Als zuverlässigstes Mittel zur Verbesserung des Rotbruchs erkannte man reinen Spateisenstein.
Die Fortschritte in der Verarbeitung des Eisens bestanden hauptsächlich in der häufigeren Anwendung der Walzwerke. In England waren dieselben bereits ganz allgemein in Gebrauch, während auf dem Kontinent ihre Anwendung noch selten war. Dagegen waren Walz- und Schneidwerke für die Herstellung schwacher Eisensorten sehr verbreitet. Man wendete dabei fast allgemein gemauerte Glüh- öfen zur Erwärmung des Eisens an. Es waren dies meist Flammöfen, doch bediente man sich bei den rheinischen und belgischen Schneid- werken einfacher gewölbter Räume, welche einen Rost zur Verbren- nung der Steinkohlen hatten und unter einer Esse standen. Das Materialeisen lag unmittelbar auf den brennenden Kohlen und eine Öffnung in der vorderen Wand des Gewölbeofens diente sowohl zum Ein- und Austragen des Materialeisens, als zum Einfüllen der Kohlen und zum Abzug der Verbrennungsgase. Man sparte bei diesem Ver- fahren im Vergleich mit den Flammöfen an Brennmaterial, das Eisen war aber viel mehr dem Verbrennen ausgesetzt. Bei gutem Betriebe sollte der ganze Eisenabgang bei den Walz- und Schneidwerken 1 Proz. nicht übersteigen.
Bei der Drahtfabrikation wendete man statt des Zaineisens vielfach das Schneideisen an. Dieses gab aber viel Ausschuss, der zwar durch vorausgehendes Hämmern verringert wurde, wodurch sich aber die Kosten erhöhten. Es war viel vorteilhafter, das Eisen nur der Länge nach auszuwalzen und es nicht zu spalten, wodurch auch immer das Gefüge gestört wurde. Die groben Drahtsorten stellte man aus Schneideisen oder direkt aus den Drahtknüppeln durch Aus- walzen her; die feinen Drahtsorten zog man dagegen aus gewalztem groben Draht.
Die Drahtsorten und deren Bezeichnung waren in jeder Gegend anders. Hassenfratz teilt in einer Tabelle die Nummern und Stärken der französischen Drahtsorten, nebst den Gewichten von je 100 m und den Längen von einem Kilogramm mit 1).
Die Drahtfabrikation machte damals in Frankreich bedeutende Fortschritte. Für ihre Verbesserung hatte die Societe d'encourage- ment ebenfalls Preise ausgesetzt. 1807 erhielten die Herren Mouchel, welche in Aigle eine der grössten Drahtfabriken besassen, die silberne Medaille 2). Sie machten damals allein 50000 kg Kratzendraht im
1) Siehe l. c. III, p. 316.
2) Siehe Annales des mines 1807, Nr. 127, p. 63.
Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.
Als zuverlässigstes Mittel zur Verbesserung des Rotbruchs erkannte man reinen Spateisenstein.
Die Fortschritte in der Verarbeitung des Eisens bestanden hauptsächlich in der häufigeren Anwendung der Walzwerke. In England waren dieselben bereits ganz allgemein in Gebrauch, während auf dem Kontinent ihre Anwendung noch selten war. Dagegen waren Walz- und Schneidwerke für die Herstellung schwacher Eisensorten sehr verbreitet. Man wendete dabei fast allgemein gemauerte Glüh- öfen zur Erwärmung des Eisens an. Es waren dies meist Flammöfen, doch bediente man sich bei den rheinischen und belgischen Schneid- werken einfacher gewölbter Räume, welche einen Rost zur Verbren- nung der Steinkohlen hatten und unter einer Esse standen. Das Materialeisen lag unmittelbar auf den brennenden Kohlen und eine Öffnung in der vorderen Wand des Gewölbeofens diente sowohl zum Ein- und Austragen des Materialeisens, als zum Einfüllen der Kohlen und zum Abzug der Verbrennungsgase. Man sparte bei diesem Ver- fahren im Vergleich mit den Flammöfen an Brennmaterial, das Eisen war aber viel mehr dem Verbrennen ausgesetzt. Bei gutem Betriebe sollte der ganze Eisenabgang bei den Walz- und Schneidwerken 1 Proz. nicht übersteigen.
