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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.
120 Pfd. gebranntem Kalk beschickt werden. Die Schlacken sollten im
Ofen bleiben und mit dem Eisen abgestochen werden, dies bildet ein
wichtiges Moment der "Erfindung". Wäre das Eisen noch nicht ge-
nügend entkohlt, so sollte man den Kohlensatz vermindern und den
Schlackensatz erhöhen. Die Schlacke könnte zum Teil auch durch
Eisenerz ersetzt werden; ebenso könnte man das gefeinte Eisen aus
Eisenerz statt aus Roheisen in gleicher Weise schmelzen. Alle
Materialien sollen in kleinen Stücken aufgegeben werden. Es würde ein
schwächeres Gebläse als beim Hochofen genügen. Eine praktische
Bedeutung erlangte diese Methode nicht.

Von grosser Tragweite war dagegen die Erfindung von Samuel
Baldwin Rogers
(1816), welcher den Sandherd im Puddelofen, wie
ihn Cort angegeben hatte, durch einen eisernen Herd, den er mit
Eisenoxyden schützte, ersetzte. Auf diese Erfindung werden wir
später zurückkommen.

Ebenso war man in England darauf bedacht, die Maschinen und
Werkzeuge zur Bearbeitung des Eisens zu verbessern. In dieser
Beziehung erwähnen wir ein Patent von John Hartop für eine
Luppenquetsche (squeezing machine) vom Jahre 1805, John
Bennochs
Nagelwalzen (E. Pat. v. 17. Febr. 1801), William Bells
Messer- und Scherenwalzen, Billingsleys Cylinderbohrmaschine.

In Frankreich waren in dieser Periode mehrere Versuche gemacht
worden, das Flammofenfrischen einzuführen, aber ohne Erfolg.

Der Hammermeister Sabathier aus dem Depart. Nievre, welcher
von dem englischen Puddelprozess Kenntnis erlangt hatte, machte der
französischen Regierung im Jahre 1802 den Vorschlag zur Einführung
des Flammofenfrischens mit Holzkohlen. Er wollte dies in drei ver-
schiedenen Öfen ausführen. Zuerst sollte das Roheisen in einem Ofen
gereinigt und in Platten gegossen werden, ähnlich dem in Nivernais
bereits üblichen Hartzerennen (mazeage), dann sollte dieses gereinigte
Eisen in einem zweiten Ofen gefrischt und zu Luppen gemacht werden,
der dritte Ofen sollte als Glüh- oder Schweissofen zum Ausschmieden
der Luppen dienen.

Nach wiederholten Gesuchen bewilligte die Regierung Sabathier
8000 Frcs., um vier Flammöfen auf der Hütte von Pont-Saint-Ours
zu bauen und einen Versuch mit seinem Verfahren anzustellen.
Währenddem Sabathier noch hiermit beschäftigt war, erteilte 1808
die Regierung einem Herrn Dufaud fils, ebenfalls Hammermeister im
Depart. Nievre, ein Erfindungspatent für das von Sabathier vor-
geschlagene Verfahren, aber mit Steinkohle. Nach einem Regierungs-

Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.
120 Pfd. gebranntem Kalk beschickt werden. Die Schlacken sollten im
Ofen bleiben und mit dem Eisen abgestochen werden, dies bildet ein
wichtiges Moment der „Erfindung“. Wäre das Eisen noch nicht ge-
nügend entkohlt, so sollte man den Kohlensatz vermindern und den
Schlackensatz erhöhen. Die Schlacke könnte zum Teil auch durch
Eisenerz ersetzt werden; ebenso könnte man das gefeinte Eisen aus
Eisenerz statt aus Roheisen in gleicher Weise schmelzen. Alle
Materialien sollen in kleinen Stücken aufgegeben werden. Es würde ein
schwächeres Gebläse als beim Hochofen genügen. Eine praktische
Bedeutung erlangte diese Methode nicht.

Von groſser Tragweite war dagegen die Erfindung von Samuel
Baldwin Rogers
(1816), welcher den Sandherd im Puddelofen, wie
ihn Cort angegeben hatte, durch einen eisernen Herd, den er mit
Eisenoxyden schützte, ersetzte. Auf diese Erfindung werden wir
später zurückkommen.

Ebenso war man in England darauf bedacht, die Maschinen und
Werkzeuge zur Bearbeitung des Eisens zu verbessern. In dieser
Beziehung erwähnen wir ein Patent von John Hartop für eine
Luppenquetsche (squeezing machine) vom Jahre 1805, John
Bennochs
Nagelwalzen (E. Pat. v. 17. Febr. 1801), William Bells
Messer- und Scherenwalzen, Billingsleys Cylinderbohrmaschine.

