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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Chemie des Eisens 1816 bis 1830.
Karsten in Deutschland, welche hierin Hervorragendes leisteten.
Hierdurch wurde immer grössere Klarheit über die Konstitution der
Erze verbreitet. Die Entdeckung des Isomorphismus durch Mitscher-
lich
trug hierzu ebenfalls bei.

Einige Unklarheit herrschte noch über die Oxydationsstufen
des Eisens
, indem viele Chemiker den Magneteisenstein für eine
besondere Oxydationsstufe, Fe3O4, erklärten; Berthier behauptete
auch, der Glühspan sei eine eigentümliche Sauerstoffverbindung von
der Zusammensetzung Fe3O7. Eine genauere Untersuchung von
Mosander ergab indes, dass die verschiedenen Lagen des Glühspans
nicht gleich zusammengesetzt sind, indem die auf dem metallischen
Eisen aufliegende weniger Sauerstoff enthält, während die oberen
Lagen reicher an Sauerstoff sind. Nachdem man erkannt hatte, dass
die Thonerde und die der Thonerde analog zusammengesetzten Basen
den Oxydulen gegenüber öfter die Rolle einer Säure spielten, schien
es auch richtiger, den Magneteisenstein nicht für eine besondere
Oxydationsstufe, sondern für eine Verbindung von Eisenoxydul mit
Eisenoxyd zu erklären. Das Eisenoxydul stellte Stromeyer durch
Reduktion von Eisenoxyd in Wasserstoffgas in Rotglühhitze rein dar.

Die Konstitution der Eisensorten suchte Karsten immer
gründlicher zu erforschen. Er hatte richtig erkannt, dass nicht die
Menge des Kohlenstoffes, sondern die Art der Verbindung desselben
mit dem Eisen den Unterschied zwischen weissem und grauem Roh-
eisen bedinge. Nur das graue Roheisen enthielt den Kohlenstoff in
der Form von Graphit, reines weisses Roheisen niemals. Löste man
Roheisen in Säuren auf, so blieb Graphit, wenn solcher vorhanden war,
im Rückstande zurück, ein anderer Teil des Kohlenstoffes schied sich
in einem zersetzten, moderartigen Zustande aus. Durch Glühen von
weissem, hartem, strahligem Roheisen erhielt man ein graues, weiches,
körniges Eisen, welches dem grauen Roheisen in der Bruchfläche
überraschend ähnlich sah. In Säure gelöst blieb aber keine Spur
von Graphit in dem Rückstande zurück, sondern nur die erwähnte
zersetzte Kohle. Um diese Erscheinung zu erklären, welche sich
ähnlich bei dem gefärbten und ungefärbten Stahl zeigt, glaubt
Karsten noch einen dritten Verbindungszustand des Kohlenstoffes mit
dem Eisen annehmen zu müssen. Nach Karsten giebt es einen
höchsten Sättigungspunkt des Eisens mit Kohlenstoff, welcher etwa
bei 5,25 Proz. liegt. Diese Verbindung entspräche zwei Mischungs-
gewichten Eisen mit einem Mischungsgewicht Kohle. Sie wurde an-
geblich bei dem vollkommensten Spiegeleisen angetroffen.


Die Chemie des Eisens 1816 bis 1830.
Karsten in Deutschland, welche hierin Hervorragendes leisteten.
Hierdurch wurde immer gröſsere Klarheit über die Konstitution der
Erze verbreitet. Die Entdeckung des Isomorphismus durch Mitscher-
lich
trug hierzu ebenfalls bei.

Einige Unklarheit herrschte noch über die Oxydationsstufen
des Eisens
, indem viele Chemiker den Magneteisenstein für eine
besondere Oxydationsstufe, Fe3O4, erklärten; Berthier behauptete
auch, der Glühspan sei eine eigentümliche Sauerstoffverbindung von
der Zusammensetzung Fe3O7. Eine genauere Untersuchung von
Mosander ergab indes, daſs die verschiedenen Lagen des Glühspans
nicht gleich zusammengesetzt sind, indem die auf dem metallischen
Eisen aufliegende weniger Sauerstoff enthält, während die oberen
Lagen reicher an Sauerstoff sind. Nachdem man erkannt hatte, daſs
die Thonerde und die der Thonerde analog zusammengesetzten Basen
den Oxydulen gegenüber öfter die Rolle einer Säure spielten, schien
es auch richtiger, den Magneteisenstein nicht für eine besondere
Oxydationsstufe, sondern für eine Verbindung von Eisenoxydul mit
Eisenoxyd zu erklären. Das Eisenoxydul stellte Stromeyer durch
Reduktion von Eisenoxyd in Wasserstoffgas in Rotglühhitze rein dar.

