Düren im damaligen Departement der Roer 1). Der zweimal cemen- tierte Stahl sollte den englischen übertreffen 2). Auch machten die Gebrüder Poncelet einen feinen doppelt geschmolzenen Stahl und einen schweissbaren Gussstahl.
Über alle die Stahlarten, welche um den damals ausgesetzten Preis konkurrierten, hat Gillet-Laumont einen eingehenden Bericht erstattet 3).
1809 hatten die Gebrüder Poncelet von der Societe d'encourage- ment zu Paris eine goldene Medaille von 400 Franken Wert zur An- erkennung und Aufmunterung erhalten. 1811 sandten sie Muster ihres Gussstahls an genannte Gesellschaft. Sie schmolzen Stahl mit Fluss in Tiegeln von 13 Zoll Höhe, 6 Zoll Weite und 25 Pfd. Ein- satz in einem Windofen 4).
Bei kalter, trockener Luft ging die Schmelzung am besten von statten, während es bei heissem, feuchtem Wetter manchmal nicht gelang, die nötige Temperatur zu erreichen. Die Gebrüder Poncelet bereiteten sich ihre Tiegel selbst aus einer reinen Thonerde der Ardennen.
In jener Zeit entstanden auch die ersten Gussstahlfabriken in Westfalen und am Niederrhein.
Der Direktor Schmolder der Friedrich-Wilhelms-Hütte in der Grafschaft Lingen hatte der Gesellschaft zur Aufmunterung in Paris Scheren von Gussstahl und dazu einen kurzen Bericht seines Ver- fahrens eingeschickt.
Er nahm 288 Tle. altes Brucheisen, 16 Tle. Eisenfeile, 32 Tle. altes geschmiedetes Eisen, 48 Tle. oxydiertes, gut geröstetes und ge- pochtes Eisenerz, 32 Tle. pulverisierten Kalkstein, 2 Tle. Horn oder zerkleinerte Tierklauen, 7 Tle. Holzkohlenpulver. Die Substanzen wurden schichtweise in einen Schmelztiegel gethan, mit Tiegel- scherben bedeckt und alsdann in einen mit Steinkohlen geheizten Windofen eingesetzt. Nach 2 bis 21/2 Stunden war die Schmelzung vor sich gegangen, man warf Kohlenstübbe darauf und goss die ge- schmolzene Masse in Formen. Die 425 Tle. des Gemenges gaben 320 Tle. Stahl, wovon das Pfund auf beinahe 13 Centimes zu stehen kam.
1) Siehe den offiziellen Bericht, worin Angaben über die Fabrikation ent- halten sind, in Annales des mines, 1809, Nr. 145, p. 35.
2) Annales des mines, Nr. 151, p. 9 etc.
3) l. c., p. 1 et 2.
4) Siehe Hassenfratz, a. a. O., t. IV, p. 83.
Stahlbereitung 1801 bis 1815.
Düren im damaligen Departement der Roër 1). Der zweimal cemen- tierte Stahl sollte den englischen übertreffen 2). Auch machten die Gebrüder Poncelet einen feinen doppelt geschmolzenen Stahl und einen schweiſsbaren Guſsstahl.
Über alle die Stahlarten, welche um den damals ausgesetzten Preis konkurrierten, hat Gillet-Laumont einen eingehenden Bericht erstattet 3).
1809 hatten die Gebrüder Poncelet von der Société d’encourage- ment zu Paris eine goldene Medaille von 400 Franken Wert zur An- erkennung und Aufmunterung erhalten. 1811 sandten sie Muster ihres Guſsstahls an genannte Gesellschaft. Sie schmolzen Stahl mit Fluſs in Tiegeln von 13 Zoll Höhe, 6 Zoll Weite und 25 Pfd. Ein- satz in einem Windofen 4).
Bei kalter, trockener Luft ging die Schmelzung am besten von statten, während es bei heiſsem, feuchtem Wetter manchmal nicht gelang, die nötige Temperatur zu erreichen. Die Gebrüder Poncelet bereiteten sich ihre Tiegel selbst aus einer reinen Thonerde der Ardennen.
In jener Zeit entstanden auch die ersten Guſsstahlfabriken in Westfalen und am Niederrhein.
Der Direktor Schmolder der Friedrich-Wilhelms-Hütte in der Grafschaft Lingen hatte der Gesellschaft zur Aufmunterung in Paris Scheren von Guſsstahl und dazu einen kurzen Bericht seines Ver- fahrens eingeschickt.
