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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Preussen 1801 bis 1815.
wert der Privathütten 868141 Thlr. 12 Gr. Die gesamte Eisenproduktion
Oberschlesiens belief sich im Jahre 1816 auf 1162620 Thlr. an Wert
und beschäftigte 1815 Hüttenarbeiter.

Die preussische Regierung war in den schweren Zeiten der Fremd-
herrschaft von 1806 bis 1813 mit redlichem Eifer bemüht, die Industrie
in ihrem verkleinerten Gebiete in jeder Weise auch durch eine ver-
nünftige Handelspolitik zu befördern. Die im Dezember 1808 erlassene
"Geschäftsinstruktion" sprach bereits freiheitliche Grundsätze, wie
Unbeschränktheit der Erzeugung und Veredlung der Produkte, Er-
leichterung des Verkehrs und Freiheit des Handels nach innen und
aussen aus. Am 2. November 1810 wurde die Gewerbefreiheit ein-
geführt.

Die Gründung der königlichen Eisengiesserei in Berlin im
Jahre 1803 war auch ein Werk des Grafen v. Reden. Bereits im
Jahre 1789 war die Gründung einer Eisengiesserei in Berlin von dem
Minister v. Heinitz und der Bergwerks- und Hüttenadministration ins
Auge gefasst worden und war deshalb der Faktor Brauns von Zehdenik
nebst einem tüchtigen Former dem Grafen Reden auf seiner Reise
nach England beigegeben worden. Vielerlei Hindernisse hemmten
aber die Ausführung, die erst 1803 durch Ankauf der alten Schleif-
mühle an der Panke, in welcher der Besitzer Voigt schon früher
eine kleine Privatgiesserei betrieben hatte, zu stande kam. 1804
wurden die ersten wohlgelungenen Versuche gemacht, aus Steinkohlen-
roheisen in Tiegeln mit Koksfeuer Gusswaren zu giessen. 1805 wurde
nach den Bauanschlägen des Bauinspektors Wedding zu Königshütte
die Kupolofen- und Tiegelgiesserei erbaut 1). Durch vorzügliche
Leistungen, sowie durch mustergültige Einrichtungen erwarb sich bald
die königliche Eisengiesserei einen europäischen Ruf.

Die westlichen Provinzen Preussens waren durch die Niederlage
von 1806 verloren gegangen. Obgleich diese Landesteile, wie über-
haupt das ganze westliche Deutschland schwer unter den politischen
Verhältnissen zu leiden hatte, so war doch die Eisenindustrie für die
kriegerischen Bedürfnisse zu wichtig, um nicht auch von dem Sieger
geschont und gepflegt zu werden und wichtige Keime für die Zukunft
wurden in jener Zeit gepflanzt. Am besten ging es verhältnismässig
den linksrheinischen Gebieten, welche schon von Anfang des Jahr-
hunderts an mit Frankreich verbunden waren.


1) Das Weitere ist nachzulesen in Cramers Geschichte der königlichen
Eisengiesserei in Berlin, Zeitschr. für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen des
preuss. Staates 1875, S. 164.

Preuſsen 1801 bis 1815.
wert der Privathütten 868141 Thlr. 12 Gr. Die gesamte Eisenproduktion
Oberschlesiens belief sich im Jahre 1816 auf 1162620 Thlr. an Wert
und beschäftigte 1815 Hüttenarbeiter.

Die preuſsische Regierung war in den schweren Zeiten der Fremd-
herrschaft von 1806 bis 1813 mit redlichem Eifer bemüht, die Industrie
in ihrem verkleinerten Gebiete in jeder Weise auch durch eine ver-
nünftige Handelspolitik zu befördern. Die im Dezember 1808 erlassene
„Geschäftsinstruktion“ sprach bereits freiheitliche Grundsätze, wie
Unbeschränktheit der Erzeugung und Veredlung der Produkte, Er-
leichterung des Verkehrs und Freiheit des Handels nach innen und
auſsen aus. Am 2. November 1810 wurde die Gewerbefreiheit ein-
geführt.

