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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Winderhitzung 1831 bis 1850.

Der Hochofen zu Brefven in Schweden hatte nur eine Form und
nur einen Rost; man verlängerte hier die Heizfläche künstlich dadurch,
dass man dem Rohrstrang mehrere Krümmungen gab. Alle diese
Apparate litten, abgesehen von der geringen Heizfläche, an dem Fehler,
dass ihre Verbindungsstellen im Feuer lagen und Verengungen und
Erweiterungen der Leitung nicht vermittelt waren. Das Undicht-
werden der Flanschen war der Hauptnachteil dieser Konstruktion.

Neilson konstruierte, um diese Fehler abzuhelfen, seinen Heiss-
windofen (hot-blast-stove) oder Zwillings-Röhrenapparat, welcher
das Vorbild der englischen Winderhitzungsapparate wurde 1). Der-
selbe bestand in der Hauptsache aus zwei in Mauerwerk eingeschlosse-
nen horizontalen, parallel liegenden Hauptröhren (mains), zwischen
denen sich der tiefer gelegene Rost befand. Beide waren mit einer
Anzahl angegossener Muffen versehen, welche oben aus dem Mauer-
werk herausragten und in welche die Enden der halbkreisförmig ge-
bogenen Verbindungs- oder Bogenröhren (arch pipes) passten. Das
Ganze war überdeckt durch ein Tonnengewölbe von Ziegelsteinen,
auf dessen Scheitel sich eine kurze Esse befand. Der Wind gelangte
kalt in das eine Hauptrohr, verteilte sich in die Verbindungsröhren,
in denen er bei seinem Durchgange von der Flamme erhitzt wurde
und trat am entgegengesetzten Ende aus dem zweiten Hauptrohre
heiss aus. Die Hauptröhren waren 12 Zoll, die Zwillingsröhren 4 Zoll
im Lichten. Man erreichte hierdurch bei noch nicht 2/3 der Heiz-
fläche und etwas über 1/2 der Rostfläche dieselbe Temperatur, wie
bei dem grossen Röhrenapparat der Clydewerke, hatte nur wenig
Windverlust an den Verbindungsstellen und eine regelmässigere Er-
hitzung.

Dieser Apparat wurde wesentlich verbessert durch den von Neil-
son
2) auf dem Calder Eisenwerk angelegten Heber- oder Hosen-
röhrenapparat
(syphon pipe oven). Bei diesem waren die Verbin-
dungsröhren ein grosses Stück gerade, im Winkel zu einander gestellt
und oben durch einen Krümmer verbunden, wie dies aus den Ab-
bildungen (Fig. 108 und 109) zu ersehen ist. Durch die langen
Schenkel (legs) der Verbindungsrohre war eine viel grössere Heizfläche
gegeben, und man brauchte die Rohre nicht so stark zu erhitzen,
um genügend heissen Wind zu erhalten. Zu gleicher Zeit wurden
solche Apparate von Firmstone auf Lays-Eisenhütte bei Dudley in

1) Siehe Wedding, Eisenhüttenkunde II, S. 99.
2) Fairbairn nennt Dixon als den "vermutlichen" Erfinder.
Winderhitzung 1831 bis 1850.

Der Hochofen zu Brefven in Schweden hatte nur eine Form und
nur einen Rost; man verlängerte hier die Heizfläche künstlich dadurch,
daſs man dem Rohrstrang mehrere Krümmungen gab. Alle diese
Apparate litten, abgesehen von der geringen Heizfläche, an dem Fehler,
daſs ihre Verbindungsstellen im Feuer lagen und Verengungen und
Erweiterungen der Leitung nicht vermittelt waren. Das Undicht-
werden der Flanschen war der Hauptnachteil dieser Konstruktion.

Neilson konstruierte, um diese Fehler abzuhelfen, seinen Heiſs-
windofen (hot-blast-stove) oder Zwillings-Röhrenapparat, welcher
das Vorbild der englischen Winderhitzungsapparate wurde 1). Der-
selbe bestand in der Hauptsache aus zwei in Mauerwerk eingeschlosse-
nen horizontalen, parallel liegenden Hauptröhren (mains), zwischen
denen sich der tiefer gelegene Rost befand. Beide waren mit einer
Anzahl angegossener Muffen versehen, welche oben aus dem Mauer-
werk herausragten und in welche die Enden der halbkreisförmig ge-
bogenen Verbindungs- oder Bogenröhren (arch pipes) paſsten. Das
Ganze war überdeckt durch ein Tonnengewölbe von Ziegelsteinen,
auf dessen Scheitel sich eine kurze Esse befand. Der Wind gelangte
kalt in das eine Hauptrohr, verteilte sich in die Verbindungsröhren,
in denen er bei seinem Durchgange von der Flamme erhitzt wurde
und trat am entgegengesetzten Ende aus dem zweiten Hauptrohre
heiſs aus. Die Hauptröhren waren 12 Zoll, die Zwillingsröhren 4 Zoll
im Lichten. Man erreichte hierdurch bei noch nicht ⅔ der Heiz-
fläche und etwas über ½ der Rostfläche dieselbe Temperatur, wie
bei dem groſsen Röhrenapparat der Clydewerke, hatte nur wenig
Windverlust an den Verbindungsstellen und eine regelmäſsigere Er-
hitzung.

