das Werk in Gang kommt, das Kapital braucht nicht fruchtlos zu feiern: wenige Monate genügen, man weiss im Voraus, wie hoch sich die Anlagekosten belaufen werden. Die Leistung der Maschinen wird für einen gewissen Zeitraum garantiert; der Kraftaufwand wird genau berechnet, die Produktion gewissenhaft abgeschätzt, selbst die Un- kenntnis des Unternehmers ist kein Hindernis mehr, denn die Auf- stellung, Inbetriebsetzung und Wartung der Maschinen übernehmen nach Vereinbarung auf kürzere oder längere Zeit der englische Ma- schinenbauer oder seine angestellten Arbeiter." Diese Erleichterungen und die rasche Ausführung erklären den ausserordentlichen Einfluss der Fabrik von Charenton auf die Entschliessung der französischen Industriellen, welche bereit waren, den Betrieb nach englischer Weise einzuführen.
Unter Manby und Wilsons Leitung entstanden die Eisenwerke des Herzogs von Ragusa zu Chatillon, die zu Ablainville an der Maas, zu Roine, zu Imphy (Nievre), zu Audaincourt (Doubs), Debu- yere a la Chaudeau (Haut-Saone). In der Fabrik zu Charenton wurden bereits zahlreiche Dampfschiffe gebaut. Die Eisengiesserei hatte für ihre Gebläse eine Dampfmaschine von 20 Pferdekräften und lieferte wöchentlich 80000 kg Gusswaren; das Walzwerk 70000 kg Stabeisen und 10000 kg Blech.
Übrigens hatte auch die Industrieausstellung, die 1819 im Louvre zu Paris abgehalten wurde, bereits Zeugnis von der fortschreitenden Entwickelung der französischen Industrie abgelegt. Dies geht besonders aus dem interessanten Ausstellungsberichte von Heron de Ville- fosse1) hervor, in welchem ein Vergleich mit der Ausstellung vom Jahre 1806 gezogen wird.
Der Steinkohlenbetrieb hatte damals allerdings noch sehr geringe Ausdehnung erlangt. Creusot war das einzige Werk, welches Koks- roheisen ausstellen konnte. Das von Vienne ausgestellte Roheisen war mit 4/5 Holzkohlen und 1/5 Koks erblasen. Die oberste Bergbehörde in Frankreich vertrat damals bereits die Anschauung, dass für Frank- reich Hochofenbetrieb mit Holzkohlen in Verbindung mit dem eng- lischen Flammofenfrischbetriebe mit Steinkohlen die vorteilhafteste Kombination sei, indem auf diese Weise Holz und Kohlen am besten ausgenutzt und eine bessere Qualität Eisen erzeugt werden würde. An mehreren Orten wurden aber bereits Versuche gemacht, die Erze im Hochofen mit Koks zu schmelzen. Ein wichtiger Versuch derart war
1) Siehe Annales des mines 1820, V, p. 17.
Frankreich 1816 bis 1830.
das Werk in Gang kommt, das Kapital braucht nicht fruchtlos zu feiern: wenige Monate genügen, man weiſs im Voraus, wie hoch sich die Anlagekosten belaufen werden. Die Leistung der Maschinen wird für einen gewissen Zeitraum garantiert; der Kraftaufwand wird genau berechnet, die Produktion gewissenhaft abgeschätzt, selbst die Un- kenntnis des Unternehmers ist kein Hindernis mehr, denn die Auf- stellung, Inbetriebsetzung und Wartung der Maschinen übernehmen nach Vereinbarung auf kürzere oder längere Zeit der englische Ma- schinenbauer oder seine angestellten Arbeiter.“ Diese Erleichterungen und die rasche Ausführung erklären den auſserordentlichen Einfluſs der Fabrik von Charenton auf die Entschlieſsung der französischen Industriellen, welche bereit waren, den Betrieb nach englischer Weise einzuführen.
Unter Manby und Wilsons Leitung entstanden die Eisenwerke des Herzogs von Ragusa zu Chatillon, die zu Ablainville an der Maas, zu Roine, zu Imphy (Nièvre), zu Audaincourt (Doubs), Debu- yère à la Chaudeau (Haut-Saône). In der Fabrik zu Charenton wurden bereits zahlreiche Dampfschiffe gebaut. Die Eisengieſserei hatte für ihre Gebläse eine Dampfmaschine von 20 Pferdekräften und lieferte wöchentlich 80000 kg Guſswaren; das Walzwerk 70000 kg Stabeisen und 10000 kg Blech.