Die Gründung der königlichen Eisengieſserei in Berlin im
Jahre 1803 war auch ein Werk des Grafen v. Reden. Bereits im
Jahre 1789 war die Gründung einer Eisengieſserei in Berlin von dem
Minister v. Heinitz und der Bergwerks- und Hüttenadministration ins
Auge gefaſst worden und war deshalb der Faktor Brauns von Zehdenik
nebst einem tüchtigen Former dem Grafen Reden auf seiner Reise
nach England beigegeben worden. Vielerlei Hindernisse hemmten
aber die Ausführung, die erst 1803 durch Ankauf der alten Schleif-
mühle an der Panke, in welcher der Besitzer Voigt schon früher
eine kleine Privatgieſserei betrieben hatte, zu stande kam. 1804
wurden die ersten wohlgelungenen Versuche gemacht, aus Steinkohlen-
roheisen in Tiegeln mit Koksfeuer Guſswaren zu gieſsen. 1805 wurde
nach den Bauanschlägen des Bauinspektors Wedding zu Königshütte
die Kupolofen- und Tiegelgieſserei erbaut 1). Durch vorzügliche
Leistungen, sowie durch mustergültige Einrichtungen erwarb sich bald
die königliche Eisengieſserei einen europäischen Ruf.

Die westlichen Provinzen Preuſsens waren durch die Niederlage
von 1806 verloren gegangen. Obgleich diese Landesteile, wie über-
haupt das ganze westliche Deutschland schwer unter den politischen
Verhältnissen zu leiden hatte, so war doch die Eisenindustrie für die
kriegerischen Bedürfnisse zu wichtig, um nicht auch von dem Sieger
geschont und gepflegt zu werden und wichtige Keime für die Zukunft
wurden in jener Zeit gepflanzt. Am besten ging es verhältnismäſsig
den linksrheinischen Gebieten, welche schon von Anfang des Jahr-
hunderts an mit Frankreich verbunden waren.


1) Das Weitere ist nachzulesen in Cramers Geschichte der königlichen
Eisengieſserei in Berlin, Zeitschr. für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen des
preuſs. Staates 1875, S. 164.
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[182/0198] Preuſsen 1801 bis 1815. wert der Privathütten 868141 Thlr. 12 Gr. Die gesamte Eisenproduktion Oberschlesiens belief sich im Jahre 1816 auf 1162620 Thlr. an Wert und beschäftigte 1815 Hüttenarbeiter. Die preuſsische Regierung war in den schweren Zeiten der Fremd- herrschaft von 1806 bis 1813 mit redlichem Eifer bemüht, die Industrie in ihrem verkleinerten Gebiete in jeder Weise auch durch eine ver- nünftige Handelspolitik zu befördern. Die im Dezember 1808 erlassene „Geschäftsinstruktion“ sprach bereits freiheitliche Grundsätze, wie Unbeschränktheit der Erzeugung und Veredlung der Produkte, Er- leichterung des Verkehrs und Freiheit des Handels nach innen und auſsen aus. Am 2. November 1810 wurde die Gewerbefreiheit ein- geführt. Die Gründung der königlichen Eisengieſserei in Berlin im Jahre 1803 war auch ein Werk des Grafen v. Reden. Bereits im Jahre 1789 war die Gründung einer Eisengieſserei in Berlin von dem Minister v. Heinitz und der Bergwerks- und Hüttenadministration ins Auge gefaſst worden und war deshalb der Faktor Brauns von Zehdenik nebst einem tüchtigen Former dem Grafen Reden auf seiner Reise nach England beigegeben worden. Vielerlei Hindernisse hemmten aber die Ausführung, die erst 1803 durch Ankauf der alten Schleif- mühle an der Panke, in welcher der Besitzer Voigt schon früher eine kleine Privatgieſserei betrieben hatte, zu stande kam. 1804 wurden die ersten wohlgelungenen Versuche gemacht, aus Steinkohlen- roheisen in Tiegeln mit Koksfeuer Guſswaren zu gieſsen. 1805 wurde nach den Bauanschlägen des Bauinspektors Wedding zu Königshütte die Kupolofen- und Tiegelgieſserei erbaut 1). Durch vorzügliche Leistungen, sowie durch mustergültige Einrichtungen erwarb sich bald die königliche Eisengieſserei einen europäischen Ruf. Die westlichen Provinzen Preuſsens waren durch die Niederlage von 1806 verloren gegangen. Obgleich diese Landesteile, wie über- haupt das ganze westliche Deutschland schwer unter den politischen Verhältnissen zu leiden hatte, so war doch die Eisenindustrie für die kriegerischen Bedürfnisse zu wichtig, um nicht auch von dem Sieger geschont und gepflegt zu werden und wichtige Keime für die Zukunft wurden in jener Zeit gepflanzt. Am besten ging es verhältnismäſsig den linksrheinischen Gebieten, welche schon von Anfang des Jahr- hunderts an mit Frankreich verbunden waren. 1) Das Weitere ist nachzulesen in Cramers Geschichte der königlichen Eisengieſserei in Berlin, Zeitschr. für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen des preuſs. Staates 1875, S. 164.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/198>, abgerufen am 17.05.2024.