Die Konstitution der Eisensorten suchte Karsten immer
gründlicher zu erforschen. Er hatte richtig erkannt, daſs nicht die
Menge des Kohlenstoffes, sondern die Art der Verbindung desselben
mit dem Eisen den Unterschied zwischen weiſsem und grauem Roh-
eisen bedinge. Nur das graue Roheisen enthielt den Kohlenstoff in
der Form von Graphit, reines weiſses Roheisen niemals. Löste man
Roheisen in Säuren auf, so blieb Graphit, wenn solcher vorhanden war,
im Rückstande zurück, ein anderer Teil des Kohlenstoffes schied sich
in einem zersetzten, moderartigen Zustande aus. Durch Glühen von
weiſsem, hartem, strahligem Roheisen erhielt man ein graues, weiches,
körniges Eisen, welches dem grauen Roheisen in der Bruchfläche
überraschend ähnlich sah. In Säure gelöst blieb aber keine Spur
von Graphit in dem Rückstande zurück, sondern nur die erwähnte
zersetzte Kohle. Um diese Erscheinung zu erklären, welche sich
ähnlich bei dem gefärbten und ungefärbten Stahl zeigt, glaubt
Karsten noch einen dritten Verbindungszustand des Kohlenstoffes mit
dem Eisen annehmen zu müssen. Nach Karsten giebt es einen
höchsten Sättigungspunkt des Eisens mit Kohlenstoff, welcher etwa
bei 5,25 Proz. liegt. Diese Verbindung entspräche zwei Mischungs-
gewichten Eisen mit einem Mischungsgewicht Kohle. Sie wurde an-
geblich bei dem vollkommensten Spiegeleisen angetroffen.


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[218/0234] Die Chemie des Eisens 1816 bis 1830. Karsten in Deutschland, welche hierin Hervorragendes leisteten. Hierdurch wurde immer gröſsere Klarheit über die Konstitution der Erze verbreitet. Die Entdeckung des Isomorphismus durch Mitscher- lich trug hierzu ebenfalls bei. Einige Unklarheit herrschte noch über die Oxydationsstufen des Eisens, indem viele Chemiker den Magneteisenstein für eine besondere Oxydationsstufe, Fe3O4, erklärten; Berthier behauptete auch, der Glühspan sei eine eigentümliche Sauerstoffverbindung von der Zusammensetzung Fe3O7. Eine genauere Untersuchung von Mosander ergab indes, daſs die verschiedenen Lagen des Glühspans nicht gleich zusammengesetzt sind, indem die auf dem metallischen Eisen aufliegende weniger Sauerstoff enthält, während die oberen Lagen reicher an Sauerstoff sind. Nachdem man erkannt hatte, daſs die Thonerde und die der Thonerde analog zusammengesetzten Basen den Oxydulen gegenüber öfter die Rolle einer Säure spielten, schien es auch richtiger, den Magneteisenstein nicht für eine besondere Oxydationsstufe, sondern für eine Verbindung von Eisenoxydul mit Eisenoxyd zu erklären. Das Eisenoxydul stellte Stromeyer durch Reduktion von Eisenoxyd in Wasserstoffgas in Rotglühhitze rein dar. Die Konstitution der Eisensorten suchte Karsten immer gründlicher zu erforschen. Er hatte richtig erkannt, daſs nicht die Menge des Kohlenstoffes, sondern die Art der Verbindung desselben mit dem Eisen den Unterschied zwischen weiſsem und grauem Roh- eisen bedinge. Nur das graue Roheisen enthielt den Kohlenstoff in der Form von Graphit, reines weiſses Roheisen niemals. Löste man Roheisen in Säuren auf, so blieb Graphit, wenn solcher vorhanden war, im Rückstande zurück, ein anderer Teil des Kohlenstoffes schied sich in einem zersetzten, moderartigen Zustande aus. Durch Glühen von weiſsem, hartem, strahligem Roheisen erhielt man ein graues, weiches, körniges Eisen, welches dem grauen Roheisen in der Bruchfläche überraschend ähnlich sah. In Säure gelöst blieb aber keine Spur von Graphit in dem Rückstande zurück, sondern nur die erwähnte zersetzte Kohle. Um diese Erscheinung zu erklären, welche sich ähnlich bei dem gefärbten und ungefärbten Stahl zeigt, glaubt Karsten noch einen dritten Verbindungszustand des Kohlenstoffes mit dem Eisen annehmen zu müssen. Nach Karsten giebt es einen höchsten Sättigungspunkt des Eisens mit Kohlenstoff, welcher etwa bei 5,25 Proz. liegt. Diese Verbindung entspräche zwei Mischungs- gewichten Eisen mit einem Mischungsgewicht Kohle. Sie wurde an- geblich bei dem vollkommensten Spiegeleisen angetroffen.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/234>, abgerufen am 24.11.2024.