Er nahm 288 Tle. altes Brucheisen, 16 Tle. Eisenfeile, 32 Tle. altes geschmiedetes Eisen, 48 Tle. oxydiertes, gut geröstetes und ge- pochtes Eisenerz, 32 Tle. pulverisierten Kalkstein, 2 Tle. Horn oder zerkleinerte Tierklauen, 7 Tle. Holzkohlenpulver. Die Substanzen wurden schichtweise in einen Schmelztiegel gethan, mit Tiegel- scherben bedeckt und alsdann in einen mit Steinkohlen geheizten Windofen eingesetzt. Nach 2 bis 2½ Stunden war die Schmelzung vor sich gegangen, man warf Kohlenstübbe darauf und goſs die ge- schmolzene Masse in Formen. Die 425 Tle. des Gemenges gaben 320 Tle. Stahl, wovon das Pfund auf beinahe 13 Centimes zu stehen kam.
1) Siehe den offiziellen Bericht, worin Angaben über die Fabrikation ent- halten sind, in Annales des mines, 1809, Nr. 145, p. 35.
2) Annales des mines, Nr. 151, p. 9 etc.
3) l. c., p. 1 et 2.
4) Siehe Hassenfratz, a. a. O., t. IV, p. 83.
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Düren im damaligen Departement der Roër 1). Der zweimal cemen-
tierte Stahl sollte den englischen übertreffen 2). Auch machten die
Gebrüder Poncelet einen feinen doppelt geschmolzenen Stahl und
einen schweiſsbaren Guſsstahl.
Über alle die Stahlarten, welche um den damals ausgesetzten
Preis konkurrierten, hat Gillet-Laumont einen eingehenden Bericht
erstattet 3).
1809 hatten die Gebrüder Poncelet von der Société d’encourage-
ment zu Paris eine goldene Medaille von 400 Franken Wert zur An-
erkennung und Aufmunterung erhalten. 1811 sandten sie Muster
ihres Guſsstahls an genannte Gesellschaft. Sie schmolzen Stahl mit
Fluſs in Tiegeln von 13 Zoll Höhe, 6 Zoll Weite und 25 Pfd. Ein-
satz in einem Windofen 4).
Bei kalter, trockener Luft ging die Schmelzung am besten von
statten, während es bei heiſsem, feuchtem Wetter manchmal nicht
gelang, die nötige Temperatur zu erreichen. Die Gebrüder Poncelet
bereiteten sich ihre Tiegel selbst aus einer reinen Thonerde der
Ardennen.
In jener Zeit entstanden auch die ersten Guſsstahlfabriken in
Westfalen und am Niederrhein.
Der Direktor Schmolder der Friedrich-Wilhelms-Hütte in der
Grafschaft Lingen hatte der Gesellschaft zur Aufmunterung in Paris
Scheren von Guſsstahl und dazu einen kurzen Bericht seines Ver-
fahrens eingeschickt.
Er nahm 288 Tle. altes Brucheisen, 16 Tle. Eisenfeile, 32 Tle.
altes geschmiedetes Eisen, 48 Tle. oxydiertes, gut geröstetes und ge-
pochtes Eisenerz, 32 Tle. pulverisierten Kalkstein, 2 Tle. Horn oder
zerkleinerte Tierklauen, 7 Tle. Holzkohlenpulver. Die Substanzen
wurden schichtweise in einen Schmelztiegel gethan, mit Tiegel-
scherben bedeckt und alsdann in einen mit Steinkohlen geheizten
Windofen eingesetzt. Nach 2 bis 2½ Stunden war die Schmelzung
vor sich gegangen, man warf Kohlenstübbe darauf und goſs die ge-
schmolzene Masse in Formen. Die 425 Tle. des Gemenges gaben
320 Tle. Stahl, wovon das Pfund auf beinahe 13 Centimes zu stehen
kam.
1) Siehe den offiziellen Bericht, worin Angaben über die Fabrikation ent-
halten sind, in Annales des mines, 1809, Nr. 145, p. 35.
2) Annales des mines, Nr. 151, p. 9 etc.
3) l. c., p. 1 et 2.
4) Siehe Hassenfratz, a. a. O., t. IV, p. 83.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/149>, abgerufen am 24.11.2024.
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