Bei der Drahtfabrikation wendete man statt des Zaineisens vielfach das Schneideisen an. Dieses gab aber viel Ausschuſs, der zwar durch vorausgehendes Hämmern verringert wurde, wodurch sich aber die Kosten erhöhten. Es war viel vorteilhafter, das Eisen nur der Länge nach auszuwalzen und es nicht zu spalten, wodurch auch immer das Gefüge gestört wurde. Die groben Drahtsorten stellte man aus Schneideisen oder direkt aus den Drahtknüppeln durch Aus- walzen her; die feinen Drahtsorten zog man dagegen aus gewalztem groben Draht.
Die Drahtsorten und deren Bezeichnung waren in jeder Gegend anders. Hassenfratz teilt in einer Tabelle die Nummern und Stärken der französischen Drahtsorten, nebst den Gewichten von je 100 m und den Längen von einem Kilogramm mit 1).
Die Drahtfabrikation machte damals in Frankreich bedeutende Fortschritte. Für ihre Verbesserung hatte die Societé d’encourage- ment ebenfalls Preise ausgesetzt. 1807 erhielten die Herren Mouchel, welche in Aigle eine der gröſsten Drahtfabriken besaſsen, die silberne Medaille 2). Sie machten damals allein 50000 kg Kratzendraht im
1) Siehe l. c. III, p. 316.
2) Siehe Annales des mines 1807, Nr. 127, p. 63.
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Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.
Als zuverlässigstes Mittel zur Verbesserung des Rotbruchs erkannte
man reinen Spateisenstein.
Die Fortschritte in der Verarbeitung des Eisens bestanden
hauptsächlich in der häufigeren Anwendung der Walzwerke. In
England waren dieselben bereits ganz allgemein in Gebrauch, während
auf dem Kontinent ihre Anwendung noch selten war. Dagegen waren
Walz- und Schneidwerke für die Herstellung schwacher Eisensorten
sehr verbreitet. Man wendete dabei fast allgemein gemauerte Glüh-
öfen zur Erwärmung des Eisens an. Es waren dies meist Flammöfen,
doch bediente man sich bei den rheinischen und belgischen Schneid-
werken einfacher gewölbter Räume, welche einen Rost zur Verbren-
nung der Steinkohlen hatten und unter einer Esse standen. Das
Materialeisen lag unmittelbar auf den brennenden Kohlen und eine
Öffnung in der vorderen Wand des Gewölbeofens diente sowohl zum
Ein- und Austragen des Materialeisens, als zum Einfüllen der Kohlen
und zum Abzug der Verbrennungsgase. Man sparte bei diesem Ver-
fahren im Vergleich mit den Flammöfen an Brennmaterial, das Eisen
war aber viel mehr dem Verbrennen ausgesetzt. Bei gutem Betriebe
sollte der ganze Eisenabgang bei den Walz- und Schneidwerken
1 Proz. nicht übersteigen.
Bei der Drahtfabrikation wendete man statt des Zaineisens
vielfach das Schneideisen an. Dieses gab aber viel Ausschuſs, der
zwar durch vorausgehendes Hämmern verringert wurde, wodurch sich
aber die Kosten erhöhten. Es war viel vorteilhafter, das Eisen nur
der Länge nach auszuwalzen und es nicht zu spalten, wodurch auch
immer das Gefüge gestört wurde. Die groben Drahtsorten stellte
man aus Schneideisen oder direkt aus den Drahtknüppeln durch Aus-
walzen her; die feinen Drahtsorten zog man dagegen aus gewalztem
groben Draht.
Die Drahtsorten und deren Bezeichnung waren in jeder Gegend
anders. Hassenfratz teilt in einer Tabelle die Nummern und
Stärken der französischen Drahtsorten, nebst den Gewichten von je
100 m und den Längen von einem Kilogramm mit 1).
Die Drahtfabrikation machte damals in Frankreich bedeutende
Fortschritte. Für ihre Verbesserung hatte die Societé d’encourage-
ment ebenfalls Preise ausgesetzt. 1807 erhielten die Herren Mouchel,
welche in Aigle eine der gröſsten Drahtfabriken besaſsen, die silberne
Medaille 2). Sie machten damals allein 50000 kg Kratzendraht im
1) Siehe l. c. III, p. 316.
2) Siehe Annales des mines 1807, Nr. 127, p. 63.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/140>, abgerufen am 25.11.2024.
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