24 Stunden schmolz man 35 Chargen von 3,90 Ctr. Erz, 1,10 Ctr. Kalk und 3,60 Ctr. Koks und erhielt von der Charge 1,23 Ctr. Guss- eisen oder 43 Ctr. in 24 Stunden. Der Aufgang für 100 Tle. Guss- eisen betrug 316 Erz, 89 Kalkstein und 243 Koks.
Zu Malapane, wo mit Holzkohle geschmolzen wurde, betrug damals der Aufwand auf 100 Tle. Eisen 400 Erz, 68 Kalkzuschlag und 223 Holzkohlen. 1804 wurden hier mit Erfolg Steinkohlen im Schweiss- feuer angewendet.
1807 stellte man in Gleiwitz eine doppeltwirkende Boultonsche Gebläsemaschine mit 0,392 m Dampfcylinder auf, um die Störungen und Unregelmässigkeiten des Wasserbetriebes zu beseitigen. Dieselbe erwies sich aber als zu schwach und reichte kaum zum Betrieb der beiden Kupolöfen aus. 1809 wurde der Hochofen grösser gebaut und mit zwei Windformen versehen. Die Versuche im Jahre 1812, den Hochofen mit Backkoks statt mit Stückkoks zu betreiben, misslangen.
Die Gleiwitzer Hütte wurde für Preussen in den Jahren der Vorbereitung zum Befreiungskampf besonders wichtig, weil sie seit 1809 grosse Mengen eiserner und metallener Geschütze und Munition lieferte.
Über diese für die Geschichte Preussens so wichtige Thätigkeit der schlesischen Eisenhütten tragen wir noch das Folgende 1) nach. Der Gedanke, die schlesische Eisenindustrie für die vaterländische Be- waffnung heranzuziehen, ging wohl von Graf Reden aus, Karsten wurde vornehmlich mit der Ausführung betraut. Graf v. Götz, welcher 1808 Gouverneur von Schlesien war, gab die Veranlassung zur Grün- dung der "Armaturfabrik" zu Malapane, indem er die Forderung stellte, dass wenigstens die Reparaturen an den Gewehren im Lande selbst ausgeführt wurden. In diesem Sinne wurde zu Malapane Anfang 1809 eine Werkstätte eingerichtet. Der erste Auftrag ging nur auf die Anfertigung fehlender Bajonette und Ladestöcke zu vorhandenen Gewehren. Man begann diese Arbeit mit Hüttenschmieden, da die Anstellung gelernter Gewehrarbeiter nicht vorgesehen war. Die Arbeit war aber noch nicht ausgeführt, als auch schon die Militär- verwaltung Gewehrläufe und zwar gleich einige tausend Stück zur Komplettierung verlangte. Hierzu waren geschulte Arbeiter unent- behrlich und schickte dann auch auf Karstens Ansuchen der Staatsrat Karsten einen Rohr- und einen Bajonettschmied von Spandau. Diese richteten im März 1809 die erste Rohrschmiede und die erste Bajonett- schmiede zu Malapane ein. Die Forderungen des Gouvernements
1) Vergl. Umrisse zu C. J. B. Karstens Leben und Wirken von G. Karsten, Archiv für Mineral. u. s. w. 1855, Bd. XXVI, S. 2.
Beck, Geschichte des Eisens. 12
Preuſsen 1801 bis 1815.
24 Stunden schmolz man 35 Chargen von 3,90 Ctr. Erz, 1,10 Ctr. Kalk und 3,60 Ctr. Koks und erhielt von der Charge 1,23 Ctr. Guſs- eisen oder 43 Ctr. in 24 Stunden. Der Aufgang für 100 Tle. Guſs- eisen betrug 316 Erz, 89 Kalkstein und 243 Koks.
Zu Malapane, wo mit Holzkohle geschmolzen wurde, betrug damals der Aufwand auf 100 Tle. Eisen 400 Erz, 68 Kalkzuschlag und 223 Holzkohlen. 1804 wurden hier mit Erfolg Steinkohlen im Schweiſs- feuer angewendet.
1807 stellte man in Gleiwitz eine doppeltwirkende Boultonsche Gebläsemaschine mit 0,392 m Dampfcylinder auf, um die Störungen und Unregelmäſsigkeiten des Wasserbetriebes zu beseitigen. Dieselbe erwies sich aber als zu schwach und reichte kaum zum Betrieb der beiden Kupolöfen aus. 1809 wurde der Hochofen gröſser gebaut und mit zwei Windformen versehen. Die Versuche im Jahre 1812, den Hochofen mit Backkoks statt mit Stückkoks zu betreiben, miſslangen.
Die Gleiwitzer Hütte wurde für Preuſsen in den Jahren der Vorbereitung zum Befreiungskampf besonders wichtig, weil sie seit 1809 groſse Mengen eiserner und metallener Geschütze und Munition lieferte.