In Frankreich waren in dieser Periode mehrere Versuche gemacht
worden, das Flammofenfrischen einzuführen, aber ohne Erfolg.

Der Hammermeister Sabathier aus dem Depart. Nièvre, welcher
von dem englischen Puddelprozeſs Kenntnis erlangt hatte, machte der
französischen Regierung im Jahre 1802 den Vorschlag zur Einführung
des Flammofenfrischens mit Holzkohlen. Er wollte dies in drei ver-
schiedenen Öfen ausführen. Zuerst sollte das Roheisen in einem Ofen
gereinigt und in Platten gegossen werden, ähnlich dem in Nivernais
bereits üblichen Hartzerennen (mazéage), dann sollte dieses gereinigte
Eisen in einem zweiten Ofen gefrischt und zu Luppen gemacht werden,
der dritte Ofen sollte als Glüh- oder Schweiſsofen zum Ausschmieden
der Luppen dienen.

Nach wiederholten Gesuchen bewilligte die Regierung Sabathier
8000 Frcs., um vier Flammöfen auf der Hütte von Pont-Saint-Ours
zu bauen und einen Versuch mit seinem Verfahren anzustellen.
Währenddem Sabathier noch hiermit beschäftigt war, erteilte 1808
die Regierung einem Herrn Dufaud fils, ebenfalls Hammermeister im
Depart. Nièvre, ein Erfindungspatent für das von Sabathier vor-
geschlagene Verfahren, aber mit Steinkohle. Nach einem Regierungs-

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[118/0134] Stabeisenbereitung 1801 bis 1815. 120 Pfd. gebranntem Kalk beschickt werden. Die Schlacken sollten im Ofen bleiben und mit dem Eisen abgestochen werden, dies bildet ein wichtiges Moment der „Erfindung“. Wäre das Eisen noch nicht ge- nügend entkohlt, so sollte man den Kohlensatz vermindern und den Schlackensatz erhöhen. Die Schlacke könnte zum Teil auch durch Eisenerz ersetzt werden; ebenso könnte man das gefeinte Eisen aus Eisenerz statt aus Roheisen in gleicher Weise schmelzen. Alle Materialien sollen in kleinen Stücken aufgegeben werden. Es würde ein schwächeres Gebläse als beim Hochofen genügen. Eine praktische Bedeutung erlangte diese Methode nicht. Von groſser Tragweite war dagegen die Erfindung von Samuel Baldwin Rogers (1816), welcher den Sandherd im Puddelofen, wie ihn Cort angegeben hatte, durch einen eisernen Herd, den er mit Eisenoxyden schützte, ersetzte. Auf diese Erfindung werden wir später zurückkommen. Ebenso war man in England darauf bedacht, die Maschinen und Werkzeuge zur Bearbeitung des Eisens zu verbessern. In dieser Beziehung erwähnen wir ein Patent von John Hartop für eine Luppenquetsche (squeezing machine) vom Jahre 1805, John Bennochs Nagelwalzen (E. Pat. v. 17. Febr. 1801), William Bells Messer- und Scherenwalzen, Billingsleys Cylinderbohrmaschine. In Frankreich waren in dieser Periode mehrere Versuche gemacht worden, das Flammofenfrischen einzuführen, aber ohne Erfolg. Der Hammermeister Sabathier aus dem Depart. Nièvre, welcher von dem englischen Puddelprozeſs Kenntnis erlangt hatte, machte der französischen Regierung im Jahre 1802 den Vorschlag zur Einführung des Flammofenfrischens mit Holzkohlen. Er wollte dies in drei ver- schiedenen Öfen ausführen. Zuerst sollte das Roheisen in einem Ofen gereinigt und in Platten gegossen werden, ähnlich dem in Nivernais bereits üblichen Hartzerennen (mazéage), dann sollte dieses gereinigte Eisen in einem zweiten Ofen gefrischt und zu Luppen gemacht werden, der dritte Ofen sollte als Glüh- oder Schweiſsofen zum Ausschmieden der Luppen dienen. Nach wiederholten Gesuchen bewilligte die Regierung Sabathier 8000 Frcs., um vier Flammöfen auf der Hütte von Pont-Saint-Ours zu bauen und einen Versuch mit seinem Verfahren anzustellen. Währenddem Sabathier noch hiermit beschäftigt war, erteilte 1808 die Regierung einem Herrn Dufaud fils, ebenfalls Hammermeister im Depart. Nièvre, ein Erfindungspatent für das von Sabathier vor- geschlagene Verfahren, aber mit Steinkohle. Nach einem Regierungs-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/134>, abgerufen am 25.11.2024.