schichte der Ingenieurwissenschaft. Wir können nur kurz einige That- sachen erwähnen. Die grösste Schwierigkeit, die von den Gegnern bei den Verhandlungen im Parlament stets als unüberwindlich bezeichnet worden war, bestand in der Überschreitung eines grossen, zum Teil sumpfigen Torfmoors, Chat Moss genannt. Stephensons Geduld und Energie überwand dieselbe glänzend. Die zweite Riesenarbeit war ein langer Tunnel unter der Stadt Liverpool in Länge von 2200 Ellen (Yards), wobei alle Arten von Schwierigkeiten, welche sich dem Tunnel- bau entgegenstellten, zu überwinden waren. Alle diese schwierigen Ar- beiten waren neu und kamen zum erstenmal zur Ausführung. Ferner waren tiefe Einschnitte zu machen, wie der am Olivenberg, der 2 engl. Meilen lang und an mehreren Stellen 80 Fuss tief war. Es mussten nicht weniger als 63 Brücken von verschiedener Grösse gebaut werden. Die meisten wurden von Eisen, das sich am besten den verschiedenen Massen der Durchlässe anpassen liess, hergestellt. Das grossartigste Steinbauwerk war der Sankey-Viadukt, welcher aus neun Bogen von 50 Fuss Spannweite hergestellt wurde. Alle diese Arbeiten ersann und entwarf George Stephenson und leitete deren Ausführung. Die Schienenlieferung übertrug er in Abteilungen folgenden Werken: Bradley-Eisenwerk, Forster & Co. bei Stourbridge in Staffordshire, Pen-y-darran in Süd-Wales und Bedlington-Works bei Morpeth in Dur- ham. Gleichzeitig kämpfte Stephenson unablässig für den Loko- motivbetrieb, von dem die meisten Direktoren und Teilhaber nichts wissen wollten. Manche waren für Pferde, viele für stationäre Dampf- maschinen, die wenigsten für Lokomotiven.
Das Vorurteil gegen letztere hatte durch die Verhandlungen im Parlament eher noch zugenommen. Aber Stephenson bestand so entschieden darauf, dass wenigstens ein Versuch mit der Lokomotive gemacht werden möge, dass er endlich den Auftrag erhielt, eine zu bauen für die eigenen Zwecke der Gesellschaft und unter der Be- dingung, dass sie keinerlei Belästigungen für das Publikum herbei- führen dürfe. Die Maschine wurde fertiggestellt und bewährte sich trefflich für den Materialientransport auf der Strecke während des Baues. Die Frage wegen des Betriebes blieb aber noch ganz unent- schieden. Die Direktoren wurden mit Projekten überlaufen. Unter anderem schlug Thomas Gray eine geölte Zahnradbahn vor, Vig- nolles und Ericson empfahlen eine erhöhte Friktionsschiene, gegen welche horizontale Rollen laufen sollten u. s. w. Stephenson blieb nach wie vor bei glatten Schienen und Lokomotiven. Sachverständige Gutachten wurden eingezogen, welche sich für stationäre Maschinen
Die Eisenbahnen bis 1830.
schichte der Ingenieurwissenschaft. Wir können nur kurz einige That- sachen erwähnen. Die gröſste Schwierigkeit, die von den Gegnern bei den Verhandlungen im Parlament stets als unüberwindlich bezeichnet worden war, bestand in der Überschreitung eines groſsen, zum Teil sumpfigen Torfmoors, Chat Moss genannt. Stephensons Geduld und Energie überwand dieselbe glänzend. Die zweite Riesenarbeit war ein langer Tunnel unter der Stadt Liverpool in Länge von 2200 Ellen (Yards), wobei alle Arten von Schwierigkeiten, welche sich dem Tunnel- bau entgegenstellten, zu überwinden waren. Alle diese schwierigen Ar- beiten waren neu und kamen zum erstenmal zur Ausführung. Ferner waren tiefe Einschnitte zu machen, wie der am Olivenberg, der 2 engl. Meilen lang und an mehreren Stellen 80 Fuſs tief war. Es muſsten nicht weniger als 63 Brücken von verschiedener Gröſse gebaut werden. Die meisten wurden von Eisen, das sich am besten den verschiedenen Maſsen der Durchlässe anpassen lieſs, hergestellt. Das groſsartigste Steinbauwerk war der Sankey-Viadukt, welcher aus neun Bogen von 50 Fuſs Spannweite hergestellt wurde. Alle diese Arbeiten ersann und entwarf George Stephenson und leitete deren Ausführung. Die Schienenlieferung übertrug er in Abteilungen folgenden Werken: Bradley-Eisenwerk, Forster & Co. bei Stourbridge in Staffordshire, Pen-y-darran in Süd-Wales und Bedlington-Works bei Morpeth in Dur- ham. Gleichzeitig kämpfte Stephenson unablässig für den Loko- motivbetrieb, von dem die meisten Direktoren und Teilhaber nichts wissen wollten. Manche waren für Pferde, viele für stationäre Dampf- maschinen, die wenigsten für Lokomotiven.
