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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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England 1801 bis 1815.
alle Zweige der Eisenindustrie, einschliesslich des Maschinenbaues,
umfasste, an einen gewissen Ferryday über, der in seiner frühen
Jugend ein gewöhnlicher Kohlenträger gewesen war.

Joh. C. Fischer beschreibt in seinem Reisebericht ferner die
einem Herrn Gibbon gehörigen Level Ironworks als ein typisches
Muster einer Staffordshirer Hütte im Jahre 1814.

"Drei nebeneinanderstehende Hochöfen von 42 Fuss Schachttiefe,
deren jeder wöchentlich 70 bis 100 Tonnen Eisen lieferte, wurden
durch einen einzigen Windcylinder von 9 Fuss Durchmesser und
9 Fuss Kolbenzug, der von einer 50 Pferde starken Dampfmaschine
in Bewegung gesetzt wurde, betrieben. Der Wind, der erst in einen
grossen Wasserregulator geleitet wurde, reichte nicht nur für die
drei Hochöfen hin, sondern versorgte noch drei Feineisenfeuer
(refining furnaces), jeder zu drei Düsen, welche sehr stark, fast wie
bei den catalonischen Feuern, geneigt waren und über die ein dünner
Wasserstrahl in das Feuer geleitet wurde, um durch das sich bildende
Wasserstoffgas dem Eisen den Schwefel zu entziehen und es zum
Frischen geschickter zu machen. Auf das jedesmal in Mengen von
20 Ctr. zu 2 Zoll dicken Platten abgezapfte Eisen wurde ebenfalls
bis zu gänzlicher Erkaltung Wasser gelassen und es dann in Stücke
zu 30 bis 40 Pfund, die im Bruch weiss waren und das Ansehen des
Mockstahls hatten, zerschlagen. 200 Pfund dieses Eisens kamen dann
in den "Puddling Furnace", den Frischflammofen. Dieser war mit
einem 30 Fuss hohen Kamin verbunden, welcher durch einen Deckel
oben geöffnet und geschlossen werden konnte, wie es die Arbeit
erheischte. Das durch die Intensität des Feuers in kurzer Zeit in
Fluss gebrachte Eisen wurde, unter Zutritt der äusseren Luft, durch
die geöffnete Thür des Ofens umgerührt, bis es sich zerteilt hatte, dann
wieder zusammengebracht, neue Hitze gegeben, wieder gewendet, etwas
mit Wasser bespritzt, endlich im Ofen selbst während seines teigigen
Zustandes in sechs Luppen geballt. Nachdem diese der Hitze und
dem Zug der äusseren Luft noch einige Zeit ausgesetzt worden,
wurden sie, eine um die andere, herausgenommen und unter den
grossen Hammer gebracht. Dieser Hammer, mit Stiel und Hülse aus
einem Stück gegossen und etwa 12 bis 15 Ctr. schwer, hatte weder
Wiederschlag (Reitel) noch Hammerstuhl; seine zwei ellipsoidischen
Arme, die statt der Warzen angegossen waren, ruhten nur auf zwei
eisernen Böcken. Er wurde durch eine Dampfmaschine vorn an der
Stirn gehoben. Seine Form glich einem T, mit einer an dem Quer-
stück fortlaufenden Fläche, die aber niedriger oder tiefer abgesetzt

England 1801 bis 1815.
alle Zweige der Eisenindustrie, einschlieſslich des Maschinenbaues,
umfaſste, an einen gewissen Ferryday über, der in seiner frühen
Jugend ein gewöhnlicher Kohlenträger gewesen war.

Joh. C. Fischer beschreibt in seinem Reisebericht ferner die
einem Herrn Gibbon gehörigen Level Ironworks als ein typisches
Muster einer Staffordshirer Hütte im Jahre 1814.