Dieser Apparat wurde wesentlich verbessert durch den von Neil-
son
2) auf dem Calder Eisenwerk angelegten Heber- oder Hosen-
röhrenapparat
(syphon pipe oven). Bei diesem waren die Verbin-
dungsröhren ein groſses Stück gerade, im Winkel zu einander gestellt
und oben durch einen Krümmer verbunden, wie dies aus den Ab-
bildungen (Fig. 108 und 109) zu ersehen ist. Durch die langen
Schenkel (legs) der Verbindungsrohre war eine viel gröſsere Heizfläche
gegeben, und man brauchte die Rohre nicht so stark zu erhitzen,
um genügend heiſsen Wind zu erhalten. Zu gleicher Zeit wurden
solche Apparate von Firmstone auf Lays-Eisenhütte bei Dudley in

1) Siehe Wedding, Eisenhüttenkunde II, S. 99.
2) Fairbairn nennt Dixon als den „vermutlichen“ Erfinder.
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[410/0426] Winderhitzung 1831 bis 1850. Der Hochofen zu Brefven in Schweden hatte nur eine Form und nur einen Rost; man verlängerte hier die Heizfläche künstlich dadurch, daſs man dem Rohrstrang mehrere Krümmungen gab. Alle diese Apparate litten, abgesehen von der geringen Heizfläche, an dem Fehler, daſs ihre Verbindungsstellen im Feuer lagen und Verengungen und Erweiterungen der Leitung nicht vermittelt waren. Das Undicht- werden der Flanschen war der Hauptnachteil dieser Konstruktion. Neilson konstruierte, um diese Fehler abzuhelfen, seinen Heiſs- windofen (hot-blast-stove) oder Zwillings-Röhrenapparat, welcher das Vorbild der englischen Winderhitzungsapparate wurde 1). Der- selbe bestand in der Hauptsache aus zwei in Mauerwerk eingeschlosse- nen horizontalen, parallel liegenden Hauptröhren (mains), zwischen denen sich der tiefer gelegene Rost befand. Beide waren mit einer Anzahl angegossener Muffen versehen, welche oben aus dem Mauer- werk herausragten und in welche die Enden der halbkreisförmig ge- bogenen Verbindungs- oder Bogenröhren (arch pipes) paſsten. Das Ganze war überdeckt durch ein Tonnengewölbe von Ziegelsteinen, auf dessen Scheitel sich eine kurze Esse befand. Der Wind gelangte kalt in das eine Hauptrohr, verteilte sich in die Verbindungsröhren, in denen er bei seinem Durchgange von der Flamme erhitzt wurde und trat am entgegengesetzten Ende aus dem zweiten Hauptrohre heiſs aus. Die Hauptröhren waren 12 Zoll, die Zwillingsröhren 4 Zoll im Lichten. Man erreichte hierdurch bei noch nicht ⅔ der Heiz- fläche und etwas über ½ der Rostfläche dieselbe Temperatur, wie bei dem groſsen Röhrenapparat der Clydewerke, hatte nur wenig Windverlust an den Verbindungsstellen und eine regelmäſsigere Er- hitzung. Dieser Apparat wurde wesentlich verbessert durch den von Neil- son 2) auf dem Calder Eisenwerk angelegten Heber- oder Hosen- röhrenapparat (syphon pipe oven). Bei diesem waren die Verbin- dungsröhren ein groſses Stück gerade, im Winkel zu einander gestellt und oben durch einen Krümmer verbunden, wie dies aus den Ab- bildungen (Fig. 108 und 109) zu ersehen ist. Durch die langen Schenkel (legs) der Verbindungsrohre war eine viel gröſsere Heizfläche gegeben, und man brauchte die Rohre nicht so stark zu erhitzen, um genügend heiſsen Wind zu erhalten. Zu gleicher Zeit wurden solche Apparate von Firmstone auf Lays-Eisenhütte bei Dudley in 1) Siehe Wedding, Eisenhüttenkunde II, S. 99. 2) Fairbairn nennt Dixon als den „vermutlichen“ Erfinder.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/426>, abgerufen am 22.11.2024.