Übrigens hatte auch die Industrieausstellung, die 1819 im Louvre zu Paris abgehalten wurde, bereits Zeugnis von der fortschreitenden Entwickelung der französischen Industrie abgelegt. Dies geht besonders aus dem interessanten Ausstellungsberichte von Héron de Ville- fosse1) hervor, in welchem ein Vergleich mit der Ausstellung vom Jahre 1806 gezogen wird.
Der Steinkohlenbetrieb hatte damals allerdings noch sehr geringe Ausdehnung erlangt. Creusot war das einzige Werk, welches Koks- roheisen ausstellen konnte. Das von Vienne ausgestellte Roheisen war mit ⅘ Holzkohlen und ⅕ Koks erblasen. Die oberste Bergbehörde in Frankreich vertrat damals bereits die Anschauung, daſs für Frank- reich Hochofenbetrieb mit Holzkohlen in Verbindung mit dem eng- lischen Flammofenfrischbetriebe mit Steinkohlen die vorteilhafteste Kombination sei, indem auf diese Weise Holz und Kohlen am besten ausgenutzt und eine bessere Qualität Eisen erzeugt werden würde. An mehreren Orten wurden aber bereits Versuche gemacht, die Erze im Hochofen mit Koks zu schmelzen. Ein wichtiger Versuch derart war
1) Siehe Annales des mines 1820, V, p. 17.
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Frankreich 1816 bis 1830.
das Werk in Gang kommt, das Kapital braucht nicht fruchtlos zu
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die Anlagekosten belaufen werden. Die Leistung der Maschinen wird
für einen gewissen Zeitraum garantiert; der Kraftaufwand wird genau
berechnet, die Produktion gewissenhaft abgeschätzt, selbst die Un-
kenntnis des Unternehmers ist kein Hindernis mehr, denn die Auf-
stellung, Inbetriebsetzung und Wartung der Maschinen übernehmen
nach Vereinbarung auf kürzere oder längere Zeit der englische Ma-
schinenbauer oder seine angestellten Arbeiter.“ Diese Erleichterungen
und die rasche Ausführung erklären den auſserordentlichen Einfluſs
der Fabrik von Charenton auf die Entschlieſsung der französischen
Industriellen, welche bereit waren, den Betrieb nach englischer Weise
einzuführen.
Unter Manby und Wilsons Leitung entstanden die Eisenwerke
des Herzogs von Ragusa zu Chatillon, die zu Ablainville an der
Maas, zu Roine, zu Imphy (Nièvre), zu Audaincourt (Doubs), Debu-
yère à la Chaudeau (Haut-Saône). In der Fabrik zu Charenton
wurden bereits zahlreiche Dampfschiffe gebaut. Die Eisengieſserei
hatte für ihre Gebläse eine Dampfmaschine von 20 Pferdekräften und
lieferte wöchentlich 80000 kg Guſswaren; das Walzwerk 70000 kg
Stabeisen und 10000 kg Blech.
Übrigens hatte auch die Industrieausstellung, die 1819 im Louvre
zu Paris abgehalten wurde, bereits Zeugnis von der fortschreitenden
Entwickelung der französischen Industrie abgelegt. Dies geht besonders
aus dem interessanten Ausstellungsberichte von Héron de Ville-
fosse 1) hervor, in welchem ein Vergleich mit der Ausstellung vom
Jahre 1806 gezogen wird.
Der Steinkohlenbetrieb hatte damals allerdings noch sehr geringe
Ausdehnung erlangt. Creusot war das einzige Werk, welches Koks-
roheisen ausstellen konnte. Das von Vienne ausgestellte Roheisen war
mit ⅘ Holzkohlen und ⅕ Koks erblasen. Die oberste Bergbehörde
in Frankreich vertrat damals bereits die Anschauung, daſs für Frank-
reich Hochofenbetrieb mit Holzkohlen in Verbindung mit dem eng-
lischen Flammofenfrischbetriebe mit Steinkohlen die vorteilhafteste
Kombination sei, indem auf diese Weise Holz und Kohlen am besten
ausgenutzt und eine bessere Qualität Eisen erzeugt werden würde. An
mehreren Orten wurden aber bereits Versuche gemacht, die Erze im
Hochofen mit Koks zu schmelzen. Ein wichtiger Versuch derart war
1) Siehe Annales des mines 1820, V, p. 17.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/345>, abgerufen am 23.11.2024.
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