Über diese für die Geschichte Preuſsens so wichtige Thätigkeit der schlesischen Eisenhütten tragen wir noch das Folgende 1) nach. Der Gedanke, die schlesische Eisenindustrie für die vaterländische Be- waffnung heranzuziehen, ging wohl von Graf Reden aus, Karsten wurde vornehmlich mit der Ausführung betraut. Graf v. Götz, welcher 1808 Gouverneur von Schlesien war, gab die Veranlassung zur Grün- dung der „Armaturfabrik“ zu Malapane, indem er die Forderung stellte, daſs wenigstens die Reparaturen an den Gewehren im Lande selbst ausgeführt wurden. In diesem Sinne wurde zu Malapane Anfang 1809 eine Werkstätte eingerichtet. Der erste Auftrag ging nur auf die Anfertigung fehlender Bajonette und Ladestöcke zu vorhandenen Gewehren. Man begann diese Arbeit mit Hüttenschmieden, da die Anstellung gelernter Gewehrarbeiter nicht vorgesehen war. Die Arbeit war aber noch nicht ausgeführt, als auch schon die Militär- verwaltung Gewehrläufe und zwar gleich einige tausend Stück zur Komplettierung verlangte. Hierzu waren geschulte Arbeiter unent- behrlich und schickte dann auch auf Karstens Ansuchen der Staatsrat Karsten einen Rohr- und einen Bajonettschmied von Spandau. Diese richteten im März 1809 die erste Rohrschmiede und die erste Bajonett- schmiede zu Malapane ein. Die Forderungen des Gouvernements
1) Vergl. Umrisse zu C. J. B. Karstens Leben und Wirken von G. Karsten, Archiv für Mineral. u. s. w. 1855, Bd. XXVI, S. 2.
Beck, Geschichte des Eisens. 12
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0193"n="177"/><fwplace="top"type="header">Preuſsen 1801 bis 1815.</fw><lb/>
24 Stunden schmolz man 35 Chargen von 3,90 Ctr. Erz, 1,10 Ctr.<lb/>
Kalk und 3,60 Ctr. Koks und erhielt von der Charge 1,23 Ctr. Guſs-<lb/>
eisen oder 43 Ctr. in 24 Stunden. Der Aufgang für 100 Tle. Guſs-<lb/>
eisen betrug 316 Erz, 89 Kalkstein und 243 Koks.</p><lb/><p>Zu Malapane, wo mit Holzkohle geschmolzen wurde, betrug damals<lb/>
der Aufwand auf 100 Tle. Eisen 400 Erz, 68 Kalkzuschlag und 223<lb/>
Holzkohlen. 1804 wurden hier mit Erfolg Steinkohlen im Schweiſs-<lb/>
feuer angewendet.</p><lb/><p>1807 stellte man in Gleiwitz eine doppeltwirkende <hirendition="#g">Boultons</hi>che<lb/>
Gebläsemaschine mit 0,392 m Dampfcylinder auf, um die Störungen<lb/>
und Unregelmäſsigkeiten des Wasserbetriebes zu beseitigen. Dieselbe<lb/>
erwies sich aber als zu schwach und reichte kaum zum Betrieb der<lb/>
beiden Kupolöfen aus. 1809 wurde der Hochofen gröſser gebaut und<lb/>
mit zwei Windformen versehen. Die Versuche im Jahre 1812, den<lb/>
Hochofen mit Backkoks statt mit Stückkoks zu betreiben, miſslangen.</p><lb/><p>Die Gleiwitzer Hütte wurde für Preuſsen in den Jahren der<lb/>
Vorbereitung zum Befreiungskampf besonders wichtig, weil sie seit 1809<lb/>
groſse Mengen eiserner und metallener Geschütze und Munition lieferte.</p><lb/><p>Über diese für die Geschichte Preuſsens so wichtige Thätigkeit<lb/>
der schlesischen Eisenhütten tragen wir noch das Folgende <noteplace="foot"n="1)">Vergl. Umrisse zu C. J. B. <hirendition="#g">Karstens</hi> Leben und Wirken von G. <hirendition="#g">Karsten</hi>,<lb/>
Archiv für Mineral. u. s. w. 1855, Bd. XXVI, S. 2.</note> nach.<lb/>
Der Gedanke, die schlesische Eisenindustrie für die vaterländische Be-<lb/>
waffnung heranzuziehen, ging wohl von Graf <hirendition="#g">Reden</hi> aus, <hirendition="#g">Karsten</hi><lb/>
wurde vornehmlich mit der Ausführung betraut. Graf v. <hirendition="#g">Götz</hi>, welcher<lb/>
1808 Gouverneur von Schlesien war, gab die Veranlassung zur Grün-<lb/>
dung der „Armaturfabrik“ zu Malapane, indem er die Forderung<lb/>
stellte, daſs wenigstens die Reparaturen an den Gewehren im Lande<lb/>
selbst ausgeführt wurden. In diesem Sinne wurde zu Malapane Anfang<lb/>
1809 eine Werkstätte eingerichtet. Der erste Auftrag ging nur auf<lb/>
die Anfertigung fehlender Bajonette und Ladestöcke zu vorhandenen<lb/>
Gewehren. Man begann diese Arbeit mit Hüttenschmieden, da die<lb/>
Anstellung gelernter Gewehrarbeiter nicht vorgesehen war. Die<lb/>
Arbeit war aber noch nicht ausgeführt, als auch schon die Militär-<lb/>
verwaltung Gewehrläufe und zwar gleich einige tausend Stück zur<lb/>
Komplettierung verlangte. Hierzu waren geschulte Arbeiter unent-<lb/>
behrlich und schickte dann auch auf <hirendition="#g">Karstens</hi> Ansuchen der Staatsrat<lb/><hirendition="#g">Karsten</hi> einen Rohr- und einen Bajonettschmied von Spandau. Diese<lb/>
richteten im März 1809 die erste Rohrschmiede und die erste Bajonett-<lb/>
schmiede zu Malapane ein. Die Forderungen des Gouvernements<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Beck</hi>, Geschichte des Eisens. 12</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[177/0193]
Preuſsen 1801 bis 1815.
