaschinen für
Hüttenwerke der Umgegend zu giessen. Ebenso sollen schwere
Festungsgeschütze angefertigt worden sein. Neben dem feinsten
Zierguss goss man schwere Kessel und Blasen für Destillateure u. s. w.
Namentlich zeichnete sich aber die königl. Giesserei in Berlin durch
ihren Guss von Statuen und Monumenten aus. Berühmt war das in
Eisen gegossene Monument der Königin Luise zu Gransen (1811)
und das Denkmal des Feldmarschalls von Curbiere zu Graudenz.
Allbekannt ist das Denkmal Theodor Körners zu Wöbbelin.

Aber nicht der Kunstguss, sondern der Guss von Geschützen und
Munition wurde die Hauptsache, als das Jahr des Befreiungskrieges,
1813, für Preussen heranbrach. Hätte der Staat damals nicht die
grossen vortrefflichen Giessereien in Oberschlesien und in Berlin
besessen, er wäre schwerlich imstande gewesen, seine kriegerische Aus-
rüstung so schnell zu vollenden. So aber hat Oberschlesien haupt-
sächlich das Eisen geliefert, welches Deutschland von der französischen
Herrschaft befreit hat.

Noch ein anderes Denkmal des Befreiungskrieges wurde damals
in der königl. Giesserei zu Berlin gegossen, nämlich die eisernen
Kreuze, welche die Brust der tapferen Vaterlandskämpfer schmückten.

Ausser den genannten preussischen Giessereien zeichnete sich
besonders Lauchhammer bei Mückenberg in Sachsen, Horzowitz
in Böhmen, die Königshütte und Mägdesprung im Harz, Wasser-
alfingen
in Württemberg, die nassauischen Hütten und die Fried-
richshütte
bei Laubach durch ihre schönen Gusswaren aus.

Betrachten wir den technischen Zustand und die Fortschritte des
Giessereiwesens jener Zeit im allgemeinen, so ist zu konstatieren, dass,
wo man Holzkohlenbetrieb hatte, die meisten Gusswaren noch aus
dem Hochofen gegossen wurden. Der Hochofenguss hatte den Vorzug
der Billigkeit; doch waren durchaus nicht alle Eisensorten dazu
geeignet. Für feinere Gusswaren nahm man nur das graue gare
Roheisen. Waren demnach viele Eisenhütten überhaupt nicht in der
Lage, feinere Gusswaren zu erzeugen, wie z. B. alle diejenigen, welche
Spateisensteine verschmolzen, so war man auch da, wo die Erze für
Giessereieisen geeignet waren, immer von dem Ofengang abhängig.
Dieser war aber bei den kleinen Öfen und den schlechten Gebläsen
häufigen Störungen unterworfen, infolgedessen Eisen erzeugt wurde,
welches sich für gute Gusswaren nicht eignete. Dann mussten die

Eisengieſserei 1801 bis 1815.
sächlich machte man Öfen, Kessel, Gartenthore, Geländer und Ketten,
welche man zum Schmuck an den Häusern anbrachte u. s. w. Auch
war man damals gerade beschäftigt, mehrere Dampfmaschinen für
Hüttenwerke der Umgegend zu gieſsen. Ebenso sollen schwere
Festungsgeschütze angefertigt worden sein. Neben dem feinsten
Zierguſs goſs man schwere Kessel und Blasen für Destillateure u. s. w.
Namentlich zeichnete sich aber die königl. Gieſserei in Berlin durch
ihren Guſs von Statuen und Monumenten aus. Berühmt war das in
Eisen gegossene Monument der Königin Luise zu Gransen (1811)
und das Denkmal des Feldmarschalls von Curbière zu Graudenz.
Allbekannt ist das Denkmal Theodor Körners zu Wöbbelin.

Aber nicht der Kunstguſs, sondern der Guſs von Geschützen und
Munition wurde die Hauptsache, als das Jahr des Befreiungskrieges,
1813, für Preuſsen heranbrach. Hätte der Staat damals nicht die
groſsen vortrefflichen Gieſsereien in Oberschlesien und in Berlin
besessen, er wäre schwerlich imstande gewesen, seine kriegerische Aus-
rüstung so schnell zu vollenden. So aber hat Oberschlesien haupt-
sächlich das Eisen geliefert, welches Deutschland von der französischen
Herrschaft befreit hat.

Noch ein anderes Denkmal des Befreiungskrieges wurde damals
in der königl. Gieſserei zu Berlin gegossen, nämlich die eisernen
Kreuze, welche die Brust der tapferen Vaterlandskämpfer schmückten.