„Drei nebeneinanderstehende Hochöfen von 42 Fuſs Schachttiefe,
deren jeder wöchentlich 70 bis 100 Tonnen Eisen lieferte, wurden
durch einen einzigen Windcylinder von 9 Fuſs Durchmesser und
9 Fuſs Kolbenzug, der von einer 50 Pferde starken Dampfmaschine
in Bewegung gesetzt wurde, betrieben. Der Wind, der erst in einen
groſsen Wasserregulator geleitet wurde, reichte nicht nur für die
drei Hochöfen hin, sondern versorgte noch drei Feineisenfeuer
(refining furnaces), jeder zu drei Düsen, welche sehr stark, fast wie
bei den catalonischen Feuern, geneigt waren und über die ein dünner
Wasserstrahl in das Feuer geleitet wurde, um durch das sich bildende
Wasserstoffgas dem Eisen den Schwefel zu entziehen und es zum
Frischen geschickter zu machen. Auf das jedesmal in Mengen von
20 Ctr. zu 2 Zoll dicken Platten abgezapfte Eisen wurde ebenfalls
bis zu gänzlicher Erkaltung Wasser gelassen und es dann in Stücke
zu 30 bis 40 Pfund, die im Bruch weiſs waren und das Ansehen des
Mockstahls hatten, zerschlagen. 200 Pfund dieses Eisens kamen dann
in den „Puddling Furnace“, den Frischflammofen. Dieser war mit
einem 30 Fuſs hohen Kamin verbunden, welcher durch einen Deckel
oben geöffnet und geschlossen werden konnte, wie es die Arbeit
erheischte. Das durch die Intensität des Feuers in kurzer Zeit in
Fluſs gebrachte Eisen wurde, unter Zutritt der äuſseren Luft, durch
die geöffnete Thür des Ofens umgerührt, bis es sich zerteilt hatte, dann
wieder zusammengebracht, neue Hitze gegeben, wieder gewendet, etwas
mit Wasser bespritzt, endlich im Ofen selbst während seines teigigen
Zustandes in sechs Luppen geballt. Nachdem diese der Hitze und
dem Zug der äuſseren Luft noch einige Zeit ausgesetzt worden,
wurden sie, eine um die andere, herausgenommen und unter den
groſsen Hammer gebracht. Dieser Hammer, mit Stiel und Hülse aus
einem Stück gegossen und etwa 12 bis 15 Ctr. schwer, hatte weder
Wiederschlag (Reitel) noch Hammerstuhl; seine zwei ellipsoidischen
Arme, die statt der Warzen angegossen waren, ruhten nur auf zwei
eisernen Böcken. Er wurde durch eine Dampfmaschine vorn an der
Stirn gehoben. Seine Form glich einem T, mit einer an dem Quer-
stück fortlaufenden Fläche, die aber niedriger oder tiefer abgesetzt

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[157/0173] England 1801 bis 1815. alle Zweige der Eisenindustrie, einschlieſslich des Maschinenbaues, umfaſste, an einen gewissen Ferryday über, der in seiner frühen Jugend ein gewöhnlicher Kohlenträger gewesen war. Joh. C. Fischer beschreibt in seinem Reisebericht ferner die einem Herrn Gibbon gehörigen Level Ironworks als ein typisches Muster einer Staffordshirer Hütte im Jahre 1814. „Drei nebeneinanderstehende Hochöfen von 42 Fuſs Schachttiefe, deren jeder wöchentlich 70 bis 100 Tonnen Eisen lieferte, wurden durch einen einzigen Windcylinder von 9 Fuſs Durchmesser und 9 Fuſs Kolbenzug, der von einer 50 Pferde starken Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wurde, betrieben. Der Wind, der erst in einen groſsen Wasserregulator geleitet wurde, reichte nicht nur für die drei Hochöfen hin, sondern versorgte noch drei Feineisenfeuer (refining furnaces), jeder zu drei Düsen, welche sehr stark, fast wie bei den catalonischen Feuern, geneigt waren und über die ein dünner Wasserstrahl in das Feuer geleitet wurde, um durch das sich bildende Wasserstoffgas dem Eisen den Schwefel zu entziehen und es zum Frischen geschickter zu machen. Auf das jedesmal in Mengen von 20 Ctr. zu 2 Zoll dicken Platten abgezapfte Eisen wurde ebenfalls bis zu gänzlicher Erkaltung Wasser gelassen und es dann in Stücke zu 30 bis 40 Pfund, die im Bruch weiſs waren und das Ansehen des Mockstahls hatten, zerschlagen. 200 Pfund dieses Eisens kamen dann in den „Puddling Furnace“, den Frischflammofen. Dieser war mit einem 30 Fuſs hohen Kamin verbunden, welcher durch einen Deckel oben geöffnet und geschlossen werden konnte, wie es die Arbeit erheischte. Das durch die Intensität des Feuers in kurzer Zeit in Fluſs gebrachte Eisen wurde, unter Zutritt der äuſseren Luft, durch die geöffnete Thür des Ofens umgerührt, bis es sich zerteilt hatte, dann wieder zusammengebracht, neue Hitze gegeben, wieder gewendet, etwas mit Wasser bespritzt, endlich im Ofen selbst während seines teigigen Zustandes in sechs Luppen geballt. Nachdem diese der Hitze und dem Zug der äuſseren Luft noch einige Zeit ausgesetzt worden, wurden sie, eine um die andere, herausgenommen und unter den groſsen Hammer gebracht. Dieser Hammer, mit Stiel und Hülse aus einem Stück gegossen und etwa 12 bis 15 Ctr. schwer, hatte weder Wiederschlag (Reitel) noch Hammerstuhl; seine zwei ellipsoidischen Arme, die statt der Warzen angegossen waren, ruhten nur auf zwei eisernen Böcken. Er wurde durch eine Dampfmaschine vorn an der Stirn gehoben. Seine Form glich einem T, mit einer an dem Quer- stück fortlaufenden Fläche, die aber niedriger oder tiefer abgesetzt

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/173>, abgerufen am 24.11.2024.