Das Vorurteil gegen letztere hatte durch die Verhandlungen im Parlament eher noch zugenommen. Aber Stephenson bestand so entschieden darauf, daſs wenigstens ein Versuch mit der Lokomotive gemacht werden möge, daſs er endlich den Auftrag erhielt, eine zu bauen für die eigenen Zwecke der Gesellschaft und unter der Be- dingung, daſs sie keinerlei Belästigungen für das Publikum herbei- führen dürfe. Die Maschine wurde fertiggestellt und bewährte sich trefflich für den Materialientransport auf der Strecke während des Baues. Die Frage wegen des Betriebes blieb aber noch ganz unent- schieden. Die Direktoren wurden mit Projekten überlaufen. Unter anderem schlug Thomas Gray eine geölte Zahnradbahn vor, Vig- nolles und Ericson empfahlen eine erhöhte Friktionsschiene, gegen welche horizontale Rollen laufen sollten u. s. w. Stephenson blieb nach wie vor bei glatten Schienen und Lokomotiven. Sachverständige Gutachten wurden eingezogen, welche sich für stationäre Maschinen
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[303/0319]
Die Eisenbahnen bis 1830.
schichte der Ingenieurwissenschaft. Wir können nur kurz einige That-
sachen erwähnen. Die gröſste Schwierigkeit, die von den Gegnern bei
den Verhandlungen im Parlament stets als unüberwindlich bezeichnet
worden war, bestand in der Überschreitung eines groſsen, zum Teil
sumpfigen Torfmoors, Chat Moss genannt. Stephensons Geduld und
Energie überwand dieselbe glänzend. Die zweite Riesenarbeit war
ein langer Tunnel unter der Stadt Liverpool in Länge von 2200 Ellen
(Yards), wobei alle Arten von Schwierigkeiten, welche sich dem Tunnel-
bau entgegenstellten, zu überwinden waren. Alle diese schwierigen Ar-
beiten waren neu und kamen zum erstenmal zur Ausführung. Ferner
waren tiefe Einschnitte zu machen, wie der am Olivenberg, der 2 engl.
Meilen lang und an mehreren Stellen 80 Fuſs tief war. Es muſsten
nicht weniger als 63 Brücken von verschiedener Gröſse gebaut werden.
Die meisten wurden von Eisen, das sich am besten den verschiedenen
Maſsen der Durchlässe anpassen lieſs, hergestellt. Das groſsartigste
Steinbauwerk war der Sankey-Viadukt, welcher aus neun Bogen von
50 Fuſs Spannweite hergestellt wurde. Alle diese Arbeiten ersann
und entwarf George Stephenson und leitete deren Ausführung.
Die Schienenlieferung übertrug er in Abteilungen folgenden Werken:
Bradley-Eisenwerk, Forster & Co. bei Stourbridge in Staffordshire,
Pen-y-darran in Süd-Wales und Bedlington-Works bei Morpeth in Dur-
ham. Gleichzeitig kämpfte Stephenson unablässig für den Loko-
motivbetrieb, von dem die meisten Direktoren und Teilhaber nichts
wissen wollten. Manche waren für Pferde, viele für stationäre Dampf-
maschinen, die wenigsten für Lokomotiven.
Das Vorurteil gegen letztere hatte durch die Verhandlungen im
Parlament eher noch zugenommen. Aber Stephenson bestand so
entschieden darauf, daſs wenigstens ein Versuch mit der Lokomotive
gemacht werden möge, daſs er endlich den Auftrag erhielt, eine zu
bauen für die eigenen Zwecke der Gesellschaft und unter der Be-
dingung, daſs sie keinerlei Belästigungen für das Publikum herbei-
führen dürfe. Die Maschine wurde fertiggestellt und bewährte sich
trefflich für den Materialientransport auf der Strecke während des
Baues. Die Frage wegen des Betriebes blieb aber noch ganz unent-
schieden. Die Direktoren wurden mit Projekten überlaufen. Unter
anderem schlug Thomas Gray eine geölte Zahnradbahn vor, Vig-
nolles und Ericson empfahlen eine erhöhte Friktionsschiene, gegen
welche horizontale Rollen laufen sollten u. s. w. Stephenson blieb
nach wie vor bei glatten Schienen und Lokomotiven. Sachverständige
Gutachten wurden eingezogen, welche sich für stationäre Maschinen
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/319>, abgerufen am 24.11.2024.
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