Auſser den genannten preuſsischen Gieſsereien zeichnete sich
besonders Lauchhammer bei Mückenberg in Sachsen, Horzowitz
in Böhmen, die Königshütte und Mägdesprung im Harz, Wasser-
alfingen
in Württemberg, die nassauischen Hütten und die Fried-
richshütte
bei Laubach durch ihre schönen Guſswaren aus.

Betrachten wir den technischen Zustand und die Fortschritte des
Gieſsereiwesens jener Zeit im allgemeinen, so ist zu konstatieren, daſs,
wo man Holzkohlenbetrieb hatte, die meisten Guſswaren noch aus
dem Hochofen gegossen wurden. Der Hochofenguſs hatte den Vorzug
der Billigkeit; doch waren durchaus nicht alle Eisensorten dazu
geeignet. Für feinere Guſswaren nahm man nur das graue gare
Roheisen. Waren demnach viele Eisenhütten überhaupt nicht in der
Lage, feinere Guſswaren zu erzeugen, wie z. B. alle diejenigen, welche
Spateisensteine verschmolzen, so war man auch da, wo die Erze für
Gieſsereieisen geeignet waren, immer von dem Ofengang abhängig.
Dieser war aber bei den kleinen Öfen und den schlechten Gebläsen
häufigen Störungen unterworfen, infolgedessen Eisen erzeugt wurde,
welches sich für gute Guſswaren nicht eignete. Dann muſsten die

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[96/0112] Eisengieſserei 1801 bis 1815. sächlich machte man Öfen, Kessel, Gartenthore, Geländer und Ketten, welche man zum Schmuck an den Häusern anbrachte u. s. w. Auch war man damals gerade beschäftigt, mehrere Dampfmaschinen für Hüttenwerke der Umgegend zu gieſsen. Ebenso sollen schwere Festungsgeschütze angefertigt worden sein. Neben dem feinsten Zierguſs goſs man schwere Kessel und Blasen für Destillateure u. s. w. Namentlich zeichnete sich aber die königl. Gieſserei in Berlin durch ihren Guſs von Statuen und Monumenten aus. Berühmt war das in Eisen gegossene Monument der Königin Luise zu Gransen (1811) und das Denkmal des Feldmarschalls von Curbière zu Graudenz. Allbekannt ist das Denkmal Theodor Körners zu Wöbbelin. Aber nicht der Kunstguſs, sondern der Guſs von Geschützen und Munition wurde die Hauptsache, als das Jahr des Befreiungskrieges, 1813, für Preuſsen heranbrach. Hätte der Staat damals nicht die groſsen vortrefflichen Gieſsereien in Oberschlesien und in Berlin besessen, er wäre schwerlich imstande gewesen, seine kriegerische Aus- rüstung so schnell zu vollenden. So aber hat Oberschlesien haupt- sächlich das Eisen geliefert, welches Deutschland von der französischen Herrschaft befreit hat. Noch ein anderes Denkmal des Befreiungskrieges wurde damals in der königl. Gieſserei zu Berlin gegossen, nämlich die eisernen Kreuze, welche die Brust der tapferen Vaterlandskämpfer schmückten. Auſser den genannten preuſsischen Gieſsereien zeichnete sich besonders Lauchhammer bei Mückenberg in Sachsen, Horzowitz in Böhmen, die Königshütte und Mägdesprung im Harz, Wasser- alfingen in Württemberg, die nassauischen Hütten und die Fried- richshütte bei Laubach durch ihre schönen Guſswaren aus. Betrachten wir den technischen Zustand und die Fortschritte des Gieſsereiwesens jener Zeit im allgemeinen, so ist zu konstatieren, daſs, wo man Holzkohlenbetrieb hatte, die meisten Guſswaren noch aus dem Hochofen gegossen wurden. Der Hochofenguſs hatte den Vorzug der Billigkeit; doch waren durchaus nicht alle Eisensorten dazu geeignet. Für feinere Guſswaren nahm man nur das graue gare Roheisen. Waren demnach viele Eisenhütten überhaupt nicht in der Lage, feinere Guſswaren zu erzeugen, wie z. B. alle diejenigen, welche Spateisensteine verschmolzen, so war man auch da, wo die Erze für Gieſsereieisen geeignet waren, immer von dem Ofengang abhängig. Dieser war aber bei den kleinen Öfen und den schlechten Gebläsen häufigen Störungen unterworfen, infolgedessen Eisen erzeugt wurde, welches sich für gute Guſswaren nicht eignete. Dann muſsten die

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/112>, abgerufen am 27.11.2024.