24 Stunden schmolz man 35 Chargen von 3,90 Ctr. Erz, 1,10 Ctr.
Kalk und 3,60 Ctr. Koks und erhielt von der Charge 1,23 Ctr. Guſs-
eisen oder 43 Ctr. in 24 Stunden. Der Aufgang für 100 Tle. Guſs-
eisen betrug 316 Erz, 89 Kalkstein und 243 Koks.
Zu Malapane, wo mit Holzkohle geschmolzen wurde, betrug damals
der Aufwand auf 100 Tle. Eisen 400 Erz, 68 Kalkzuschlag und 223
Holzkohlen. 1804 wurden hier mit Erfolg Steinkohlen im Schweiſs-
feuer angewendet.
1807 stellte man in Gleiwitz eine doppeltwirkende Boultonsche
Gebläsemaschine mit 0,392 m Dampfcylinder auf, um die Störungen
und Unregelmäſsigkeiten des Wasserbetriebes zu beseitigen. Dieselbe
erwies sich aber als zu schwach und reichte kaum zum Betrieb der
beiden Kupolöfen aus. 1809 wurde der Hochofen gröſser gebaut und
mit zwei Windformen versehen. Die Versuche im Jahre 1812, den
Hochofen mit Backkoks statt mit Stückkoks zu betreiben, miſslangen.
Die Gleiwitzer Hütte wurde für Preuſsen in den Jahren der
Vorbereitung zum Befreiungskampf besonders wichtig, weil sie seit 1809
groſse Mengen eiserner und metallener Geschütze und Munition lieferte.
Über diese für die Geschichte Preuſsens so wichtige Thätigkeit
der schlesischen Eisenhütten tragen wir noch das Folgende 1) nach.
Der Gedanke, die schlesische Eisenindustrie für die vaterländische Be-
waffnung heranzuziehen, ging wohl von Graf Reden aus, Karsten
wurde vornehmlich mit der Ausführung betraut. Graf v. Götz, welcher
1808 Gouverneur von Schlesien war, gab die Veranlassung zur Grün-
dung der „Armaturfabrik“ zu Malapane, indem er die Forderung
stellte, daſs wenigstens die Reparaturen an den Gewehren im Lande
selbst ausgeführt wurden. In diesem Sinne wurde zu Malapane Anfang
1809 eine Werkstätte eingerichtet. Der erste Auftrag ging nur auf
die Anfertigung fehlender Bajonette und Ladestöcke zu vorhandenen
Gewehren. Man begann diese Arbeit mit Hüttenschmieden, da die
Anstellung gelernter Gewehrarbeiter nicht vorgesehen war. Die
Arbeit war aber noch nicht ausgeführt, als auch schon die Militär-
verwaltung Gewehrläufe und zwar gleich einige tausend Stück zur
Komplettierung verlangte. Hierzu waren geschulte Arbeiter unent-
behrlich und schickte dann auch auf Karstens Ansuchen der Staatsrat
Karsten einen Rohr- und einen Bajonettschmied von Spandau. Diese
richteten im März 1809 die erste Rohrschmiede und die erste Bajonett-
schmiede zu Malapane ein. Die Forderungen des Gouvernements
1) Vergl. Umrisse zu C. J. B. Karstens Leben und Wirken von G. Karsten,
Archiv für Mineral. u. s. w. 1855, Bd. XXVI, S. 2.
Beck, Geschichte des Eisens. 12
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/193>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.